Unverhoffte Ovationen: Rabiye Kurnaz (Meltem Kaplan) und ihr Anwalt Bernhard Docke (Alexander Scheer) in Washington Foto: Luna Zscharnt

Neu im Kino: In „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ zeigt Andreas Dresen, wie eine Mutter ihren Sohn aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo befreit.

Rabiye Kurnaz, Bremerin mit türkischen Wurzeln, ist ein Original: Als Sonnenschein mit Mutterwitz umarmt sie die Welt und besonders ihre Familie. Auf die fällt ein Schatten, als ihr zunehmend dem Islam zugewandter Sohn Murat 2001 mit 19 Jahren nach Pakistan ausreist – wo er von amerikanischen Afghanistan-Kriegern als mutmaßlicher Islamist festgenommen und ohne Anklage fünf Jahre im Gefangenenlager Guantánamo interniert wird.

Den Hintergrund zu dieser realen Geschichte rückt nun der Regisseur Andreas Dresen („Gundermann“) ins öffentliche Bewusstsein: Rabiye Kurnaz ließ nicht locker, setzte alle juristischen Hebel in Bewegung, klagte mithilfe des Menschenrechtsanwalts Bernhard Docke in den USA und erwirkte 2005 die Freilassung ihres Sohnes.

Kaplan hat sich einen hinreißenden Akzent zugelegt

Dresen schafft es, das Drama in einem leichten, mitunter komödiantischen Ton zu erzählen. Großen Anteil daran hat die Comedienne Meltem Kaplan. Die spricht eigentlich das lupenreine Westfälisch ihrer Geburtsstadt Gütersloh, spielt in der Rolle aber ihre türkischen Wurzeln aus: Mit einem hinreißenden Akzent trägt ihre Rabiye das Herz auf der Zunge und gleicht ihren Mangel an Weltläufigkeit mit Charme aus. Das bringt ihr viel Sympathie, selbst bei einer internationalen Pressekonferenz in Washington.

Souverän meistert Kaplan die schwierige schauspielerische Gratwanderung. Dabei hilft ihr das emotional dichte und perfekt temperierte Drehbuch von Laila Stieler ebenso wie das dramaturgische Fingerspitzengefühl des Menschenfreundes Dresen, der mit der Autorin seit seinem Zweitling „Stilles Land“ (1992) zusammenarbeitet.

Als Belohnung zwei Silberne Bären

Kaplan und Stieler haben für „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ bei der diesjährigen Berlinale Silberne Bären bekommen für ihre Beiträge zu diesem Film, dem es erstaunlicherweise gelingt, auf sehr unterhaltsame Art an einen Menschenrechtsskandal zu erinnern.

„Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ D 2022. Regie: Andreas Dresen. Mit Meltem Kaplan, Alexander Scheer. 118 Minuten. Ab 6.