Die Schwertkämpfe in „Kingdom Come: Deliverance“ sind für den Spieler eine echte Herausforderung Foto: Koch Media

Sein Dorf wurde verwüstet, seine Eltern getötet – Rache scheint für Schmiedesohn Heinrich die einzige Lösung. Das mittelalterliche Böhmen im Rollenspiel „Kingdom Come: Deliverance“ ist ein hartes Pflaster.

Stuttgart - Ein Ehrenmann zu sein, ist wahrlich nicht leicht in Böhmen im Jahr 1403. Wein, Weib und wilde Horden fordern Schmiedesohn Heinrich jeden Tag aufs Neue heraus, sich für Gut oder Böse zu entscheiden. Sein Heimatdorf Skalitz wurde verwüstet und niedergebrannt, Freunde und Eltern vor seinen Augen von einer Armee niedergemetzelt. Er sinnt auf Rache und will auch das Schwert zurück, dass er zusammen mit seinem Vater schmiedete, und von einem Soldaten gestohlen wurde.

Publisher Deep Silver und der tschechische Entwickler Warhorse Studios haben mit „Kingdom Come: Deliverance“ ein aufwendiges und anspruchsvolles Rollenspiel auf den Markt gebracht, dessen Idee bei der Videospielindustrie zunächst keinen Anklang fand. Erst durch eine Kickstarter-Kampagne mit Spenden in Millionenhöhe bekam das Projekt eine Chance. Seit Mitte Februar ist das Spiel auf dem Markt und hat sich binnen weniger Tage oben in den Verkaufscharts platziert. Dabei hätte „Kingdom Come: Deliverance“ eine spätere Veröffentlichung durchaus gut getan.

Harmonische und realistische Welt

An Realismus mangelt es dem Titel wahrlich nicht. Protagonist Heinrich muss regelmäßig Essen und Schlafen, um zu überleben, sowie sich waschen und ordentlich kleiden, damit ihn die Leute freundlich begegnen. Zudem hängt sein Ruf davon ab, ob er gesetzestreu ist, oder als Räuber und Dieb durch das Land streicht.

Hier gibt es den Trailer zu „Kingdom Come: Deliverance“.

Dem Schmiedesohn fällt das Kämpfen anfangs schwer. Gegen Ritter ist er anfangs chancenlos und selbst nach vielen Stunden Spielzeit sind Duelle mit der Klinge kein Selbstläufer. Das Kampfsystem ist innovativ und gut gelungen, bleibt aber immer herausfordernd. Doch Heinrich muss nicht als mutiger Kämpfer in die Geschichte eingehen. Er kann seine Probleme auch clever lösen und zum Beispiel nachts, im Dunkeln, heimlich und unerkannt Gegner ausschalten oder Dinge entwenden. Wer Heinrich zu einem geschickten Redner ausbildet, kann durch Dialoge unblutig voran kommen. Raum für kreative Lösungen gibt es bei fast jeder Aufgabe – das hält Spannung und Spaß hoch.

Viele audiovisuelle Fehler

Technisch ist das Spiel nicht ausgereift. Selbst nach dem ersten großen Update, das am Veröffentlichungstag herauskam, zerstören noch viele falsch oder nicht geladene Objekte den Eindruck der wunderschönen Landschaft und Atmosphäre. So fallen Kühe plötzlich vom Himmel und Häuser und Festungen bleiben lange unsichtbar. Die deutsche Vertonung ist nicht lippensynchron und schwankt auch stark in der Lautstärke. Lange Ladezeiten vor dem Spielbeginn und Dialogen fordern zudem Geduld vom Spieler. Die vielen kleinen Fehler im Spiel sind offenbar dem Zeitdruck geschuldet. Die Entwickler äußerten bereits, dass sie sich eine spätere Veröffentlichung gewünscht hätten.

„Kingdom Come: Deliverance“ hat die hohen Erwartungen nur zum Teil erfüllen können. Viele kleine technische Fehler trüben das sonst stimmige Gesamtbild des Spiels, das dem Spieler viele kreative Freiheiten und eine wunderschöne, offene Spielwelt gibt. Sollten die angekündigten Updates weitere Fehler beheben, stehen mehreren Dutzend Spielstunden in Böhmen nichts entgegen. „Kingdom Come: Deliverance“ ist ab 16 Jahren freigegeben und für PC, Playstation 4 und Xbox One ab 50 Euro erhältlich.

Wertung:

Grafik: 4 von 5

Spielspaß: 4 von 5

Spiel-Atmosphäre: 4 von 5