Trauerbezeugungen in Köngen – jetzt ist die Mutter der Mädchen wegen Mords verurteilt worden Foto: dpa

Heimtückischer zweifacher Mord, begangen im Zustand voll umfänglicher Schuldfähigkeit, lebenslange Freiheitsstrafe – so lautet das Urteil des Landgerichts gegen die Frau, die Anfang November 2014 ihre sieben- und zehnjährigen Töchter in Köngen im Kreis Esslingen getötet hat.

Stuttgart/Köngen - Heimtückischer zweifacher Mord, begangen im Zustand voll umfänglicher Schuldfähigkeit, lebenslange Freiheitsstrafe – so lautet das Urteil der 9. Schwurgerichtskammer des Landgerichts gegen die Frau, die Anfang November 2014 ihre sieben- und zehnjährigen Töchter in Köngen im Kreis Esslingen getötet hat. Die 41-Jährige nimmt das Urteil am Montagnachmittag äußerlich ohne Regung auf.

„Er nimmt mir die Kinder weg.“ Diese feste Überzeugung soll die Mutter der zwei Mädchen zu der Bluttat getrieben haben. Sicher, die Angeklagte sei tief verzweifelt gewesen und habe in Angst gelebt, so Vorsitzender Richter Wolfgang Hahn, aber: „Durch die Tötung der Kinder wollte sie auch ihren Mann als Verursacher anklagen und bestrafen.“ Die „liebevolle und fürsorgliche Mutter“ habe ihre Kinder behalten wollen. „Koste es, was es wolle“, so der Richter weiter. Damit habe die Frau aus einem egoistischen Tatmotiv heraus gehandelt. Zwar leide sie an einer schizoid-paranoiden Persönlichkeitsstörung. Diese sei aber nicht ausschlaggebend für ihr Tun gewesen. Die Angeklagte sei voll schuldfähig. Die Frau, die während des Prozesses schwieg, hatte zuvor bei der Haftrichterin und beim psychiatrischen Gutachter gestanden, ihre Töchter erstochen zu haben – aus Angst und Verzweiflung. „Aber auch aus Wut“, so Richter Hahn.

Das Paar hatte 2004 geheiratet und lebte in Köngen in finanziell gesicherten Verhältnissen. Nach der Geburt der ersten Tochter gab die Frau ihren Job als Verkäuferin auf und lebte fortan nur noch für die Familie. Die Geburt der zweiten Tochter verstärkte die Fokussierung der Frau auf die Familie noch. Sie war rund um die Uhr für ihre Töchter da – anders als ihre Eltern, die einst der Arbeit wegen von Serbien nach Deutschland gegangen waren und sie zurückgelassen hatten. Das sollte ihren Kindern nicht passieren. Allein, das Paar hatte so gut wie keine Gemeinsamkeiten. Die Frau lebte in selbst gewählter sozialer Isolation. In der Ehe herrschte zusehends Sprachlosigkeit.

Bereits 2010 hatte die Angeklagte, die im Alter von 13 Jahren nach Deutschland gekommen war, eine Trennung erwogen. „Du kannst gehen, die Kinder bleiben hier“, so ihr Mann. Sie blieb. 2013 forderte der Mann Veränderungen ein. So, wie die Ehe laufe, könne er nicht weitermachen. Bei der 41-Jährigen kamen Trennungsängste auf. „Wenn er sich scheiden lässt, gehen die Mädchen zu ihm“, war sie sich sicher. Er sei der Verwöhn-Papa, sie die Mutter, die Grenzen setze. Als der Mann allein eine Woche zu seiner Schwester fuhr, wurde die Angst, die Kinder zu verlieren, immer größer. Einige Tage vor der Tat ließ sich die Frau Schlaftabletten verschreiben. „Spätestens da hat sie den Entschluss gefasst“, so der Richter.

Am 1. November verabreichte sie den Mädchen Schlafmittel. Am nächsten Vormittag tötete sie ihre Kinder – das ältere mit 40, das jüngere mit elf Stichen. Danach legte sie die Mädchen auf ein Sofa und sich dazwischen – zum Sterben. „Der Mann sollte sie so finden“, sagt der Richter. Der Schnitt in ihre Armbeuge war jedoch nicht tief genug, die Frau überlebte und rief die Rettungskräfte. Währenddessen war der Vater der Mädchen angekommen. Polizisten hielten ihn davon ab, zu seinen toten Kindern zu stürmen. Jetzt ist der 51-Jährige in einer Reha-Anstalt.