Kerzen und Blumen am Tatort in Köngen - zum Gedenken an die beiden getöteten Mädchen Foto: dpa

Es gibt eine Tatwaffe, es gibt ein Geständnis – nur eine Erklärung dafür, dass eine 41-jährige Mutter ihre beiden Kinder tötet, gibt es bei dem Familiendrama in Köngen nicht. Vorerst ist nur von „privaten Problemen“ die Rede.

Köngen - Für die Ermittler der Mordkommission sind die Obduktionsergebnisse keine Überraschung. Die äußerlich erkennbaren Verletzungen der beiden sieben und zehn Jahre alten Mädchen hatten bereits bei ihrem Auffinden am Sonntagnachmittag deutlich gemacht, dass sie erstochen worden waren. Auch ein mutmaßliches Tatmesser wurde gefunden. Dringend tatverdächtig ist die 41-jährige Mutter, die nach der Bluttat in der Küferstraße in Köngen (Kreis Esslingen) selbst die Rettungskräfte verständigt hatte. Sie hatte sich in angeblich suizidaler Absicht eine Schnittverletzung am Arm zugefügt, die aber nicht lebensbedrohlich war. Die Frau sitzt in Untersuchungshaft.

„Private Probleme“ gab die 41-Jährige beim Haftrichter als Tatmotiv an. In ihrem Umfeld ist von Beziehungsproblemen mit dem 51-jährigen Ehemann und möglichen Trennungsabsichten die Rede. Das allein aber dürfte kaum ausreichen, dass eine Mutter ihre Kinder tötet. Auch psychische Probleme muss es seit geraumer Zeit gegeben haben – doch die sind nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nicht so schwer wiegend, dass sich die Frage der Schuldunfähigkeit stellt.

Ob es für das Familiendrama in Köngen überhaupt eine Erklärung geben wird, ist nicht unbedingt zu erwarten. Bei ähnlichen Fällen in der Region Stuttgart hatte es mitunter nicht einmal einen objektiven Anlass für die Bluttat gegeben – worüber selbst Richter und forensische Experten rätselten.

Weitere Fälle von Kindsmord in der Region

Der Kindsmord in Aspach (Rems-Murr-Kreis), wo eine 24-Jährige am 12. Februar dieses Jahres ihr vier Monate altes Baby erstickt haben soll, ist juristisch beleuchtet – aber noch nicht abgeschlossen. Der Anwalt der Beschuldigten will Revision gegen das Urteil des Stuttgarter Landgerichts einlegen. Die Kammer hatte die junge Frau Anfang Oktober wegen Totschlags zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Der Kleine sei für die Angeklagte ein Störfaktor in der Beziehung zu ihrem Freund gewesen, befand der Richter. Sie habe übernächtigt, genervt und wütend das Baby erstickt, als es am Morgen in seinem Bettchen zu schreien begann. Die Frau hat die Vorwürfe aber stets bestritten – und ihren Freund als Täter bezichtigt.

Eine hysterische Neurose wurde einer 42-jährigen Mutter von einem psychiatrischen Gutachter bescheinigt, als sie am 9. Mai 2009 in Schorndorf-Miedelsbach ihre vier und fünf Jahre alten Kinder in der Badewanne ertränkte. Zur Tatzeit lebte sie getrennt von ihrem in Norddeutschland lebenden Mann, es hatte zuvor einen Streit um Umgangs- und Sorgerecht gegeben. Ein Sachverständiger entdeckte bei der Frau überzogene Reaktionen in Stresssituationen, übermäßiges Streben nach Aufmerksamkeit und Neigung zur Theatralik. Für sie sei die Vorstellung unerträglich gewesen, von den Kindern getrennt zu werden. Die Frau habe ihre Kinder als persönlichen Besitz betrachtet, so der Richter. Sie wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

„Zwischen Mitleid und Unverständnis“ schwankte das Gericht, das den Fall einer 33-jährigen Mutter behandeln musste. Sie hatte am 22. Februar 2007 in Esslingen ihre acht und zwölf Jahre alten Söhne getötet – einen erdrosselt, den anderen erstochen. Einen Suizidversuch überlebte sie. Für das Gericht galt sie als weiche, introvertierte Frau, die sich ihrem Mann bis zur Selbstverleugnung untergeordnet habe und es sogar hinnahm, dass dieser auszog und mit seiner neuen Freundin und einem gemeinsamen Kind im selben Haus eine Etage tiefer wohnte. Die 33-Jährige habe sich in eine immer tiefere Isolation begeben, nur noch für ihre Kinder gelebt und unter schlechten finanziellen Verhältnissen gelitten. Als sie dann für eine Autoreparatur ihres Ex-Mannes Geld aufbringen musste, das sie nicht hatte, habe sie in ihrer suizidalen Einengung keinen Ausweg gesehen – sich umbringen und die Kinder nicht zurück lassen wollen.

Die Esslingerin wurde damals wegen zweifachen Totschlags zu elf Jahren Haft verurteilt. Dem Stuttgarter Richter, der ihr eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit zubilligte, ging der Fall noch Jahre später nach. „Ich denke“, bilanzierte er einmal, „dass viele Taten durch Kleinigkeiten hätten verhindert werden können.“