Ins Erdgeschoss des Orchideen-Hochhauses wird die Krippe einziehen. Foto: Natalie Kanter

Zehn Familien aus Leinfelden haben die Chance auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder in einer privaten Einrichtung, dennoch bezahlen sie nur die städtische Kitagebühr. Nun geht es darum, wer in diesen Genuss kommt.

Leinfelden-Echterdingen - Noch sind die Räume leer, doch schon im Oktober werden bis zu 40 Kleinkinder durch das Erdgeschoss des Leinfelder Orchideen-Hochhauses toben. Der private Kitaträger „pädagogische Kinderförderungsgesellschaft mbH“ wird an der Ecke Bahnhofstraße/Neuer Markt eine Krippe öffnen. Eltern können dort ihr Kind von 7.30 bis 17.30 Uhr betreuen lassen.

Es werden auch Mädchen und Jungen aufgenommen, die erst wenige Monate alt sind. Die Kinder singen und spielen in der Einrichtung auf Deutsch und auf Englisch. Das Unternehmen betreibt bereits drei solcher Early-Bird-Clubs in Stuttgart. Während dort teils auch über Dreijährige betreut werden, bleibt die Einrichtung in Leinfelden Babys sowie ein- und zweijährigen Kindern vorbehalten.

Stadtweit fehlen 24 Kleinkindplätze

Bis zu 590 Euro zahlen Eltern für einen Fünf-Tages-Platz in dieser Einrichtung, die dem Vernehmen nach keinen eigenen Garten hat. Hinzu kommen Essenskosten in Höhe von 80 Euro und ein Windelgeld von 20 Euro pro Monat.

Seit Dienstagabend steht fest, dass nicht nur Kinder aus betuchtem Haus dort unterkommen werden. Der Sozialausschuss des Gemeinderates hat einer Kooperation der Stadt Leinfelden-Echterdingen mit Early Bird zugestimmt. Die Kommune sichert sich zehn Plätze in der neuen Krippe und lindert damit ihre eigene Not.

Der Hintergrund dazu: Stadtweit fehlen 24 Kleinkindplätze, zehn sollen bei Early Bird, fünf bei Tageseltern geschaffen werden. Die Stadtverwaltung wird die Plätze drei Jahre lang anmieten. Sie will die Zeit überbrücken, bis die Kita im Neubaugebiet Schelmenäcker gebaut ist.

Für zehn Familien aus Leinfelden bedeutet dies: Ihre Kinder werden in den Genuss eines Konzeptes kommen, das sich am Leitbild Maria Montessoris orientiert, dennoch bezahlen sie nur die städtische Kitagebühr von durchschnittlich 150 Euro pro Kind und Monat plus Essens- und Windelgeld. Den Rest übernimmt die Stadt. Kostenpunkt: rund 60 000 Euro pro Jahr. Noch offen ist, wie diese Plätze vergeben und welche Familien dafür ausgewählt werden.

Die Stadt verteidigt das Vorgehen

Bürgermeister Carl-Gustav Kalbfell freut sich erst einmal, dass man dem Ziel, allen Eltern einen Betreuungsplatz anzubieten, am Dienstagabend einen Schritt nähergekommen ist. SPD-Stadtrat Jens Zellmer sprach von einer „verfehlten Kindergartenplanung“, ohne die man die „teure Variante“ jetzt nicht zu wählen brauche. Die Sozialdemokraten stimmten deshalb auch nur „zähneknirschend“ zu. Kalbfell verwies derweil auf die Kosten, welche die Stadt für den Betrieb einer Kleinkindgruppe ausgeben müsste. Diese liegen bei bis zu 145 000 Euro pro Jahr. Hinzu kämen Investitionskosten in derselben Höhe. Vor diesem Hintergrund seien 60 000 Euro sehr günstig. Zellmer sagt dazu gegenüber unserer Zeitung: „Das ist eine politisch motivierte Milchmädchenrechnung.“

Eva Barth-Rapp (Grüne) bat in der Sitzung darum, eine Fremdbetreuung von Kindern unter einem Jahr nicht zu forcieren. Dazu sagte Kalbfell: „Der Rechtsanspruch gilt ab einem Jahr.“ Dies treffe auch auf die städtischen Belegplätze bei Early Bird zu. Die Christdemokraten sprachen derweil von einer sehr guten Lösung, weil Eltern geholfen werde. Auch Eberhard Wächter (Freie Wähler) hieß das Konzept für gut. Judith Skudelny (FDP) sagte: „Diese Entscheidung bietet unserer Stadt Gestaltungsspielraum.“