Missbrauch und Misshandlung im Kinderheim – nun beginnen die Aufarbeitungsgespräche Foto: dpa-Zentralbild

Nach der dritten Sitzung der Projektgruppe steht fest, dass auch ehemalige Mitarbeiter und ehemals Verantwortliche helfen sollen, Licht ins Dunkel der Geschichte des Kinderheims Korntal zu bringen. Ehemalige Heimkinder erheben Missbrauchs- und Misshandlungsvorwürfe gegen Ex-Mitarbeiter und ehemalige Leiter.

Stuttgart - Bei der Aufarbeitung von Unrecht in der Geschichte der Heimerziehung der Brüdergemeinde Korntal wirken künftig ehemalige Mitarbeiter mit. Nach der dritten Sitzung der Steuerungsgruppe, die das Projekt voranbringen will, haben sich die Verantwortlichen der Brüdergemeinde und die Betroffenen darauf geeinigt, dass es Begegnungen mit ehemaligen Mitarbeitern sowie ehemaligen Verantwortlichen in den Korntaler Kinderheimen geben soll.

Das erste Gespräch ist für Ende diesen Monats geplant. Die Sprecherin der Steuerungsgruppe, Prof. Mechthild Wolff, moderiert den Dialog mit dem Ziel, die Mitarbeiter in den Prozess zu integrieren. „Langfristig wollen wir sie zu Formen der Entschuldigung gegenüber Betroffenen einladen“, teilte Mechthild Wolff am Donnerstag mit.

Gedanken zu einem aktiven und offenen Dialog

Vereinbart wurde auch, dass über alle Aufarbeitungsaktionen, die innerhalb der Brüdergemeinde geplant sind, zukünftig in der Steuerungsgruppe beraten und abgestimmt wird. „Es ist gut, dass sich die Brüdergemeinde Gedanken für einen aktiven und offenen Dialog zu diesem Thema macht. Es wäre kontraproduktiv, wenn die Aufarbeitung nach innen im Alleingang der Brüdergemeinde laufen würde“, so Professorin Mechthild Wolff. Aus diesem Beschloss folgt, dass Veranstaltungen, die von der Brüdergemeinde bereits ins Auge gefasst wurden, künftig nur in Absprache mit der Steuerungsgruppe laufen. Darüber hinaus arbeiten die Beteiligten daran, von Herbst an eine unabhängige Hotline einzurichten.

Dort können Betroffene ihre Erfahrungen aus Korntaler Heimen schildern und Hilfebedarf anmelden. Der Vorsteher der Evangelischen Brüdergemeinde Korntal, Klaus Andersen, will eine bestehende Stiftung für Hilfeleistungen an Heimopfer nutzen. „Wir sind froh, dass wir in dieser Frage einen Schritt weiter sind.“ Die Interessengemeinschaft der Heimopfer fordert zudem finanzielle Unterstützung für ihre Selbsthilfearbeit. „Es kann nicht sein, dass Juristen, Wirtschaftsprüfer und Berater ein Geschäft mit unserem Leid machen“, so Detlev Zander, „wir unterstützen, vernetzen und motivieren Betroffene und machen Lobbyarbeit für die Gruppe der Betroffenen und gehen leer aus.“

Wie mehrfach berichtet, haben ehemaligen Heimkinder schwere Vorwürfe wegen Missbrauchs und Misshandlung gegen einige ehemalige Beschäftigte und die ehemaligen Verantwortlichen des Korntaler Kinderheims erhoben. Auf das Betreiben der Opfer hin wurde mit der Aufarbeitung unter der Moderation von Mechthild Wolff begonnen.