Kindererziehung ist nicht immer einfach – aber es gibt Hilfe Foto: grafikplusfoto/Fotolia

Erziehungsratgeber und Elternkurse gibt es wie Sand am Meer. Wir stellen drei Konzepte vor, die wirklich helfen.

Triple P, STEP, Familienkonferenz, Familylab – Elternkurse gibt es viele. Wir stellen drei bewährte Konzepte vor: - Triple P

Was das ist: „Positive Parenting Program“ (Positive Erziehung) ist ein Elternkursprogramm, das von Matt Sanders an der Universität von Queensland in den USA entwickelt wurde. Seit 30 Jahren wird es wissenschaftlich begleitet und evaluiert und ist deshalb eines der wenigen Elternprogramme, deren Erfolg wissenschaftlich belegt ist. Es wird derzeit in 25 Ländern angeboten.

Theorie: Das Programm setzt auf einen autoritativen Stil. Triple P geht davon aus, dass Eltern einen enormen Einfluss auf die Entwicklung der Kinder haben und dass Eltern einen effektiven Umgang mit Kindern lernen können. Ideale Eltern sind danach Mütter und Väter, die viel Liebe schenken und die persönliche Entwicklung ihrer Kinder fördern, aber auch ganz klare Grenzen setzen. In einer amerikanischen Studie wurde die Wirksamkeit von Triple P bei alleinerziehenden Müttern getestet. Das Ergebnis: Nach zwei Jahren Training waren deren Söhne weniger aggressiv, straffällig und depressiv und besser in der Schule als die der Vergleichsgruppe.

Methoden: Triple P gibt es in Einzel- und Gruppentrainings. Grundlage ist ein verhaltenstherapeutischer Ansatz nach Gerald Patterson: Statt unerwünschtes Kinderverhalten mit Strafen und Demütigungen auszutreiben, fördern Eltern erwünschtes Kinderverhalten durch Belohnung und Aufmerksamkeit. Folgende Handlungsempfehlungen gibt Triple P: Statt Wünsche als Fragen zu formulieren („Könntest du bitte die Schuhe anziehen?“), machen Eltern klare Ansagen („Zieh dir bitte die Schuhe an“). Mütter und Väter sollten unerwünschtes Verhalten nicht durch zu viel Schimpfen und Drohen verstärken, sondern es , wenn möglich, weitgehend ignorieren. Bei wiederkehrenden Konflikten sollen Eltern folgendermaßen vorgehen: Sie sprechen das Verhalten an und stellen Regeln auf. Hält das Kind die Regeln ein, wird es gelobt. Hält es sie nicht ein, erinnern die Eltern ruhig, aber bestimmt daran. Nützt das nichts, folgt eine logische Konsequenz: Zieht das Kind den Fahrradhelm nicht auf, darf es zehn Minuten lang nicht mehr Fahrrad fahren. Nützt auch das nichts, muss das Kind auf den sogenannten Stillen Stuhl. Das heißt, das Kind sitzt eine bis fünf Minuten in der Nähe der Eltern – ohne dass diese es beachten. Die Steigerung des Stillen Stuhls ist eine Auszeit allein in einem anderen Raum. Der Stille Stuhl und die Auszeit werden von Triple-P-Gegnern als überkommene autoritäre Methoden kritisiert.

Beispielsituation: Max will seine Hose morgens nicht anziehen. Der Vater fordert ihn ruhig dazu auf, sie anzuziehen. Nützt das nichts, zieht er eine logische Konsequenz und bringt Max im Schlafanzug in den Kindergarten/die Schule. Auf dem Weg überlegt es sich Max noch einmal.

Typischer Elternsatz: „Zwei Minuten auf den Stillen Stuhl.“

Info und Lektüre: Wissenswertes finden Eltern und Fachleute auf der Seite www.triplep.de. Auf www.triplep-eltern.de findet man Kurse vor Ort. In Stuttgart bietet unter anderem das Haus der Familie Triple P an: www.hdf-stuttgart.de. Buch: Positive Erziehung für Eltern von Kindern bis 12 Jahre, Triple P, 6,90 Euro.

Starke Eltern – Starke Kinder

Starke Eltern – Starke Kinder

Was das ist: „Starke Eltern – Starke Kinder“ nennen sich die Kurse des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB). Das Programm wurde 1985 von Paula Honkanen-Schoberth, der heutigen Geschäftsführerin des DKSB, in Aachen erarbeitet. Seither haben 160 000 Eltern einen solchen Elternkurs besucht. Theorie: „Starke Eltern – Starke Kinder“ verfolgt einen demokratischen Ansatz. Kinder sollten ihrem Alter entsprechend an allen Entscheidungen beteiligt werden, die sie direkt betreffen. Eine zentrale Botschaft ist außerdem die Gewaltfreiheit gegenüber Kindern, die seit 2000 auch im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschrieben ist: „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

Methoden: Der Kurs umfasst acht bis zwölf Sitzungen von jeweils zwei Stunden zu verschiedenen Themen wie etwa „Achte auf die positiven Seiten deines Kindes“. Es gibt theoretische und praktische Übungen. „Der Kursleiter ist nicht der allwissende Experte, sondern eher ein Moderator“, sagt Paula Honkanen-Schoberth. Die Eltern lernen voneinander, bringen ihre Erziehungsziele, Bedürfnisse und Werte mit ein. „,Frag das Kind‘ ist ein zentraler Satz in unseren Kursen“, sagt Honkanen-Schoberth. Eltern lernen, ihr Kind in schwierigen Situationen nach den Gründen zu fragen und daraus Lösungen abzuleiten. „Das ist natürlich altersabhängig und darf Kinder nicht überfordern“, sagt die DKSB-Geschäftsführerin. Ist das Kind alt genug, könne es hilfreich sein, ihm zwei Alternativen anzubieten, aus denen es wählen kann. Ganz wichtig: „Eltern sind Vorbilder, im Guten wie im Schlechten, und sie dürfen sich auch mal zugestehen, Fehler zu machen“, sagt die Expertin. „Starke Eltern – Starke Kinder“ wird für verschiedene Altersstufen, auch auf Russisch und Türkisch angeboten. Außerdem gibt es Kurse für Eltern, die sich mit dem Lesen der deutschen Sprache schwertun. Typischer Elternsatz: „Was machen wir jetzt?“ Beispielsituation: Max will morgens seine Hose nicht anziehen. Die Mutter fragt nach, warum. Max erzählt vielleicht, dass er wegen dieser Hose in der Schule veräppelt wird, und muss sie nicht mehr anziehen. Gibt es aber keinen Grund für seine Weigerung, sollte die Mutter darauf bestehen, dass Max die Hose anzieht. Am Abend sprechen die Mutter und Max noch einmal in Ruhe darüber, was am Morgen passiert ist und wie sich eine solche Situation möglichst in Zukunft vermeiden lässt. Info und Lektüre : Wissenswertes gibt es auf www.starkeeltern-starkekinder.de. Kurse werden in vielen Schulen, Familienbildungsstätten und Kindertageseinrichtungen angeboten. Buch: Starke Kinder brauchen starke Eltern: Der Elternkurs des Deutschen Kinderschutzbundes, Urania-Verlag, 3,35 Euro.

Familylab nach Jesper Juul

Was das ist: Der Unternehmer und Coach Mathias Voelchert hat 2006 Familylab – Die Familienwerkstatt gegründet, um das Erziehungskonzept des populären dänischen Pädagogen Jesper Juul zu verbreiten. Juul fordert „Beziehung statt Erziehung“. Familylab verfolgt einen autoritativen Ansatz. Theorie: Kinder sind von Geburt an sozial und emotional ebenso kompetent wie Erwachsene, so die Annahme von Jesper Juul. Sie sind in Juuls Worten „gleichwürdig“, was aber nicht heißt, dass Eltern und Kinder gleich sind. Väter und Mütter müssen eine klare Führungsrolle übernehmen und Entscheidungen zum Wohl aller treffen. „Kinder können vieles selbst, aber oft noch nicht allein. Bis zum Alter von etwa 20 Jahren brauchen sie beim einen oder anderen Thema Unterstützung“, erklärt Mathias Voelchert. Erziehung heiße, Verantwortung nach und nach zu übertragen.

Methoden: „Wir lehren keine Methoden, sondern übergeordnete Werte für die Erziehung: Verantwortung, Authentizität, Integrität, Gleichwürdigkeit“, sagt Mathias Voelchert. Wichtig sei zu vermitteln, dass Eltern ihre Führungsrolle übernehmen und transparente Entscheidungen treffen müssen. „Eltern hören zu, was ihre Kinder sagen, und treffen auf dieser Grundlage eine Entscheidung, die allen guttut“, erklärt Voelchert. Das könne sowohl bedeuten, gegen den Wunsch des Kindes zu handeln, als auch, seinem Wunsch zu folgen. „Manchmal muss man als Eltern auch zugeben, Fehler gemacht zu haben, und sich entschuldigen.“

Im Grunde gehe es bei Familylab darum, eine bessere Beziehung innerhalb der Familie zu schaffen, auf deren Grundlage Eltern und Kinder die Regeln des Zusammenlebens gemeinsam entwickeln können. Beispielsituation: Max will morgens seine Hose nicht anziehen. Ist das Kind noch im Kindergartenalter, rät Voelchert dazu, die Hose einzupacken – um sie vielleicht später im Auto oder Kindergarten anzuziehen. „Ein Grundschulkind allerdings sollte, wenn es das will, selbst entscheiden können, was es anzieht“, sagt Voelchert. Info und Lektüre : Auf www.familylab.de gibt es Angebote vor Ort. Vom 22. bis 24. April findet in Stuttgart der Workshop „Kontakt durch Dialog“ statt. Buch: Jesper Juul: Die kompetente Familie: Neue Wege in der Erziehung. Beltz, 9,95 Euro.