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Privater Betreiber von Kindertagesstätten geht gegen Namensnutzung in Thüringen vor.

Stuttgart/Esslingen - Kleine Riesen ist eine nette und gleichzeitig treffende Bezeichnung für die Gruppe einer Kindertagesstätte. So dachten die Verantwortlichen des Horts im ostthüringischen Örtchen Wildetaube, als sie einer ihrer Gruppen diesen Namen gaben. Was Erzieher zu diesem Zeitpunkt nicht wussten: Das Stuttgarter Ehepaar Jelena und Peter Wahler hat sich bereits 2008 die Bezeichnung Kleine Riesen und gleich dazu die englische Übersetzung (Little Giants) markenrechtlich schützen lassen. Mittlerweile betreiben die Wahlers eine ganze Reihe von bilingualen Kindertagesstätten mit diesem geschützten Namen. Damit nur sie auch weiterhin mit den Kleinen Riesen auf dem Markt der Kinderbetreuung sind, geht ihr Anwalt, der Stuttgarter Christoph Ulmschneider, mit einer Abmahnung gegen den Hort in Ostdeutschland vor.

Anwalt versteht die Aufregung nicht

In dem 751-Seelen-Ort in Thüringen und seinem Umfeld hat der Anwalt für seinen juristischen Vorstoß nicht gerade Sympathien geerntet. Ein Vater von drei Kindern drohte Ulmschneider an, „so lange keine Ruhe zu geben, bis diese unsinnige und unverschämte Klageandrohung formell zurückgenommen wird“. Andere äußerten sich radikaler und verglichen den Stuttgarter Anwalt kurzerhand mit dem Nazi-Schergen und Reichsführer SS, Heinrich Himmler. Dieser habe sich bei der Anordnung seiner Verbrechen auch immer nur hinter den Befehlen Hitlers versteckt. Thüringer Landespolitiker wie der FDP-Abgeordnete Dirk Bergner verglichen den Vorstoß aus Stuttgart mit den Methoden der Abmahnindustrie. „Dies auf dem Rücken von Kindern zu machen, halte ich für absolut unanständig“, sagte der FDP-Politiker gegenüber Journalisten.

Ulmschneider versteht die Aufregung natürlich nicht. Seine Unterlassungserklärung habe mit den zu Recht kritisierten Abmahnmethoden einiger seiner Kollegen überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil. Er und seine Mandanten hätten ein Verfahren gewählt, um sich außergerichtlich schnell und kostengünstig einigen zu können.

Keine Zweifel gibt es für den Anwalt, dass sich seine Mandanten zu Recht gegen die Nutzung ihres Markennamens wehren. Die Familie habe die Bezeichnung Kleine Riesen im Jahr 2008, verbunden mit hohen Kosten, als Marke für Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Kindergärten und Kindertagesstätten schützen lassen. Weil dahinter ein besonders anspruchsvolles pädagogisches Konzept stecke, hätten seine Mandaten ein erhebliches Interesse daran, dass das Zeichen Kleine Riesen nicht mit anderen Anbietern von Kinderbetreuung in Verbindung gebracht wird. Würden die Wahlers nicht gegen eine missbräuchliche Verwendung des Zeichens vorgehen, hätte dies zur Folge, dass die Marke verwässer t und der Markenschutz geschwächt werde.

„Das Internet vergisst nichts.“

Die Bürger aus Wildetaube, allen voran ihr Bürgermeister Jochen Matthes, waren zunächst fest entschlossen, den Namen ihrer Kita-Gruppe nicht zu ändern. Mittlerweile sind die Verantwortlichen jedoch davon abgerückt, gegen die Unterlassungserklärung und die damit verbundene Vertragsstrafe in Höhe von 5001 Euro juristisch vorzugehen. „Wir hängen nicht an diesem Namen“, sagt jetzt der Bürgermeister.

Im Gegenzug verlangt Matthes, dass seinem Kindergarten, der sich Wilde Taube nennt, keine finanziellen oder juristischen Konsequenzen drohen, wenn der fälschlich verwendete Gruppennamen in irgend-welchen Zusammenhänge doch wieder auftauchen sollte. Denn auch in Ostthüringen ist bekannt: „Das Internet vergisst nichts.“ Ulmschneider will dieses Angebot jetzt prüfen. Seine Mandanten befinden sich im Urlaub und waren am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Aus Unterlagen im Internet geht hervor, dass Jelena und Peter Wahler ihre erste Tagesstätte in Stuttgart 2006 gegründet haben, weil sie kein entsprechendes Betreuungsangebot für ihre Kinder fanden. Mittlerweile gibt es ihre Kindertagesstätten Kleine Riesen unter anderem noch in München, Frankfurt , Düsseldorf, Hannover und Esslingen. Weitere Betreuungsangebote sollen folgen. Eine Besonderheit des Konzept ist es, dass bereits Kinder im Babyalter mit der englischen Sprache in Berührung kommen.