Bei Tagespflegeeltern haben Kleinkinder viel Spielraum. Foto: dpa/Caroline Seidel

Wegen des großen Personalmangels in der Verwaltung hinkt das Jugendamt mit der Bearbeitung von Anträgen hinterher. Deshalb müssen die Eltern, die ihr Kind in eine Tagespflegestelle geben, die Kosten seit Monaten allein tragen.

Mehr als 1000 Stuttgarter Kinder sind im vergangenen Jahr von Pflegepersonen betreut worden. Doch einige dieser Betreuungsplätze scheinen in Gefahr, weil Eltern und Kindertagespflegepersonen seit Monaten vergeblich auf den Zuschuss der Stadt Stuttgart warten. Einige mussten deshalb schon mit mehr als 1000 Euro in Vorleistung gehen. Die zuständige Abteilung führt Personalnot an.

Zumeist sind es Ein- bis Dreijährige, deren Eltern die kleine, häusliche Gruppe einer großen Kindertageseinrichtung vorziehen. 233 Pflegepersonen kümmern sich in der Landeshauptstadt um die Kleinen, haben Privatwohnungen oder andere geeignete Räume passend eingerichtet, bekochen und betreuen die kleinen Gäste wie die eigenen Familienangehörigen. Das Angebot schafft vor allem im Kleinkindbereich dringend nachgefragte Plätze.

Schleppende Bearbeitung

Das Betreuungsgeld zahlt die Stadt monatlich als Pauschale an die Pflegeeltern aus. Voraussetzung ist, dass das Betreuungsgeld beim Jugendamt beantragt worden ist. Doch dort steckt Sand im Getriebe. „Ich habe im September ein Kind aufgenommen, für das im Juli der Antrag eingereicht worden ist. Bis heute ist kein Bescheid gekommen, und die Eltern müssen seither den Gesamtbetrag vorschießen. Die sind jetzt schon bei 1700 Euro angelangt“, sagt die langjährige Tagesmutter Melanie Wilke.

Andere Kindertagespflegepersonen beklagen darüber hinaus den Umstand, dass auch die erstattungsfähigen Sozialleistungen in diesem Jahr statt im Juli erst im Oktober von der Stadt überwiesen worden seien. Und wo Eltern nicht in Vorleistung gehen könnten, müssten die Tagespflegeeltern in der Folge über viele Wochen unbezahlt arbeiten. Auch die könnten sich das nicht länger leisten. Anfragen beim Jugendamt seien ins Leere gelaufen.

Stadt entschuldigt sich per Newsletter

In einem Newsletter hat sich die Stadt entschuldigt. „Wir haben im Team ‚Laufende Geldleistung‘ personelle Ausfälle zu verzeichnen, die wir inzwischen leider nicht mehr auffangen können. Wir sind selbst sehr unglücklich darüber, Ihre Anträge und Fragen nicht in der Zeit bearbeiten zu können, wie wir das gerne würden und wie Sie es von uns gewohnt sind. Daher tut es uns auch sehr leid, Ihnen in den nächsten drei Wochen keine telefonischen Sprechzeiten mehr anbieten zu können, damit wir Ihre Fälle und Anfragen konzentriert und mit voller Aufmerksamkeit bearbeiten können.“

„Ich kann keine neuen Eltern gewinnen, wenn ich ihnen in den ersten Monaten gleich mal eine Rechnung präsentieren muss“, sagt Melanie Wilke. Auch sie muss scharf rechnen, schließlich muss sie für eine Wohnung, die sie für die Kindertagesbetreuung gemietet hat, 650 Euro Miete bezahlen. Nicht nur die 46-jährige zweifache Mutter befürchtet, dass darunter das Angebot leiden könnte.

Verein kämpft um seinen Erhalt

Dass in Anbetracht solcher massiven Probleme derzeit über die Trägerstruktur der Kindertagespflege in Stuttgart diskutiert wird, finden Melanie Wilke und Karin Pfeiffer, die Vorsitzende des Vereins Tagesmütter und Pflegeeltern Stuttgart, befremdlich: „So knapp, wie die Platz- und Personalressourcen in der Kinderbetreuung sind, sollte man derzeit nichts verändern in der Trägerlandschaft.“ Das derzeit von diesem Verein und von der Caritas getragene Angebot soll allerdings komplett auf einen Träger übertragen werden. Abstimmung und Zusammenarbeit mit zwei Trägern seien nicht optimal, argumentiert die Verwaltung, Ressourcen könnten effizienter eingesetzt werden. Außerdem erfordere der Kinderschutz einen hohen Qualitätsstandard, eine Bündelung der Aufgaben bei einem Träger bringe da deutliche Vorteile. Karin Pfeiffer hingegen sieht mit zwei Trägern eher die Wahlmöglichkeiten gestärkt, und man entwickle das Schutzkonzept laufend weiter. „Das ist für uns kein neues Thema.“

Am 21. November berät der Jugendhilfeausschuss über die Zukunft der Kindertagespflege. Das Jugendamt wird dem Verwaltungsrat einen Träger vorschlagen. Dass sich weitere Interessenten um das Geschäftsfeld bewerben, ist denkbar. Karin Pfeiffer würde gern ein Vereinsmodell vorschlagen, in dem Geschäftsführung, Vorstand und Aufsichtsrat zusammenarbeiten. „Die Aufgaben werden immer komplexer, bürokratischer.“

Diskussionsbedarf bei Stadträten

„Wir wollen uns den Vorschlag der Verwaltung zunächst anhören. Der Wunsch nach Bündelung bei einem Träger ist nachvollziehbar, aber er muss klar begründet sein“, sagt Grünen-Stadträtin Gabriele Nuber-Schöllhammer. Luigi Pantisano (Die Fraktion) fordert, „der Verein soll in der Lage sein, sich an der Ausschreibung zu beteiligen, gegebenenfalls stellen wir einen Antrag auf Unterstützung“. Die SPD-Fraktion hält das Verfahren für richtig, über Details müsse man reden, so Stadträtin Jasmin Meergans.

Kindertagespflege

Anbieter
Tagespflegepersonen brauchen zur Betreuung fremder Kinder eine Pflegeerlaubnis. Diese bestätigt die Eignung der Person und des

Kosten
Eltern bezahlen pro Betreuungsstunde für ein Kind bis drei Jahren 1,35 Euro, für ältere 1,15 Euro. Die laufende Geldleistung für Tagespflegepersonen vonseiten der Stadt beträgt pro Kleinkind 6,50 Euro, für Kinder ab drei Jahren 5,50 Euro. Das Essensgeld beträgt in der Regel 3,50 Euro pro Tag.

Qualifizierung
Eine Qualifizierung im Umfang von 160 Unterrichtseinheiten und ein Praktikum bereiten die Tagespflegepersonen auf ihre Tätigkeit vor. Tätigkeitsbegleitend sind weitere 140 Unterrichtseinheiten zu leisten. czi