Kindergartenkinder vor dem Fellbacher Rathaus: Die Kosten für die Betreuung werden immer mehr zu einem Politikum. Foto: Patricia Sigerist

Während in der Fellbacher Lokalpolitik munter gestritten wird, ob gebührenfreie Hortplätze ein bezahlbarer Standortvorteil oder wahlkampftaktische Luftnummern sind, sehen sich die freien Träger finanziell immer stärker unter Druck gesetzt.

Fellbach - Weil die Kosten für die Kinderbetreuung aus dem Ruder laufen, denkt der Evangelische Verein in Fellbach inzwischen laut über eine Extragebühr für Hortplätze nach. Denn mit den bisherigen Tarifen kommt der größte Träger von Kindertagesstätten unterm Kappelberg immer weniger hin.

Für Fellbach sind die Defizite in der Kinderbetreuung durchaus ein Politikum

Schon ohne Baukosten für neue Gruppen schreibt der Evangelische Verein seit Jahren rote Zahlen, allein 2018 lief beim Betrieb der 17 Tageseinrichtungen für 665 Kinder ein Defizit von über 190 000 Euro auf. Noch düsterer ist die Bilanz beim Blick auf die mittelfristige Entwicklung: In der Fünf-Jahres-Übersicht summiert sich das bei der Kinderbetreuung entstandene Minus mittlerweile auf mehr als 600 000 Euro. „Das ist eine Zahl, die uns wirklich schockt“, betonte Pädagogik-Vorstand Axel Wilhelm jüngst bei der Mitgliederversammlung des Vereins. Und die Aufsichtsratschefin Gudrun Bährle bekannte, dass sich das Kontrollgremium inzwischen bei jeder Sitzung eingehend mit dem finanziellen Sorgenkind beschäftigt.

Nur 25 der insgesamt 115 Gruppen im Stadtgebiet werden unter städtischer Regie betrieben

Für Fellbach sind die Defizite in der Kinderbetreuung durchaus ein Politikum. Denn unterm Kappelberg decken freie Träger wie der Evangelische Verein nahezu 80 Prozent der Hortplätze ab. Anders ausgedrückt: Nur 25 der insgesamt 115 Gruppen im Stadtgebiet werden unter städtischer Regie betrieben – der große Rest wird von Kirchen und Arbeiterwohlfahrt, Elternkolleg und dem Förderverein für Waldorfpädagogik geführt. Gemeinsam mit Trägern wie dem TSV Schmiden und der Kinderkoje Hoppetosse haben sie in einem Brandbrief bereits im Herbst 2018 mehr Unterstützung angemahnt. Die im Gespräch mit der Stadt ausgehandelten Eckpunkte für die künftige Finanzierung sollen an diesem Dienstag von Fellbachs Stadträten beschlossen werden. Nach der Wahl darf sich das neu zusammengesetzte Gremium dann mit der exakten Höhe der Kinderbetreuungsgebühren und den von den Eltern zu zahlenden Beträgen befassen – eine Entscheidung ist offenbar noch vor der Sommerpause angedacht.

Keine Einigkeit gibt es dem Vernehmen nach auch bei den Pauschalzahlungen für die Verwaltungskosten

Allerdings: Schon die Überlegungen für eine Extra-Gebühr beim Evangelischen Verein zeigen, dass sich die Begeisterung der freien Träger über die neuen Eckpunkte in engen Grenzen hält. Offenbar ist der Betrieb der Kindertagesstätten auch nach der Umsetzung der geplanten Richtlinien nicht auskömmlich – ganz zu schweigen von den Kosten, die für den Bau neuer Kindertagesstätten oder die Sanierung bestehender Einrichtungen entstehen. Keine Einigkeit gibt es dem Vernehmen nach auch bei den Pauschalzahlungen für die Verwaltungskosten – weil durch die starke Zunahme von Personal und Kinderzahlen auch der Aufwand für die organisatorische Abwicklung stark gestiegen ist, wird von den freien Trägern seit Jahren eine höhere Summe gefordert. Wie hoch ein sogenannter Trägerzuschlag ausfallen könnte, ist unklar – und Verhandlungssache. Denn eine Absprache ist schon nötig, um stadtintern einen Flickenteppich höchst unterschiedlicher Gebühren zu verhindern. Was auf Eltern im Zweifelsfall zukommt, zeigt ein Rechenexempel: Um das im vergangenen Jahr entstandene Defizit von 190 000 Euro zu decken, müsste der Evangelische Verein für jedes Kind etwa 25 Euro zusätzlich verlangen – und zwar monatlich.