Ohne die Betreuung der Sprösslinge in der Kita bekommen viele Eltern Probleme, Job und Kind zu vereinbaren Foto: dpa

Weil Erzieherinnen fehlen, werden die Öffnungszeiten jetzt auch im Kinderhaus an der Remstalstraße verkürzt. Die Stadt Fellbach bietet Eltern eine reduzierte Betreuungsgebühr an. Eine Fachschule soll Abhilfe schaffen – allerdings wohl nur langfristig.

Fellbach - Auf dem Weg von Tübingen nach Fellbach steht Daniela Hanft schon jetzt unter Zeitdruck. Schließlich darf auf der stauanfälligen Strecke vom Neckartal über die Filderhöhe und durch den Stuttgarter Talkessel nichts passieren, wenn die 37-jährige Mutter pünktlich zur Abholzeit beim Kinderhaus Purzelbaum ankommen soll. Für Berufstätige steigert jede rote Ampel auf dem Weg zwischen Arbeitsplatz und Hort den Adrenalinpegel.

In den Kitas in Fellbach herrscht akuter Personalmangel

Künftig wird sich der Stressfaktor für Daniela Hanft wohl noch erhöhen. Weil im Kinderhaus die nötigen Erzieherinnen fehlen, muss die Stadt Fellbach jetzt die Öffnungszeiten des Horts an der Remstalstraße eindampfen. Wegen des akuten Personalmangels werden bereits ab 9. April noch einmal zwei Stunden pro Woche abgeknapst. Die eigentlich für die Ganztagsbetreuung gedachten Gruppen für Kinder von ein und sechs Jahren sind nur noch 48 Stunden pro Woche geöffnet.

In der Elternschaft des Kinderhauses löst die Entscheidung großen Unmut aus. „Ich ärgere mich immer noch unheimlich“, sagt Daniela Hanft. Für die Betriebswirtin bedeutet die Reduzierung, dass sie von Dienstag bis Freitag künftig bereits um 16.30 Uhr auf der Matte stehen muss, um ihren Sohn aus dem Hort zu holen. Einzige Alternative wäre, dass das Kinderhaus freitags bereits um 15 Uhr schließt.

Zum Vergleich: Um Eltern zu helfen, Familie und Beruf zu vereinbaren, waren die drei Gruppen im Purzelbaum vor Jahren noch bis 18 Uhr geöffnet. „Hätte ich die Großeltern nicht, hätte ich ein Riesenproblem“, sagt Daniela Hanft. Ihr Vorwurf ans Rathaus ist, sich nicht energisch genug um zusätzliche Erzieherinnen gekümmert zu haben. „Natürlich ist mir bewusst, dass kurzfristig kein Personal aus dem Hut gezaubert werden kann. Aber es muss doch auch eine Alternative zu Schließung und Kürzung geben – sei es durch den Aufbau eines Springer-Pools für die Kindertagesstätten oder Kooperation mit Vereinen“, bringt sie ihre Enttäuschung auf den Punkt. Mit ihrer Kritik steht die 37-Jährige nicht allein. Auch andere Eltern haben schon Protestmails wegen der angekündigten Reduzierung ans Rathaus geschickt, der Elternbeirat des Kinderhauses spricht von Unmut über die „sehr kurzfristige“ Entscheidung. „Wir hoffen wie alle Eltern, dass die Stadt Fellbach alle Hebel in Bewegung setzt, damit der Betrieb im Kinderhaus Purzelbaum wieder in vollem Umfang läuft“, heißt es in einer Stellungnahme.

Verkürzte Öffnungszeiten bringen Eltern in große Not

Allerdings ist sich das Fellbacher Amt für Bildung, Jugend, Familie und Sport durchaus bewusst, dass die verkürzten Öffnungszeiten die Eltern vor große Probleme stellen. Deshalb habe die Stadt bis zuletzt versucht, diesen Schritt zu vermeiden. Schon zu Jahresbeginn war bekannt geworden, dass die Elternschaft des Kinderhauses Pfiffikus und der Schmidener Schatzkiste mit reduzierten Betreuungszeiten leben muss. Dass nun auch im Kinderhaus Purzelbaum gekappt wird, begründet die Stadt mit dem langfristigen Ausfall gleich mehrerer Mitarbeiterinnen – die einen durch Krankheit, die anderen durch Schwangerschaft. „Wir führen ständig Vorstellungsgespräche. Doch der Arbeitsmarkt für Erzieherinnen ist leergefegt. Deshalb ist leider auch nicht absehbar, ob und wann wir die freien Stellen wieder besetzen können“, betont Fellbachs Sozialbürgermeister Günter Geyer. Fünf Stellen für einen Springer-Pool mit Ersatzkräften für Krankheitsfälle hat die Stadt längst geschaffen. Doch auch die sind nicht einfach zu besetzen – tut sich eine feste Position auf, sind die Aushilfen schnell wieder weg. Hoffnung setzt Günter Geyer deshalb auf die geplante Ansiedlung einer Fachschule für Erzieherinnen unterm Kappelberg. Noch vor der Sommerpause sollen Standort und Kosten für eine Einrichtung mit angegliederter Kindertagesstätte im Gemeinderat beraten werden. Spekuliert wird, dass Absolventinnen nach der Ausbildung auch in Fellbach einen Job suchen. Bis es soweit ist, wird der kleine Sohn von Daniela Hanft freilich längst die Schulbank drücken.