Die Baumübung macht den Kids besonders viel Spaß. Foto: Avanti/Ralf Poller

Die Benninger Kinder-Yoga-Lehrerin Tanja Stricker lehrt den Nachwuchs Achtsamkeit und einen würdevollen Umgang mit sich selbst. Bei dem coronakonformen Entspannungs- und Bewegungsangebot steht jedoch der Spaßfaktor an erster Stelle.

An eine klassische Yogastunde erinnert die Szenerie an diesem Dienstagnachmittag im sonnigen Freien nicht unbedingt: Das Auge sichtet zwar die obligatorischen Matten, die hier auf dem kräftigen Grün des Grases ausgelegt sind, doch inmitten der Natur tummeln sich zunächst kleine, quirlige Gestalten, die wenig an den ruhigen, achtsamen Ablauf einer Yogastunde denken lassen. Stattdessen lädt Tanja Stricker zu einer Schnitzeljagd der besonderen Art ein: eine achtsame, körperbewusste Version des beliebten Freizeitklassikers, der eine ganze Familie faszinieren kann. Ein Vorteil zu Pandemiezeiten: Das Ganze kann ohne Fremdbegleitung durchgeführt werden, weil es durch die Anweisungen quasi selbsterklärend ist. Die Benninger Kinder-Yoga-Lehrerin, die vor Corona etwa den Kindern des Benninger Kindergartens St. Franziskus Yoga im Rahmen eines Resilienz-Projektes nahegebracht hat, kümmert sich auch bei dem coronakonformen Bewegungsangebot darum, dass der Spaßfaktor an erster Stelle steht.

Yoga-Schnitzeljagd mit neun Stationen

Ganz konkret heißt das für die vierjährige Mayla, für Lisa und Anastasia, beide fünf Jahre, sowie für die sechsjährige Emely: Rund um das kleine Wäldchen bei der Gemeindehalle Benningen sind an neun Stationen direkt an den Baumstämmen kleine Schilder angebracht, auf denen nicht nur ein ganz bestimmter Buchstabe zu finden ist, sondern auch die jeweilige Aufgabenstellung. Wer alle Stationen durchgemacht hat, findet Freude und Bewegung und kann schlussendlich auch das Lösungswort benennen.

Doch bevor die Kinder dazu angeleitet werden, den Anweisungen auf den Schildern zu folgen, gilt es Yoga-Aufwärmübungen zu machen. Denn seit dem 1. Juni dürfen bis zu 20 Kinder im Freien einen kontaktarmen Sport ausüben. Und hier liegt jedes Kind auf seiner eigenen Matte im Gras.

Positive Glaubenssätze

Tanja Stricker legt nicht nur gesteigerten Wert darauf, dass Yogaeinheiten für Kinder keinesfalls vor dem Bildschirm stattfinden, sondern auch darauf, dass der Nachwuchs mit einem guten, ausgeglichenen Selbstverständnis aufwächst. Deshalb baut die Yoga-Lehrerin parallel zu den Übungen auch Affirmationen ein. Das sind positive Glaubenssätze, die Mut machen und motivieren sollen und von den Kindern laut nachgesprochen werden. Sätze wie: „Ich bin gut, so wie ich bin“ oder „ich liebe meinen Körper“ sind dabei zu hören. Mit einer passenden Bewegung schnellt schließlich der gesamte Körper in die Höhe, während aus dem Mund des Kindes „ich schaffe das“ ertönt.

Übungen mit den Füßen und das Bewusstsein, „so fest wie ein Berg auf der Erde zu stehen“, leiten anschließend zum Sonnengruß über. Mit Hilfe der Tiere – etwa „so schlau wie eine Schlange“ – lernen die Kinder, die einzelnen Übungsschritte des Sonnengrußes rasch zu verinnerlichen. Anerkennung gibt es deshalb auch: „Diese komplizierte Yoga-Übung habt ihr wunderbar gemacht“, teilt Stricker ihnen freudestrahlend mit.

Stärkung des eigenen Körpers

„Kinder-Yoga ist sehr dynamisch“, erklärt die Fachfrau und führt aus: „Es ist eine Bewegungsform, bei der die Kinder spielerisch Übungen zur Entspannung und zur Stärkung des eigenen Körpers kennenlernen. Dabei haben die Asanas (Yoga-Übungen) lustige Namen aus der Natur oder aus der Tierwelt. Für die Kleinen werden sie in kurze Geschichten oder Spiele verpackt, um die Kinder durch die Bewegungen in das Yoga eintauchen zu lassen.

Die bunten Asana-Karten kommen schließlich ins Spiel, wenn es darum geht, bei einer bestimmten Station die ausgewiesenen Aufgaben auszuführen: Etwa wird dann gefragt, welche Tiere im Wald wohnen. Fällt einem Kind dazu nichts ein, darf es eine Karte ziehen – und los geht es mit dem Nachahmen von Bewegung und Lautmalerei eines bestimmten Tieres. Und schon klettern kleine Affen auf den Bäumen, Katzen miauen oder Rehe huschen vorbei. Bei einer anderen Station nehmen die Kinder die Position eines Baumes ein und sollen dabei die Kraft verspüren, die von den tiefwurzelnden Teilen eines Baumes ausgeht. Station vier lädt dazu ein, sich eine gewisse Strecke im Wald auszusuchen. Von A nach B heißt es für die Mädchen, betont langsam und Schritt für Schritt nach vorne zu gehen. „Mayla, Du warst viel zu schnell“, muss sich die Vierjährige von ihrer älteren Schwester im Anschluss rügen lassen.

Stimmen des Waldes

Die Geräusche im Wald aufzunehmen, tief ein- und auszuatmen, die Augen zu schließen oder sich einen Stock zu suchen, der individuell verziert werden darf – das sind weitere Anregungen für die Kinder, die das „Ich sehe was, das du nicht siehst“-Spiel spielen dürfen, bevor die kleine Runde zum Abschluss mit dem Ömchen-Spiel ein bezauberndes Lächeln auf die Reise schickt.

Für Yoga-Lehrerin Tanja Stricker wäre es gesamtgesellschaftlich betrachtet ideal, wenn „Kindern und Schülern ein regelmäßiges Yogaangebot in den jeweiligen Bildungseinrichtungen gemacht würde, um das Thema Entspannung ganz selbstverständlich in den Alltag einzubauen“.