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"In ländlichen Regionen liegt die Zahl derer, die für ihre Kinder freiwillig die Realschule wählen, bei 30 Prozent", sagte die Vorsitzende des Landeselternbeirats, Christiane Staab.

Stuttgart - Immer mehr Schüler gehen trotz einer Gymnasialempfehlung auf die Realschule. "In ländlichen Regionen liegt die Zahl derer, die für ihre Kinder freiwillig die Realschule wählen, bei 30 Prozent", sagte die Vorsitzende des Landeselternbeirats, Christiane Staab. Im landesweiten Durchschnitt liege die Zahl bei knapp 17 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es knapp 16 Prozent.

Staab führt den Trend auf die Verunsicherung der Eltern zurück: "Die Landesregierung ist noch unentschieden, ob das achtjährige Gymnasium eine Schule für besonders begabte, fleißige und leistungswillige Kinder ist oder ein solider Weg zur allgemeinen Hochschulreife." Manche Schulleiter machten den Eltern die Entscheidung fürs Gymnasium schwer, indem sie bei den Einführungsveranstaltungen die Anforderungen besonders drastisch darstellten.

"Sie sortieren potenziell schwächere Schüler aus, damit sie weniger Arbeit haben", kritisierte Staab. Dabei sei es Aufgabe des Gymnasiums, eine Überforderung der Schüler zu vermeiden, die den erforderlichen Notenschnitt von mindestens 2,5 in den Fächern Deutsch und Mathematik mitbringen. "Es kann ja nicht sein, dass wir unsere Kinder von Gymnasium und Studium abschrecken und dann über die Greencard asiatische Akademiker ins Land holen."

Die Abwahl des Gymnasiums habe weitreichende Folgen für die Realschulen, die aus allen Nähten platzten, sagte Staab. "Die Realschulen werden zerrieben zwischen den Kindern, die viel mehr wollen, und denjenigen, die es gerade noch geschafft haben." Bei so heterogenen und großen Klassen sei eine Binnendifferenzierung nicht möglich. Es liege nahe, dass sich die Realschullehrer auf die Förderung der Starken konzentrierten und die schlechten Schüler nach unten durchgereicht würden. "Vermutlich ist die neue Werkrealschule als Auffangbecken für schlechte Realschüler gedacht."

Die Elternbeiratschefin forderte: "Es muss genau analysiert werden, was die Klippen im achtjährigen Gymnasium sind, an denen Schüler scheitern." Die Schulaufsicht sei viel zu nachlässig. "Ich würde mir Schulbesuche wünschen bei schlechten Notenschnitten, Schülerbefragungen und Gespräche mit Kollegen der betroffenen Lehrer."

Eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium kommt für Staab nicht infrage. "Baden-württembergische Kinder sind doch nicht langsamer oder dümmer als in anderen Bundesländern. Ihnen dürfen nur nicht so viele Knüppel zwischen die Beine geworfen werden."