Die Lenbachstraße wird gerne als Abkürzung benutzt. Foto: Georg Friedel

Der Streit um ein Sträßchen am Killesberg belegt beispielhaft die Bürden der Bürgerdemokratie.

S-Nord - Beispielhaft beschreibt der Straßenname „Am Tazzelwurm“ lautmalerisch die Gassen, die sich durch die Wohngebiete des Killesbergs schlängeln. Sie sind eng, verwinkelt und taugen im Grunde nur als Wege für diejenigen, die entlang jener Sträßchen zu ihren Häusern fahren wollen. Die Lenbachstraße, die vom Westrand des ehemaligen Messegeländes vorbei am Freibad auf dem Killesberg nach Feuerbach führt, ist da keine Ausnahme.

Allerdings sehen das Tausende Autofahrer etwas anders. Sie benutzen das Sträßchen als Schleichweg, sei es zum Höhenpark, zum Freibad oder als Abkürzung zwischen Feuerbach und Kräherwald. Was die Anwohner erbost: Sie beklagten sich im Rathaus und bei der Bezirksvorsteherin Andrea Krueger. Die Zustände seien lebensgefährlich.

Raser sollen gebremst werden

Sie setzten einen Ortstermin mit Beteiligten dreier Ämter und der Polizei durch. Rainer Wallisch vom Stadtplanungsamt bekam die Aufgabe, ein gut 300 Meter langes Stück der Straße so umzuplanen, dass Raser gebremst werden. Der Bezirksbeirat befasste sich mit seinem Vorschlag, mochte aber nichts beschließen. Stattdessen entschieden die Lokalpolitiker, dass die Anwohner entscheiden mögen. Das ist gut drei Monate her. Deswegen sitzen sie nun hier, im Saal der Christophkirche, ein paar Gehminuten von dem Straßenstück entfernt, um das es geht – Krueger und Wallisch vorn am Tisch, rund 70 Anwohner vor ihnen. Der Parkplatz draußen ist voll. Zwei Autos stehen sogar auf dem Rasen. Dass gemäß Radarmessungen auf der Lenbachstraße nicht häufiger zu schnell gefahren wird und nicht schneller als irgendwo sonst in der Stadt, mag niemand hören.

Wallisch übergeht das Murren und erklärt, was schon jeder im Saal weiß: Statt nur auf einer Seite der Straße soll künftig abwechselnd auf beiden geparkt werden. Bäume sollen gepflanzt werden, als optische und tatsächliche Hindernisse für Zeiten, in denen niemand sein Auto abstellt. Das ist sein Vorschlag. Das ist, was die Stadt in solchen Fällen standardmäßig vorschlägt. Das ist einfach und günstig und wirkt aller Erfahrung nach. Das könnte – sofern der Bezirksbeirat im November entschieden hätte – bereits verwirklicht sein.

Jeder eine eigene Meinung

Es wird aber auf absehbare Zeit nicht verwirklicht. Dies keineswegs nur deswegen, weil der Gemeinderat Ende 2011 über das Geld für den Umbau hätte entscheiden müssen. Selbst wenn das Geld bereitläge – dieser Abend ist dazu gedacht, die Vorschläge der Bürger zu hören. „Die nehmen wir mit, und sie werden alle von den zuständigen Stellen geprüft“. Das versichert Krueger mehrfach. Und das wird dauern.

Denn der Abend belegt beispielhaft, welche Bürde die Befürworter der Bürgerdemokratie sich und anderen auferlegen. Doch, es gibt eine Handvoll Zuhörer, die Wallischs Plan loben. Aber eigentlich hat jeder einen eigenen Vorschlag und eine eigene Meinung zu allen Vorschlägen, und das ist selten die gleiche wie die eines anderen, und mutmaßlich nie die der Mehrheit

Die einen halten die Bäume für überflüssig, die anderen für wichtig. Radaranlagen sind gewünscht, mehrere, oder eine, die nicht die momentane Geschwindigkeit misst, sondern die durchschnittliche. Eine Einbahnstraße wäre erwägenswert – oder nicht? Eine Pförtnerampel könnte Schleichwegfahrer abhalten oder das Gegenteil: autofreundliche Rotphasen an den Hauptstraßen. Den Eingang des Freibads zu verlegen wäre hilfreich oder ein auf einem Parkplatz geplantes Neubauviertel zu versetzen. Der Bezirksbeirat hatte sich Vorschläge gewünscht. Nun hat er sie. Wann entschieden wird, ist völlig offen.