Spurensicherung am Abend der Tat in Göppingen. Nun konnte ein Tatverdächtiger festgenommen werden. Foto: dpa/Marius Bulling

In einer Bar in Göppingen ist im vergangenen Oktober ein Mann mit einer Maschinenpistole erschossen worden, zwei Gäste wurden im Kugelhagel schwer verletzt. Jetzt hat die Polizei die Festnahme eines Tatverdächtigen vermeldet.

Mit der Aufnahme einer Überwachungskamera hat die Polizei bundesweit nach dem Mann gesucht, der im vergangenen Oktober in einer Bar in Göppingen mit einer Maschinenpistole auf drei Personen geschossen hat. Ein 29-Jähriger wurde durch die Schüsse tödlich verletzt, zwei weitere Gäste konnten durch Notoperationen gerettet werden. Unter anderem wurde das Bild an 4000 digitalen Werbeflächen an 331 Tankstellen und an acht Flughäfen in Deutschland ausgestrahlt.

 

Tatverdächtiger schweigt

Rund fünf Monate nach der Tat haben Polizei und Staatsanwaltschaft nun einen Ermittlungserfolg vermeldet: Am Mittwoch wurde ein 17 Jahre alter Tatverdächtiger, wohnhaft im Großraum Stuttgart, festgenommen. Spezialkräfte konnten ihn im Kreis Ludwigsburg überwältigen. Wie die drei Opfer stammt er aus Syrien, lebt seit mehreren Jahren in Deutschland. Bereits am Donnerstag wurde er einem Haftrichter vorgeführt. Dieser erließ einen Haftbefehl wegen Mordes sowie versuchtem Mord in zwei Fällen. Der 17-Jährige kam in Untersuchungshaft.

„Zum Tatvorwurf hat er sich bislang nicht eingelassen“, sagte Stefanie Ruben, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, am Freitagmittag. Darüber hinaus könne sie zu möglichen Vorstrafen des Beschuldigten derzeit keine Auskünfte erteilen.

Nach bisherigen Erkenntnissen soll der Tatverdächtige die Bar an der Gartenstraße am 2. Oktober kurz vor 22 Uhr betreten haben. Offenbar war er schwarz gekleidet und maskiert. Kurz darauf soll er mit einer Maschinenpistole gezielt zwei Salven in Richtung von drei Gästen abgefeuert haben, die an einem Tisch saßen. Einer von ihnen, ein 29-jähriger Mann, verstarb noch vor Ort an seinen Schussverletzungen.

Schon kurz nach der Bluttat wurde die Sonderkommission „Kurz“ in Anlehnung an den Namen der Bar errichtet. Neben umfangreichen Spurensicherungen am Tatort und im Umfeld wurden auch zahlreiche Zeugen befragt. Zudem wurden auch die möglichen Abläufe der Tat durch Spezialisten rekonstruiert – und eben mit dem Bild aus der Überwachungskamera unter anderem auch in sozialen Netzwerken nach dem Todesschützen gesucht. Wie man aber dem jungen Mann letztlich auf die Spur gekommen ist, gibt weder die Staatsanwaltschaft noch die Polizei bislang preis.

Motiv bislang unklar

Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat dauern an. Geprüft wird auch, ob sie in Zusammenhang mit den Konflikten zweier krimineller Gruppierungen in der Region Stuttgart steht. Sie machen seit Mitte 2022 Schlagzeilen. Ihre Motive sind mutmaßlich Ehrverletzungen und territoriale Machtansprüche. Der bisherige Höhepunkt war im Juni 2023, als ein 23-Jähriger eine Handgranate in Altbach (Kreis Esslingen) auf eine Trauergemeinde warf. Nur durch einen Zufall wurde ein Blutbad mit vielen Toten verhindert. Die Granate wurde durch einen Ast abgelenkt. Der Werfer, ein Iraner, wurde wegen 15-fachen versuchten Mordes zu zwölf Jahren Haft verurteilt.

Der bislang letzte Vorfall ereignete sich am 28. Januar in Möhringen. Ein 25-Jähriger soll in einem Imbiss, der sich im Umbau befindet, auf einen 27-Jährigen geschossen und ihn schwer verletzt haben. Der Tatverdächtige, wohnhaft in Stuttgart-Vaihingen, soll Verbindungen zur kurdisch geprägten multiethnischen Gruppierung Esslingen/Ludwigsburg/Plochingen haben. Das Opfer zählt offenbar zur Gegenseite, der Gruppe Zuffenhausen/Göppingen/Schorndorf. Der 27-Jährige steht zudem auf einer Liste der Sondereinheit „Fokus“ des Landeskriminalamts, auf der rund 550 Namen aufgeführt sind. Mittlerweile verzeichnen die Ermittler 94 Festnahmen – den Fall in Göppingen eingeschlossen. Die verhängten Haftstrafen summieren sich auf 126 Jahre.

Innenminister lobt Ermittlungserfolg

Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) lobte den Ermittlungserfolg im Göppinger Tötungsdelikt. Er beweise erneut, dass „wir gegen Gewaltkriminalität entschlossen und konsequent vorgehen. Die Täter werden mit aller Härte zur Rechenschaft gezogen.“ Baden-Württemberg sei ein sicheres Land. „Angriffe mit Schusswaffen sind glücklicherweise eine absolute Ausnahme.“

Schüsse in einer Bar würden jedoch das Sicherheitsgefühl der Menschen in besonderem Maße stören. „Umso mehr tritt der Rechtsstaat in Baden-Württemberg kriminellen Gruppierungen kräftig auf die Füße.“