Der Mord an Michèle Kiesewetter im Jahr 2007 war der letzte der NSU-Terroristen. Foto: dpa

Der frühere Verfassungsschutzchef in Baden-Württemberg, Johannes Schmalzl, bedauert Ermittlungsfehler beim Polizistenmord von Heilbronn: "Die Fehler sind nicht entschuldbar."

Berlin - Auch mehr als fünf Jahre nach dem Polizistenmord von Heilbronn ist das Motiv für die Tat ungeklärt. Bis heute seien die Beweggründe der Täter unbekannt, sagte der Leiter der damals zuständigen Sonderkommission, Axel Mögelin, am Donnerstag im Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestages in Berlin. Der Mord soll auf das Konto der rechtsextremen Terrorzelle NSU gehen. Wenn es keine neuen Hinweise gebe, werde das Motiv wohl offen bleiben, sagte er. Am 25. April 2007 war die Polizistin Michèle Kiesewetter in Heilbronn mit einem Kopfschuss getötet worden. Ihr Kollege überlebte den Anschlag schwer verletzt.

Der „Nationalsozialistische Untergrund“ wird insgesamt für zehn Morde zwischen den Jahren 2000 und 2007 verantwortlich gemacht. Der Fall in Heilbronn war nach bisherigen Erkenntnissen der letzte der düsteren Serie.

Mordfall gibt bis heute Rätsel auf

Der Mordfall gibt bis heute viele Rätsel auf. Er fällt aus dem Raster der übrigen Serie, der neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmer zum Opfer fielen. Bis zum Auffliegen der Terrorzelle im Herbst 2011 fanden die Ermittler keinen Hinweis auf einen terroristischen oder extremistischen Zusammenhang.

Bei den Leichen der mutmaßlichen Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt waren Ende 2011 auch die Dienstwaffen von Kiesewetter und ihrem schwer verletzten Kollegen gefunden worden.

Der Ermittler Mögelin, der die Sonderkommission erst lange nach der Tat - nämlich im Jahr 2010 - übernommen hatte, betonte, es habe keine Hinweise auf einen rechtsextremen Hintergrund gegeben. Die Ermittler hätten in verschiedene Richtung nachgeforscht und seien allen belastbaren Spuren nachgegangen. Die Sonderkommission habe mit aller Kraft versucht, den Fall aufzuklären und bis an die Belastungsgrenze gearbeitet. „Wir sind in manche Sackgasse gerannt“, sagte Mögelin, „aber aufgegeben haben wir nicht.“ Ihm und seinen Kollegen tue es gegenüber den Angehörigen besonders leid, dass viele Fragen offen blieben.

"Fehler sind unentschuldbar"

Der damalige Präsident des baden-württembergischen Amtes für Verfassungsschutz, Johannes Schmalzl, sagte, er hoffe, dass sich noch einige offene Fragen klären ließen. Schmalzl bedauerte Ermittlungspannen in dem Fall. „Die Fehler sind nicht entschuldbar“, sagte der heutige Stuttgarter Regierungspräsident im Ausschuss. Aus den Fehlgriffen seien Lehren zu ziehen.

Schmalzl sagte, seine Behörde hätte der einen oder anderen Verbindung damals mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Auch der Austausch mit den anderen Ämtern sei dringend zu verbessern.

„Wir wussten nichts von dieser Terrorgruppe“, betonte Schmalzl. Rechtsterrorismus habe damals in der Arbeit der Sicherheitsbehörden kaum eine Rolle gespielt. „Ich bin überzeugt, mit dem Wissen von heute würde vieles anders gemacht.“

Schmalzl leitete von 2005 bis 2007 den Verfassungsschutz in Baden-Württemberg. Seit Anfang 2008 ist der Jurist Stuttgarter Regierungspräsident. Ursprünglich sollte Schmalzl Generalbundesanwalt werden. Doch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) scheiterte mit ihrem Vorschlag.

Der Neonazi-Untersuchungsausschuss im Bundestag befasst sich seit Januar mit den Verbrechen der Terrorzelle NSU, bei der Aufklärung es zahlreiche Pannen und Fehler gab.