Vor der Stuttgarter Zulassungsstelle stehen nicht mehr so viele Menschen an. Das liegt auch daran, dass seit Beginn der Corona-Krise Termine vergeben werden. In der Region ist die Lage unterschiedlich. Digitale Angebote sollen Abhilfe schaffen – doch es gibt Probleme.
Stuttgart - Die Stuttgarter Kfz-Zulassungsstelle in der Krailenshaldenstraße ist ein Dauerthema. Seit Jahren klagen Kunden über horrende Wartezeiten. Teils haben sich die Menschen mitten in der Nacht in die Schlange vor dem Gebäude gestellt – um dann letztendlich doch nicht an die Reihe zu kommen. Das ist jetzt weitgehend vorbei. Doch behoben ist das Problem trotz einer Personalaufstockung nicht.
Vor allem Corona-bedingt ist im März die Terminvergabe eingeführt worden. „Seither arbeiten wir mit dem Drei-Säulen-Modell: Terminvereinbarung telefonisch, Terminvereinbarung online und Laufkundschaft als Notfall“, sagt Dorothea Koller. Die Leiterin des Ordnungsamts weiß: „Es warten dadurch nur noch Kunden, die zu früh sind oder als Laufkunden auf eine Lücke hoffen.“
Ein Stück weit habe sich die Warteschlange verlagert: Man warte nicht mehr vor Ort, sondern telefonisch derzeit zwei bis drei Tage oder bei der Online-Suche etwa zwei Wochen auf einen freien Termin. Die Lage habe sich aber insgesamt verbessert. Das gelte allerdings nicht für die Führerscheinstelle: „Dort ist die Situation noch nicht zufriedenstellend“, so Koller.
Auch in der Region ist die Lage höchst unterschiedlich – bedingt unter anderem durch die Corona-Pandemie. Das geht aus der Antwort des Verkehrsministeriums auf eine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Demnach liegen die Wartezeiten zwischen wenigen Minuten im Rems-Murr-Kreis, 15 bis 30 Minuten im Landkreis Esslingen, rund 45 Minuten im Landkreis Böblingen und bis zu 47 Minuten im Landkreis Göppingen. Der Kreis Ludwigsburg, vor der Corona-Krise noch bei durchschnittlich 100 Minuten Wartezeit, hat wie Stuttgart pandemiebedingt auf Terminvergabe umgestellt.
Digitale Anträge sind schwierig
Abhilfe schaffen sollen eigentlich digitale Angebote. Doch die werden bisher kaum genutzt oder sind noch nicht umgesetzt. Die internetbasierte Fahrzeugzulassung (iKfz) ist in Baden-Württemberg derzeit nur für Privatpersonen möglich. Wegen der Corona-Situation soll sie befristet bis Ende Juni 2021 auch ohne Identifizierung mit dem elektronischen Personalausweis zulässig sein. Doch viele Kunden schreckt sie bisher offenbar ab – und in Stuttgart klappt sie so noch gar nicht. „Ein Verzicht auf die elektronische Identifizierung ist aktuell noch nicht möglich“, sagt Dorothea Koller. Man prüfe das Thema und wolle zeitnah mit dem Verfahrensanbieter „notwendige Anpassungen“ vornehmen, um die Methode praktikabel für die Nutzer zu machen. Dementsprechend bewegen sich die Anträge per iKfz derzeit nur im einstelligen Bereich pro Woche.
Die erhoffte Erleichterung für die Bürger und Entlastung der Zulassungsstellen bleibt so nicht nur in Stuttgart aus. „Die Unzulänglichkeiten bei der Servicesituation konnten durch die bislang geringen Nutzungszahlen durch Privatpersonen bisher nicht wesentlich aufgefangen werden“, heißt es dazu in der Antwort des Verkehrsministeriums auf die CDU-Anfrage.
Im nächsten Jahr will das Land die digitalen Kanäle ausbauen. „Für juristische Personen, also Firmen, ist derzeit noch keine Online-Antragstellung möglich. Das Land beabsichtigt jedoch die Teilnahme an einem Projekt des Bundes zur Umsetzung eines solchen Online-Verfahrens“, sagte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums unserer Zeitung. Dabei geht es um Unternehmen, die Anträge in hoher Anzahl stellen, um Fahrzeuge auf sich oder andere zuzulassen. Ein solches Verfahren gemeinsam mit dem Kraftfahrt-Bundesamt könnte bis Sommer nächsten Jahres umgesetzt werden.
CDU kritisiert Verkehrsministerium
Die CDU im Landtag fordert mehr Tempo, um die Situation für die Kunden zu verbessern. „Gerade in dieser Krise wäre ein Digitalisierungsschub bei den Zulassungsverfahren dringend notwendig. Die inzwischen mögliche Online-Zulassung ist offenbar zu wenig kundenfreundlich ausgestaltet“, sagte der Abgeordnete Andreas Deuschle unserer Zeitung. Es sei „ein Versäumnis des Verkehrsministers, hier nicht rechtzeitig vorgesorgt und dem Durchschnittskunden gangbare Online-Wege eröffnet zu haben“. Er hoffe, „dass man zumindest jetzt dazulernt und einen wirklich bürgerfreundlichen Zulassungsservice hinbekommt“, so der Digitalisierungsexperte.