Bei seinen Vorbereitungen für „Tanz der Vampire“ besucht Kevin Tarte in Wien die Kapuzinergruft, in der viele Herrscher aus dem Habsburger Geschlecht bestattet sind. Foto: /privat

Die Fans sind im Glück: Kevin Tarte, Stuttgarts „Ur-Krolock“, kehrt mit dann 66 Jahren zu „Tanz der Vampire“ zurück. Weil die Karten im Nu weg waren, gibt der Musicalstar zusätzliche Vorstellungen. Wie bereitet er sich auf die Rolle vor? Was bedeutet sie ihm?

Vor knapp zwei Wochen hat Kevin Tarte mit seinem Lebenspartner Stefan Wolf, dem Präsidenten von Gesamtmetal, den Wiener Opernball besucht. Er weilte also in jener Stadt, die für die Musical-Vampire von besonderer Bedeutung ist. In der österreichischen Kulturmetropole feierte vor über 25 Jahren die Show unter Regie von Roman Polanski Weltpremiere. Zwischen Rock und Operette, zwischen Hits, Witz und dunklen Abgründen ist „Tanz der Vampire“ zum erfolgreichsten Musical in Stuttgart geworden. In Wien stieg der US-Amerikaner in die Tiefe – eine Gruft wird ihn bald wieder herausfordern.

Unter der Kapuzinerkirche befindet sich Österreichs wohl gruseligste Touristenattraktion. Im Untergrund sind die sterblichen Überreste von vielen Herrscherinnen und Herrschern aus dem Habsburger Geschlecht bestattet – auch Kaiserin Sissi ruht hier. Tarte schritt an den wuchtigen Särgen der Kapuzinergruft vorbei. Zum Leben gehört der Tod, spürte der Sänger dabei, irgendwas bleibt von Verstorbenen immer zurück. Wie gut es die Habsburger doch haben, dachte er, dass sie sich nicht mitternachts auf Blutjagd begeben müssen, dass sie nicht zum ewigen Leben verdammt sind.

Davor spielt Kevin Tarte im Musical „Zeppelin“ in Füssen

Die Rolle, die seine Karriere geprägt hat und von der er nicht loskommt, ist ein böser und zugleich erotisch betörender Graf, der seit 400 Jahren sein Unwesen treibt. Ganz intensiv bereitet sich Kevin Tarte gerade auf sein von den Fans lang herbeigesehntes Comeback als Krolock im Stuttgarter Palladium-Theater vor. Der Besuch in der Wiener Gruft gehört dazu. Viele Anhänger sind begeistert, dass Stuttgarts erster Chefvampir, der, von Polanski persönlich ausgewählt, den Hauptpart in „Tanz der Vampire“ seit der Deutschland-Premiere im Jahr 2000 über tausend Mal gespielt hat, bald zurückkehrt.

Die Fans freuen sich auf die fulminante Präsenz des Publikumslieblings, auf seine sich präzis wandelnde, kraftvolle Tenor- und Bariton-Stimme. Wenn es im Mai losgeht, wird er 66 Jahre alt sein. Weil die ersten fünf Termine rasch ausverkauft waren, gibt Kevin Tarte drei Zusatzvorstellungen (am 24. Mai, 18.30 Uhr, 1. Juni, 19.30 Uhr, und 2. Juni, 19.30 Uhr). Davor tritt er im April mehrfach beim Musical „Zeppelin“ in Füssen auf.

Den Krolock hat Tarte zuletzt 2017 gespielt

Die Rolle des Krolock (Tarte hat sie zuletzt 2017 gespielt) verlangt sehr viel – nicht nur stimmlich, sondern auch konditionell. Der aus Seattle stammende Musicalsänger, der 1988 nach Deutschland kam, um bei den Heidelberger Schlossfestspielen die Titelrolle in „The Student Prince“ zu übernehmen, hat sein tägliches Fitnessprogramm intensiviert. Daheim in Bad Urach steht ein Peloton-Bike, auf dem er sich von digitalen Trainern mit Musik antreiben lässt, auf dass sein Kostüm gut passt. Noch einmal setzt sich Tarte mit der Rolle des Chefvampirs auseinander, mit dem Reiz des Bösen und der Sehnsucht, etwas Verbotenes zu tun. Wichtig ist ihm auch die historische Einordnung. Die Epochen der Geschichte sind ihm wichtig.

Seine Garderobe hat er in eine Gruft verwandelt

Als er in verschiedenen Spielzeiten den Grafen in Stuttgart verkörperte, hat er seine Garderobe in eine Gruft verwandelt, um sich in die Rolle schon vor Showbeginn hineinzufühlen. „Polanski sagte mir damals, der Krolock ist etwas Besonderes, ich müsse mich deshalb abseits der Cast und der Crew aufhalten“, erzählt Tarte. Die Kollegen hätten gedacht, „ich bin arrogant“. Irgendwann habe er erkannt, dass es auf die Trennung nicht ankommt und alle ein Team sind.

Für den US-Amerikaner begann eine „Wahnsinnszeit“. Anstrengend, aber auch sehr schön seien „diese verrückten“ Jahre gewesen. Am Bühneneingang warteten abends nach der Vorstellung oft zwischen 50 und 200 überwiegend weibliche Fans auf ihn, sie wollten Blumen überreichen oder baten um Autogramme. Seile mussten gespannt werden, um den US-Amerikaner zu schützen. „Selbst in den Schwaben-Quellen haben die Mädels mir aufgelauert“, erinnert er sich. Regelmäßig organisierte sein immer weiter wachsender Fanclub Treffen, einmal sogar im Neuen Schloss in Stuttgart.

Erneut ein Meet & Greet für die Fans

Bei seinem Comeback wird es erneut ein Meet & Greet geben. Das Fantreffen ist im Gebäude von Südwestmetall unweit des Hauptbahnhofs in Stuttgart geplant, bei schönem Wetter auf der Terrasse. Die Gier ist unstillbar, lautet eine Lehre aus dem Musical, das Böse will immer siegen. Krolock gibt sich verführerisch, charmant und sexy, damit die Frauen, seine Opfer, ihn voller Wollust begehren. In Wahrheit aber ist der Graf rücksichtslos, kennt keine Skrupel. Die Liebe zu den Vampiren, so scheint es, hält in Stuttgart ewig – und wohl auch die Dankbarkeit für einen Ausnahmesänger wie Kevin Tarte.