Modulbauten bieten Platz für Flüchtlinge und Stoff für politische Diskussionen Foto: dpa

Im Sozialausschuss des Stuttgarter Gemeinderats erntete der ohnehin umstrittene Vertreter der AfD, Heinrich Fiechtner, heftigen Gegenwind für seine Art, über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen zu diskutieren.

Stuttgart - „Verleumdung“, „Rechtsbruch“, „Widerstand“ – diese Wortwahl ist im Sozialausschuss unüblich. Am Montagmorgen löste der 35. Flüchtlingsbericht, oder besser: die Grundsatzrede von AfD-Stadtrat Dr. Heinrich Fiechtner, Protest aus.

Der Bericht bestehe aus „Wortgeklingel“, enthalte „Propaganda“; „ich möchte das so nicht mehr dulden“, sagte er. Der Sozialausschuss neige zu einer „unseligen Verquickung der Asyl- mit der Zuwanderungsfrage“. Dann holte Fiechtner zu einem bundespolitischen Exkurs aus über die Unterwanderung der Drittstaatenregelung und nicht Asylberechtigte: „Die Mehrheit der Asylbewerber sind keine Flüchtlinge.“ Deshalb stellte er die Unterbringungsbemühungen für Flüchtlinge in Frage: „Haben wir die Pflicht, permanentem Rechtsbruch Folge zu leisten? Ich denke: nein. Ich finde, ziviler Widerstand wäre angebracht“, sagte er – und erntete empörtes Gemurmel.

FDP-Stadträtin Sibel Yüksel war die erste, die widersprach. „Dass wir in Stuttgart von Brandanschlägen auf Asylheime verschont geblieben sind, haben wir der guten Arbeit der Verwaltung, der Willkommenskultur und den Ehrenamtlichen zu verdanken. Wenn man sich die Zahl der bundesweiten Anschläge vergegenwärtigt, dann sind Ihre Ausführungen unerträglich, weil sie den geistigen Nährboden für diese Extremisten bieten, die mit ihren Anschlägen wohl glauben, einen vermeintlichen Volkswillen gegen Wirtschaftsflüchtlinge zu vollstrecken. Die Gefahr geht von einer rechtsextremen, radikalen Minderheit aus, nicht von den Flüchtlingen.“

Heinrich Fiechtner konterte: „Es ist eine verleumderische Darstellung von Frau Yüksel, wenn sie rechtsextreme kleine Gruppen und Straftaten in einem Atemzug nennt. Da hätte ich mir von Frau Fezer eine Zurückweisung erwartet.“

Dies wiederum provozierte Jochen Stopper (Grüne): „Schlimmer als Ihre ketzerischen Reden ist nur Ihre Weinerlichkeit. Sie benutzen unsere Sitzungen, um grundsätzliche Aussagen gegen das Asylrecht zu machen, und Sie wissen, dass Sie damit unseren sozialen Frieden gefährden. Ich bitte Sie, das sein zu lassen, denn der liegt Stuttgart am Herzen.“ Darauf Fiechtner: „Sie gefährden den sozialen Frieden, indem Sie sich den Fakten verschließen.“

Hans-Peter Ehrlich (SPD) hatte genug: „Ich habe mir jetzt monatelang Ihre Emotionen schürenden argumentativen Eskapaden angehört. Sie sehen alles mit einer ideologischen Brille und werfen dieses anderen vor. Sie bedienen faschistoide Sprachmodelle und Terminologien. Ich empfehle Ihnen: Lesen Sie das Interview mit Lucke im ,Spiegel’.“ Darauf Fiechtner: „Wer ist Lucke?“

Nach der Sitzung ging der AfD-Stadtrat erneut auf Sibel Yüksel zu und forderte sie auf, sie solle sich „mit Verleumdungen zurückhalten“. Das sei ein „Ausdruck der Empörung“ gewesen, sagt er später.