Slackliner der ersten Stunde: Seit 2006 ist Philipp Freudigmann mit dem Spanngurt auf der ganzen Welt unterwegs. Foto: Pressefoto Baumann

Philipp Freudigmann ist ein Pionier des Slackline-Sports. Er ist überzeugt: Jeder kann auf dem Kunststoffgurt balancieren, egal wie sportlich man ist. Testen kann man das auf dem Kessel-Festival.

Stuttgart - Seit Montag läuft der Aufbau für das Kessel-Festival auf dem Cannstatter Wasen und im Reitstadion, das an diesem Samstag beginnt. Tausende Besucher werden erwartet. Sie können sich auf ein buntes Programm freuen: Neben der Musik auf drei Bühnen gibt es unter anderem ein Sportprogramm, das Junge Weindorf und eine Kleidertauschparty.

Außerdem findet im Rahmen des Festivals die World Slackline Masters statt, die Slackline-Weltmeisterschaft. Bei der noch jungen Sportart balancieren die Athleten auf einer über dem Boden gespannten Leine und vollführen dort Salti, springen meterhoch in die Luft, drehen sich und landen wieder, ohne den Boden zu berühren – falls doch, gibt es Punktabzug. Auch Wettrennen auf der Slackline stehen auf dem Programm. Die Teilnehmer kommen unter anderem aus Chile, Russland, Japan und Spanien.

Wie Seiltanzen im Zirkus

Das Ganze erinnert auf den ersten Blick an Seiltanzen aus dem Zirkus. Anders als dort gibt die elastische Slackline allerdings nach und wackelt ständig. Sobald man einen Fuß auf die Line gesetzt hat, muss man die ganze Zeit um sein Gleichgewicht kämpfen. Ein Hexenwerk ist das Balancieren auf der Slackline trotzdem nicht. „Meiner Erfahrung nach kann man jedem, der geradeaus gehen kann, innerhalb von einer halben Stunde beibringen, ein paar Schritte auf der Line zu gehen“, sagt Philipp Freudigmann. Entscheidend ist die richtige Haltung: Ein gerader Rücken, die Knie leicht gebeugt und möglichst entspannt bleiben. Freudigmann weiß, wovon er redet. Seit 2006 ist er mit seinem Freund Robert Käding in der internationalen Slackline-Szene aktiv, hat sie mit aufgebaut und vernetzt.

Erfunden wurde die Sportart von Kletterern in den USA, die bei schlechtem Wetter ihre Ausrüstung zwischen Bäumen aufspannten und darauf balancierten. Freudigmann und Käding griffen die Idee mit der lockeren Leine (Englisch: slackline) in Stuttgart auf, stiegen aber auf die breiteren Gurte um, die seitdem den Sport bestimmen. „In seiner heutigen Form haben wir Slacklining erfunden“, sagt Freudigmann, „und jedes Mal, wenn wir in einem Park eine Line aufgespannt haben, sind die Leute stehen geblieben und wollten es auch mal ausprobieren.“ Die beiden begannen, den neuen Sport auf der ganzen Welt bekannt zu machen, vor allem über Videos auf einem eigenen Youtube-Kanal. „Das hat eingeschlagen wie eine Bombe“, erinnert sich Freudigmann. Sogar die Sängerin Madonna baute einen Slackliner in ihrer Halbzeitshow des Super Bowls im Jahr 2012 ein, den alleine in den USA fast 112 Millionen sahen.

Marktführer für Slacklines

Mittlerweile vertreibt Robert Käding mit einer eigens gegründeten Firma die Marke Gibbon Slacklines in die ganze Welt, nach eigener Aussage als Marktführer. Auch einen internationalen Verband gibt es: Die International Slackline Association will den Sport weiter professionalisieren. Sie führt eine internationale Rangliste der besten Athleten und hat Kriterien festgelegt, nach denen Wettkämpfe bewertet werden. Entscheidend sind die Schwierigkeit der Tricks und die Vielfalt der Choreografie.

So auch auf dem Kessel-Festival. Neben den Wettkämpfen der Weltmeisterschaft wird es für Festivalbesucher die Möglichkeit geben, sich auf der Slackline zu versuchen. Salti schlagen muss man dabei nicht. „Die meisten Leute laufen einfach auf der Line und versuchen vielleicht, sich auf ihr hinzusetzen“, erklärt Freudigmann. „Das ist aber auch schon ein ganzheitliches Körpertraining. Als ich das zum ersten Mal gemacht habe, hatte ich danach am ganzen Körper Muskelkater.“ Ausreden will er keine zählen lassen: „Niemand ist zu unsportlich zum Slacklinen. Ich habe das schon 75-Jährigen beigebracht, das ist gar kein Problem.“ Außerdem gibt es einen Anreiz: Die Global City Balance Challenge. Dabei wird gezählt, wie viele Menschen bei einem Event mindestens zehn Sekunden auf einer Slackline balancieren können. Neben dem Kessel-Festival findet die Challenge in diesem Jahr unter anderem in München und Tokio statt.

Das Programm des Kessel-festivals am Wochenende

Wetter und Anreise
Quer durch die Stadt leuchten die gelben Plakate. Als wär’s so vereinbart, hält sich wohl auch die Sonne an die Vorgabe, an diesem Wochenende hell und gelb über dem ersten Kessel-Festival auf dem Wasen zu strahlen. „Am Sonntag soll es bis zu 28 Grad warm werden“, freut sich Veranstalter Christian Doll. Sein Rat an die Besucher: „Ganz wichtig ist, dass man einen Sonnenhut oder einen Sonnenschirm mitbringt und sich mit Sonnenmilch eincremt.“ Da gleichzeitig DJ Bobo in der Porsche-Arena singt, sollte man besser mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad kommen, bittet der Veranstalter. Für beide Tage sind bereits jeweils 10 000 Karten verkauft.

Angebot
Das Kessel-Festival ist ein neues Festival, das Musik, Sport, Familie, Kultur und Nachhaltigkeit vereinen will und zum ersten Mal auf dem Wasen, im Reitstadion und auf dem Neckar stattfindet. Seit Montag dieser Woche wird die Hauptbühne aufgebaut, die sich auf Höhe des Verwaltungsgebäudes befindet. Es gibt auch eine Nachwuchsbühne für Newcomer, Sport- und Funsportbereiche zum Mitmachen und Zuschauen sowie ein interaktives Kinder- und Familienprogramm. Zum ersten Mal findet der Übermorgen-Markt nicht auf dem Marienplatz statt, sondern ist im Kesselfestival integriert.

Bühnenprogramm
Am ersten Tag des Festivals, am Samstag, 1. Juni: 13 bis 14 Uhr: Antiheld, 15 bis 16 Uhr: Granada, 17 bis 18 Uhr: Maximo Park, 19 bis 20 Uhr: Left Boy, 21 bis 22 .30 Uhr: Samy Deluxe mit seinem Programm SaMTV Unplugged.

Zweiter Tag
Sonntag, 2. Juni: 13 bis 14 Uhr: Megaloh, 15 bis 16 Uhr: Tom Gregory, 17 bis 18 Uhr: Namika, 19 bis 20 Uhr: Max Giesinger, 21 bis 22.30 Uhr: Wanda.

Kombi-Ticket
Die Eintrittskarten berechtigen am Veranstaltungstag zur Fahrt zum Veranstaltungsort mit allen VVS- und SSB-Verkehrsmitteln (2. Klasse) ab 3 Stunden vor Veranstaltungsbeginn und zur Rückfahrt bis Betriebsschluss (einschließlich Nachtbusse).

Vorverkauf
Vorverkaufstickets sind das ganze Wochenende noch online erhältlich unter: https://www.kesselfestival.de/tickets. Auch an der Tageskasse gibt es noch Karten.ubo