Stufe um Stufe geht der Rechtsstreit um den vom Betrieb des Bürgerhauses zu erwartenden Lärm den Instanzenweg nach oben. Foto: Patricia Sigerist

Die Baugenehmigung für das Bürgerhaus ist rechtmäßig, bis auf einige Nebenbestimmungen. Nur überlaute seltene Ereignisse sind vorerst nicht erlaubt.

Rommelshausen - Wenn, wie unter Juristen üblich, an der Kostenentscheidung eines Gerichts abzulesen ist, ob Kläger oder Beklagte den Rechtsstreit gewonnen haben, dann ist in der Sache um die Baugenehmigung fürs Bürgerhaus und den drohenden Lärm durch seinen Betrieb eine Niederlage der Nachbarn erkennbar: Überwiegend hat Richter Sachsenmaier im Verwaltungsgericht Stuttgart der Gemeinde Kernen und dem Landratsamt Recht gegeben. Die Kläger, Eigentümer des Gebäudes Stettener Straße 6, müssen drei Viertel der Gerichtskosten tragen, das Landratsamt als Baurechtsbehörde sowie die Gemeinde Kernen je ein Achtel.

„Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Grunde abgewiesen mit Ausnahme einiger Nebenbestimmungen“, sagt Helmut Schuster, der das Landratsamt und die Gemeinde Kernen vor Gericht vertritt. Der Rechtsstreit geht aber voraussichtlich auch in der Hauptsache in eine weitere Runde, wie zuvor schon im Eilverfahren, vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim. Denn Bürgermeister Stefan Altenberger reicht der Teilsieg nicht. Er hat den Rechtsanwalt der Gemeinde, Helmut Schuster, bereits beauftragt, wie dieser mitteilt, eine Berufung einzulegen. Richter Sachsenmaier hat sie in seinem jetzt bekannt gewordenen Urteil ausdrücklich zugelassen. Das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig.

Die Gemeinde hat die jetzt gekippten Regelungen zu den so genannten seltenen Ereignissen mit Bedacht gewählt.

Die Gemeinde Kernen hat die jetzt gekippten Regelungen zu den so genannten seltenen Ereignissen mit Bedacht gewählt. Diese jährlich zehn besonders lauten Ereignisse, die die so genannte Freizeitrichtlinie Bürgern als Veranstalter zubilligt, sollen nach wie vor den Rahmen bilden, der im Ortskern Rommelshausens zulässig ist. „Unser Ziel ist, dass die seltenen Ereignisse weiterhin möglich werden, auch wenn sie nach dem Urteil in der Baugenehmigung nicht geregelt sind.“ Schuster setzt dabei auf den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, der bereits im vorherigen Eilverfahren anders entschieden hat als das Verwaltungsgericht Stuttgart.

Die auf den ersten Blick unterlegene Seite zeigt sich dagegen nicht unzufrieden mit dem Urteil: „Ich gebe zu, dass das Urteil zunächst optisch für die Gemeinde gut aussieht. Aber tatsächlich sehe ich uns als die Begünstigten an“, sagt der Rechtsanwalt der Grundstückseigentümer, Marc Wennberg. Denn gerade auf Grenzen für die Belastung der Nachbarn durch die seltenen Ereignisse kommt es den Klägern an. Vor allem sind diese in den Nebenbestimmungen der Baugenehmigung nach Ansicht des Gerichts nicht klar genug gefasst. Veranstaltungen, die das Privileg der Freizeitrichtlinie mit weiter gefassten Lärmgrenzen in Anspruch nehmen, müssen für die betroffenen Nachbarn vorhersehbar sein, sagt das Gericht. „Dementsprechend ist die Art und Zahl der seltenen Ereignisse in der Baugenehmigung korket festzusetzen“, fordert Richter Sachsenmaier. Die dort genannten Lärmbelästigungen seien nicht durchweg vorhersehbare Ereignisse, die vom Zeitpunkt her bekannt sind.

Laut Klägeranwalt spricht einiges dafür, dass sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Klägerseite schlägt

Rechtsanwalt Schuster erwartet, dass der Verwaltungsgerichtshof diese Einschränkung entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung kippt. Klägeranwalt Marc Wennberg weist dagegen darauf hin, dass sich Richter Sachsenmaier mit seiner Auffassung im Einklang mit der Mehrheit der übrigen Oberverwaltungsgerichte wähnt. Es spricht laut Wennberg daher einiges dafür, dass sich das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz auf die Klägerseite schlägt. Er rechnet deswegen damit, dass seine Mandanten dorthin weiterziehen, wenn der Verwaltungsgerichtshof die Bestimmungen zu den seltenen Ereignissen wieder in die Baugenehmigung einfügt.

Aber auch abgesehen davon, können die Kläger laut ihrem Rechtsvertreter mit dem Verlauf des Rechtsstreit durchaus ein Stück weit zufrieden sein, weil sie wesentliche Ziele erreicht haben: „Die Baugenehmigung ist bereits im Vorfeld in erheblicher Weise nachgebessert worden. Es ist schon eine Menge erreicht in punkto Lärmschutz.“

Sollte es tatsächlich bei einer Baugenehmigung fürs Bürgerhaus ohne Regelungen für seltene Ereignisse bleiben, muss sich die Gemeinde Kernen Gedanken über die Römer Kirbe machen. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass die Traditionsveranstaltung verboten wird. Aber „im schlimmsten Fall müsste die Gemeinde Kernen fürs Bürgerhaus nochmals einen Bauantrag einreichen, der dann weniger seltene Ereignisse oder eine strengere Handhabung von diesen vorsieht“, meint Wennberg.