Stihl streicht Stellen, Bosch macht dicht. Da ist die Ansiedlung der japanischen Firma Kyocera in Waiblingen ein Lichtblick. Beim Bahnhof werden künftig Keramikimplantate produziert.
Nur ein Jahr nach dem ersten Spatenstich ist am Mittwoch in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) unweit des Bahnhofs ein neuer Standort der japanischen Kyocera-Gruppe eingeweiht worden. In dem Produktionszentrum mit einer Gesamtfläche von knapp 11 000 Quadratmetern wird das neu gegründete Unternehmen Kyocera Medical Corporation (KMD) hochwertige Keramikimplantate herstellen, zum Beispiel keramische Hüftköpfe, die in Hüftgelenksprothesen zum Einsatz kommen. Im ersten Quartal des kommenden Jahres soll dann die Serienfertigung auf dem Areal des Technologie- und Zukunftsparks Hess beginnen.
Während die Gäste am Mittwochnachmittag vor dem Eingang Schlange standen, legten in anderen Bereichen des Gebäudes Fliesenleger und ein Trupp Fensterreiniger letzte Hand an. Architekt Jörg Wolf berichtete, am Morgen seien noch 800 Quadratmeter Rollrasen ums Gebäude herum verlegt und ein Teil der Wände gestrichen worden. Auch in der Produktionshalle gibt es noch manches zu tun – in einem Bereich stapelten sich beispielsweise Paletten. Beim Rundgang konnten sich die Gäste dennoch schon ein Bild von der zukünftigen Produktion machen, weil etliche Maschinen bereits aufgebaut waren.
Dazu gehörte auch die der Firma Frey aus dem bayrischen Lenggries. „Hier beginnt der erste Schritt der Produktion“, erklärte Mitarbeiter Michael Weigl. An dieser Station werde eine Keramikmischung in Pulverform unter extrem hohem Druck vollautomatisch zu stabilen Kugeln in verschiedenen Größen gepresst. „Die kann man auf den Boden werfen und es passiert nichts“, versicherte Weigl. Die Kugeln werden von einem Roboter zur nächsten Station gefahren. „Wir bearbeiten die Kugeln, sodass sie die gewünschte Größe und ein Loch an der Seite haben“, berichtete Jörn Maier, einer der Geschäftsführer der Firma Spinner Automation aus Markgröningen. Auch das läuft vollautomatisch. Das sei ein großes Plus, sagt Jörn Maier: „Alle Firmen haben das Problem, dass sie fast kein Personal bekommen. Und sie stehen im Wettbewerb mit Asien.“ Die Keramikkugeln wandern dann mit Hilfe eines Roboters weiter von Station zu Station, werden in einem Ofen gehärtet, mit einer Seriennummer versehen und vermessen.
Fertigung bei Kyocera läuft vollautomatisch
Bis zu 200 neue Arbeitsplätze könnten am Standort entstehen, sagte Bauherr Joachim Ebner vom gleichnamigen Immobilienunternehmen. Mit dem neuen Produktionsstandort an der Maybachstraße habe man „ein Stück Zukunft“ in Waiblingen gebaut und leiste zudem einen Beitrag für eine bessere Gesundheit vieler Menschen. Ebner dankte der Familie Hess, die Grundstücke ihres Zukunfts- und Technologieparks eigentlich nur in Erbpacht vergibt, in diesem Fall aber ausnahmsweise verkauft hat. Den Standort bezeichnete der Architekt Jörg Wolf als „ideal“, daher habe er das Rennen unter sechs Standorten im Landkreis gemacht, die in der engeren Auswahl landeten.
Bosch in Waiblingen schließt, Kyocera öffnet
Ein Glück für die Stadt Waiblingen, wie auch Waiblingens Oberbürgermeister Sebastian Wolf betonte. Im Hinblick auf die schlechten Nachrichten der vergangenen Woche – die Schließung des Bosch-Werks am Standort Waiblingen – sei die Neueröffnung des Kyocera-Werks eine „wichtige Botschaft“ und „ein Signal, das richtig gut tut“. Wolf erwähnte auch die kurze Bauzeit: „Alle haben zusammen geholfen, dass es so schnell gehen konnte“, und hob die „beeindruckende Gemeinschaftsleistung“ hervor.
Michinori Yamada von der Kyocera-Gruppe sprach vom neuen Werk als einem „wichtigen Meilenstein“ und betonte, die Feinkeramik sei schon immer ein Geschäftsbereich von Kyocera gewesen. Dank ihrer guten Verträglichkeit und des geringen Verschleißes sei sie bestens geeignet, um hochwertige Keramikimplantate daraus anzufertigen. „Diese Fabrik soll ein Motor für Gesundheit und Fortschritt werden“, sagte der Geschäftsführer Carsten Russner, In Waiblingen würden nun medizinische Implantate hergestellt, die das Leben erleichterten: „Hier wird Hoffnung für Patienten produziert.“