In Rheinland-Pfalz bereits üblich: Nummern für Polizisten geschlossener Einheiten Foto: dpa

Rheinland-Pfalz hat sie bereits, Hessen erhält sie demnächst, und Baden-Württemberg plant sie für 2015: Nummern für Polizeibeamte in Großeinsätzen. Gewerkschaften und Opposition halten sie dennoch für falsch.

Stuttgart - Trotz persönlicher Vorbehalte will Innenminister Reinhold Gall die zwischen Grünen und SPD vereinbarte Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte demnächst umsetzen. Eine Arbeitsgruppe solle dazu jetzt Vorschläge unterbreiten, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. „Ich habe immer betont, dass die anonymisierte Kennzeichnungspflicht für Polizisten geschlossener Einheiten nicht die höchste Priorität auf meiner Agenda genießt.“ Nachdem aber bereits fünf Bundesländer eine solche Pflicht eingeführt hätten und sich drei weitere damit beschäftigten, sei dies auch für den Südwesten sinnvoll.

Die hessische Landesregierung hatte kurz vor Weihnachten bekannt gegeben, dass die Polizei in „geschlossenen Einsätzen“ mit einer individuellen fünfstelligen Nummer sowie einem vorangestellten Länderkürzel HE gekennzeichnet wird. Diese Nummern sollen Namensschilder und taktische Kennzeichnungen nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Um die Identifizierung von Außenstehenden zu verhindern, kann jede Polizeibeamtin und jeder Beamte vor jedem Einsatz zwischen jeweils drei Nummern wählen. Dies diene dem Schutz der Beamten, sagte der hessische Innenminister.

Da baden-württembergische Polizisten ihre Kollegen in Rheinland-Pfalz und Hessen häufig unterstützten, sollten nach Galls Ansicht alle Polizisten solche Nummern tragen – oder gar keiner. Im August hatte der SPD-Politiker noch erklärt, wenn es nach ihm ginge, könne die Polizei auf eine Kennzeichnungspflicht verzichten.

Die Landtags-CDU zeigte sich am Montag denn auch enttäuscht von seinem Kurs: „Gall hat sich erneut nicht durchsetzen können und knickt vor den Grünen ein“, sagte der innenpolitische Sprecher Thomas Blenke unserer Zeitung. Dass anderen Länder zu diesem Instrument greifen, sei kein Grund, dies ebenfalls zu tun, schließlich herrsche bei der Polizei Länderhoheit.

Blenke erneuerte seine Kritik an der Kennzeichnungspflicht. Es sei keine einzige polizeiliche Verfehlung bekannt, die nicht geahndet werden konnte, weil die Identifizierung gescheitert wäre. Außerdem würden Polizeibeamte mit einer Nummer einem Generalverdacht ausgesetzt. „Der ist nicht gerechtfertigt“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sieht darin ein grün-rotes Entgegenkommen an die Kritiker des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21. Die Diskussion um eine Kennzeichnungspflicht war nicht zuletzt nach der Räumung des Stuttgarter Schlossgartens am sogenannten Schwarzen Donnerstag im September 2010 aufgekommen.

Die Polizeigewerkschaften in Bund und Ländern wenden sich massiv gegen eine Pflicht für Polizisten, individuelle Nummern zu tragen. Sie sehen unter anderem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt und befürchten außerdem, dass die Identität von Polizisten ausgeforscht werden kann, um diese im Privatleben zu behelligen. Etwaiges Fehlverhalten einzelner Beamter sei schon bisher leicht ermittelbar, weil die Polizei selbst Einsätze mit Videokameras dokumentiere.

„Möglicherweise ziehen wir eine Klage in Erwägung“, kündigte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lautensack, eine rechtliche Überprüfung an. Die Frage sei, ob die Persönlichkeitsrechte der Beamten verletzt würden. Auch der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Rüdiger Seidenspinner, erneuerte seine Kritik an der Absicht der Landesregierung.

Die Grünen hingegen begrüßten am Montag Galls Ankündigung. Die Kennzeichnung sei „ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz und Bürgernähe“, sagte der Landesvorsitzende Oliver Hildenbrand. „Schwarze Schafe“ bei der Polizei könnten im Bedarfsfall leichter identifiziert und zur Verantwortung gezogen werden. Dadurch werde das gute Ansehen der Beamten und das Vertrauen in polizeiliches Handeln weiter gestärkt.

„Die Kennzeichnung von geschlossenen Polizeieinheiten ist für uns lediglich ein weiterer Bestandteil eines bürgernahen Selbstverständnisses der Polizei“, sagte Grünen-Fraktionsvize Uli Sckerl. Es gehe ausdrücklich nicht um Misstrauen.

In Rheinland-Pfalz tragen Polizeibeamte in geschlossenen Einheiten seit Anfang 2014 eine fünfstellige Nummer. Auch Berlin, Bremen und Brandenburg haben diese Vorschrift. In Hessen soll sie von Februar 2015 an gelten. Die Regierungen in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben ebenfalls die Absicht geäußert, Polizisten zu kennzeichnen.

Wo es eine solche Pflicht gibt, haben die Beamten mehrere Nummern zur freien Auswahl. Sie können sie tauschen oder sich eine neue geben lassen, wenn sie eine alte Nummer für „verbrannt“ halten – wenn also Gefahr besteht, dass man sie unbefugt identifiziert hat.