Tanzen, feiern und vielleicht die große Liebe finden – das alles ist bei der Kennenlernparty zum Verlieben möglich. Foto: Sybille Neth

Die Diakonie Stetten richtet eine Kennenlernparty zum Verlieben für geistig behinderte Menschen aus. Es gibt Ansteckherzen, Rosen und eine Liebeswand. Bei dieser Veranstaltung hat sich schon so manches Paar kennengelernt.

S-Mitte - Die Flügel aus weißen Federn wippen beim Tanzen leicht mit und auch sonst ist Jasmin Krautheim an diesem Abend ganz in Weiß. Die angehende Heilerziehungspflegerin fungiert als Liebesengel bei der Kennenlernparty zum Verlieben für behinderte Menschen. Einmal im Jahr laden die Offenen Hilfen der Diakonie Stetten mit Sitz in der Fritz-Elsas-Straße zu einem Abend zum Anbandeln ein. Dieses Jahr fiel er er zufällig auf den Valentinstag und DJ Paul lockte erfolgreich die 110 Gäste mit gemäßigter, tanzbarer Musik von ihren Stühlen.

Bei sehr schüchternen Gästen hilft Jasmin Krautheim und fordert sie zum Tanzen auf. Außer ihr ist noch ein zweiter Liebesengel bei der geschlossenen Gesellschaft im Jugendhaus Mitte unterwegs. Sie helfen zum Beispiel, wenn jemand von Amors Pfeil getroffen wurde, sich aber nicht traut, die oder den Angebeteten anzusprechen. „Für diese Fälle haben wir unsere Liebeswand“, erklärt Dagmar Allar von den Offenen Hilfen in ihrer Begrüßungsrede. Sie deutet auf eine Wand, die bestückt ist mit Briefumschlägen, die darauf warten, dass jemand eine Nachricht hineinsteckt. Jeder Umschlag trägt eine Nummer und jeder Gast trägt ebenfalls eine Nummer auf einem roten Ansteckherz. So können sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen schriftlich eine Botschaft schreiben – und beim Formulieren hilft auf Wunsch Jasmin Krautheim in ihrer Engelsfunktion.

Rosen und alkoholfreie Getränke

„Wir wollen Party“, ruft ein junger Mann aus dem Publikum freudig – und bevor es losgeht, hat Dagmar Allar hat noch einen letzten Tipp: „Im Foyer neben der Bar mit alkoholfreien Getränken gibt es Rosen. Falls ihr jemanden kennenlernen wollt, könnt ihr eine Rose schenken.“ Und eine der Teilnehmerinnen hält schon kurz darauf gleich zwei rosa Rosen in der Hand.

„Es gibt einen sehr großes Interesse unter den behinderten Menschen, einen Partner kennen zu lernen“, sagt Dagmar Allar, die die Party ausrichtet. Zielgruppe sind Menschen mit einer geistigen Behinderung, die im Alltag einen eingeschränkten Aktionsradius haben. „Hier haben sie die Gelegenheit, auch mal andere Leute zu treffen, die nicht in der gleichen Werkstatt wie sie selbst arbeiten.“ Angereist sind die Partygäste aus Einrichtungen aus der ganzen Region. „Viele kommen aber auch hierher, einfach nur um zu feiern, denn für Behinderte ist es schwierig, in eine Disco zu gehen“, charakterisiert Allar den übergreifenden Zweck der Party. Aber tatsächlich haben sich in den zurückliegenden Jahren auch einige Paare gefunden.

15 Männern musste abgesagt werden

Alle 110 Gäste mussten sich anmelden, und damit der Männerüberschuss nicht zu groß wird, mussten die Offenen Hilfen 15 Männern absagen. Jürgen Schaaf, der bei pro familia für die Beratungsangebote für behinderte Menschen zuständig ist, kann die Ursachen des Frauenmangels erklären: „Bei behinderten Mädchen und Frauen sind Betreuer und Eltern besonders ängstlich und kritisch, wenn der Wunsch nach einem Partner geäußert wird.“ Außerdem seien viele weibliche Behinderte zu ängstlich, um an einer solchen Party teilzunehmen: „Wir müssen uns noch überlegen, wie wir bei solchen Veranstaltungen auftreten können.“ Ein Informationsstand wie beim Southside-Festival, wo tausende Kondome verteilt werden, wäre sicher nicht das Richtige. Das findet auch Dagmar Allar: „Das wäre bei diesem Anlass zu viel.“

Im Vorfeld der musikalischen Partnervermittlung wurden die Betreuer jedoch aufgefordert, im persönlichen Gespräch Aufklärungsarbeit zu leisten. Und die Partymacherin verweist darauf: „Wenn sich zwei finden, kümmern sich die Assistenten darum, wie es weitergeht.“