Kenias umstrittener Staatschef Uhuru Kenyatta Foto: AP

Unter dem Deckmantel des Anti-Terrorkampfes entzieht Kenias Präsident Kenyatta 510 Nichtregierungsorganisationen die Lizenz. Tatsächlich revanchiert er sich für die Unterstützung der Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen ihn.

Nairobi - Kenias Regierung verkauft den jüngsten Eingriff in die Zivilgesellschaft als erfolgreichen Schlag im Kampf gegen den Terrorismus. 15 Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hätten Anschläge mitfinanziert, hieß es, man habe die Konten eingefroren und den ausländischen Angestellten die Arbeitsgenehmigungen entzogen. Einigen der namentlich nicht genannten Organisationen könne man dank „in- und ausländischer Geheimdienste“ Verbindungen mit den Anschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahr 1998 nachweisen, teilte der Direktor des zuständigen Regierungsgremiums, Fazul Mohamed, mit. „Sie kommen hierher und behaupten, dass sie unseren Kindern zu essen geben“, sagte er, „stattdessen töten sie.“

Die Maßnahme passt auf den ersten Blick ins Bild. Erst in der vergangenen Woche wurde eine Verschärfung des Anti-Terror-Gesetzes verabschiedet, das nun die Inhaftierung von Terrorverdächtigen bis zu einem Jahr, Abhörmaßnahmen ohne gerichtliche Genehmigung und Restriktionen gegen Journalisten ermöglicht. Doch die Regierung entzog am Montag kurzerhand 495 weiteren Organisationen mit sofortiger Wirkung ebenfalls die Lizenz. Sie hätten es versäumt, ihre Finanzberichte einzureichen, so die Begründung.

Beobachter wittern daher eine Offensive der Regierung des vor kurzem noch vor dem Internationalen Strafgerichtshof angeklagten Präsidenten Uhuru Kenyatta gegen seine Kritiker. „Das ist die Eskalation der seit langem gestörten Beziehungen zwischen den NGOs und Kenyatta“, sagt Tom Mboya, der das Parlament in Antikorruptionsbemühungen beraten hat. Die Regierung werfe der Zivilgesellschaft Kooperation bei den Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshof vor.

Dabei ist eine strengere Überwachung der rund 3000 NGOs in Kenia durchaus angebracht. Mboya geht davon aus, dass sich auf der Liste tatsächlich einige Namen befinden, hinter denen nicht mehr als ein Briefkasten steckt. Vereinzelte Organisationen bringen zudem den Sektor in Verruf.

Auch die Finanzierung des NGO-Sektors ist in Kenia oft wenig transparent. Besonders aus den USA flossen in den vergangenen Jahren auffällig hohe Summen an christliche Organisationen, die enge Beziehungen zu Politikern pflegen. Zuletzt stiegen auch die Zahlungen aus dem arabischen Raum an muslimische Organisationen, was die Regierung reflexartig als terroristische Bedrohung interpretiert. Eine umstrittene Gesetzesänderung, mit der die ausländische Finanzierung von NGOs auf 15 Prozent reduziert werden soll, steht kurz vor der Verabschiedung.

Der Suspendierung der 510 Organisationen basiert jedoch eher auf Schikane als auf gesetzlichen Grundlagen. Die Registrierungsauflagen wurden kurzfristig geändert. Auch eine Frist, in der die betroffenen Organisationen die Gültigkeit ihrer Papiere hätten nachweisen können, gab es nicht.

Wissen, was wichtig ist – abonnieren Sie hier den StN-Newsletter