In Deutschland stehen sehr viele Taxis der Marke Mercedes in Farbe Elfenbein zur Verfügung. Foto: imago/Marius Schwarz

Mercedes-Benz und die Taxibranche – das war über Jahrzehnte eine schier untrennbare Verbindung. Doch das Verhältnis kühlt immer mehr ab. Jetzt bestätigt der Stuttgarter Autobauer den nächsten Schlag für die Taxler – und die sind richtig sauer.

Wer in Deutschland in ein Taxi steigt, sitzt sehr oft in einem Mercedes, Farbe Elfenbein. Weit mehr als die Hälfte der Fahrzeuge trägt einen Stern. Besonders beliebt bei den Unternehmen und den Kunden: die komfortable E-Klasse. Auch die kleinere B-Klasse wird gern genutzt. Doch beides gehört bald der Vergangenheit an. Denn der Autobauer wird die Fahrzeuge künftig nicht mehr als Taxiversion anbieten.

Das teilt der Konzern diversen Kunden inzwischen offenbar schon mit. Auf Anfrage bestätigt ein Vertriebssprecher von Mercedes-Benz Cars unserer Zeitung diesen Schritt. „Unsere Marktanalysen haben ergeben, dass in der Personenbeförderung künftig insbesondere die Nachfrage nach geräumigen, multifunktionalen Fahrzeugen mit höherem Einstieg und bis zu sieben Sitzplätzen weiter steigen wird“, sagt er.

Mit V-Klasse, dem EQV, dem Vito Tourer und dem eVito Tourer bediene man dieses Segment bereits erfolgreich. „Auf diesen Erfolgen werden wir aufbauen und unser Portfolio im Taxi- und Mietwagen-Bereich konsequent auf unsere Van-Produkte fokussieren. Mit dem Modellwechsel der aktuellen E-Klasse und mit der Modellpflege der aktuellen B-Klasse wird das heutige Taxipaket nicht mehr zur Verfügung stehen“, so der Sprecher. Wann genau das sein wird, könne man noch nicht genau sagen – es dürfte aber im nächsten Jahr so weit sein.

Mercedes weist auf Rückgänge hin

Bei Mercedes führt man an, dass auch die jüngsten Erfahrungen für diesen Schritt sprächen. „Während die Nachfrage bei unseren geräumigen Taximodellen stetig gestiegen ist, sind die Absätze der E- und B-Klasse als Taximodell allein in den vergangen vier Jahren um 75 Prozent zurückgegangen“, heißt es beim Vertrieb. Allerdings waren gerade die vergangenen zwei Jahre durch die Pandemie extrem schwierig für die Taxibranche. Viele Betriebe haben Neuanschaffungen zunächst einmal zurückgestellt.

Im Taxigewerbe ist man angesichts des Schritts ziemlich fassungslos. Man könne sich nicht vorstellen, dass Mercedes-Benz sich diesen Markt nehmen lasse, heißt es hinter vorgehaltener Hand. „Wir beobachten diese Entwicklung sehr genau. Zwischen Mercedes und dem Taxi-Gewerbe gibt es eine äußerst lange und fruchtbare Zusammenarbeit“, kommentiert man offiziell beim Bundesverband Taxi und Mietwagen. Mercedes spreche von einer Sondierungsphase. „Wir bleiben im Gespräch und wollen natürlich gern weiter zusammenarbeiten“, so ein Sprecher.

Krisengespräch mit Verband

Deutlicher wird man da beim konkurrierenden Taxi- und Mietwagenverband Deutschland. Dort hat man einen geharnischten Brief an Mercedes-Chef Ola Källenius geschrieben und die Entscheidung unter anderem als „katastrophal“ bezeichnet. Der Konzern hat inzwischen reagiert: Am 23. März soll es ein klärendes Gespräch geben.

Auch am Mercedes-Unternehmenssitz erntet der Autobauer viel Kopfschütteln für seine Entscheidung. „So langsam verabschiedet sich Mercedes-Benz wohl von der Taxibranche“, sagt Iordanis Georgiadis vom Vorstand des Stuttgarter Taxiverbandes. Offenbar wolle Mercedes jetzt nur noch die Bestände bei E- und B-Klasse abverkaufen und danach ausschließlich Van-Modelle anbieten. „Man hört den Ärger darüber gerade von allen Seiten. Wir als Unternehmer sagen dann eben: Wenn Mercedes uns nicht mehr will, müssen wir uns in Richtung anderer Hersteller umorientieren“, so Georgiadis.

Verhältnis kühlt immer mehr ab

Für die Taxler ist die Entscheidung nicht die erste des Konzerns, die Ärger hervorruft. Das einst sehr enge Verhältnis der beiden Partner ist schon in den vergangenen Jahren schrittweise abgekühlt. Immer wieder fühlte man sich attackiert. Die bisher günstige Finanzierung der Fahrzeuge etwa ist bereits Anfang März ausgelaufen, seither fallen höhere Zinsen an. Als Daimler vor einigen Jahren eine eigene App zur Taxibestellung auf den Markt brachte und damit in Konkurrenz zu den Vermittlungsangeboten der Taxi-Zentralen ging, sah man sich in mehreren Städten sogar vor Gericht. Der Grund: Daimler hatte hohe Rabatte für Kunden ausgelobt, gegen die die Taxi-Zentralen zu Felde zogen.

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Beim Autobauer betont man trotz der Irritationen, keinesfalls ganz aus dem Taxigeschäft aussteigen zu wollen. „Wir optimieren gegenwärtig unsere Ausrichtung an den Bedürfnissen des Taxigewerbes, um sicherzustellen, dass wir den Anforderungen dieses wichtigen Marktsegments auch in Zukunft gerecht werden“, sagt der Vertriebssprecher. In der betroffenen Branche sieht man das offenbar anders.