Die Kundenfrequenz in der City könnte bald wieder besser werden. Foto: 7aktuell/Daniel Jüptner

Die Kunden freuen sich über den Wegfall der 3G-Regelung, und die Händler hoffen auf bessere Geschäfte spätestens vom Wochenende an.

Stuttgart - Seit Mittwoch dürfen die Kunden einfach wieder in die Läden marschieren, ohne vorher in der Tasche nach dem Handy mit dem digitalen Impfnachweis und dem Geldbeutel mit dem Personalausweis kramen zu müssen. Über die Abschaffung der 3G-Regelung in Alarmstufe I in der neuen Coronaverordnung sind auch die Händler in der City erleichtert.

„Meine Mitarbeiter freuen sich wie Bolle – und die Kunden auch“, sagt Rainer Bartle, der Geschäftsführer von Wittwer-Thalia. Der Buchhändler hofft nun, „dass die Leidenszeit für uns vorbei ist“ und der Frühling dem Handel eine unbeschwertere Zeit beschere.

Auch bei Breuninger ist man sehr erleichtert darüber, „dass die Kunden wieder ganz spontan einkaufen gehen können“, so Andrea Girsch, die Geschäftsführerin des Stammhauses Stuttgart. Man rechne zum Wochenende mit einem Anstieg der Frequenz, zumal die ersten Kunden bereits am Dienstag den Beschäftigten „sehr erfreut“ von der neuen Regelung berichtet hätten. „Diese Reaktion hat uns positiv überrascht und für zusätzliche Motivation im Team gesorgt“, meint Girsch.

Starkes positives Signal

„Das ist ein starkes positives Signal für unsere Kunden wie für unsere Mitarbeiter. Jetzt müssen sie keine Nachweise mehr kontrollieren, sondern dürfen wieder Taschen verkaufen“, sagt Christoph Achenbach, der Geschäftsführer von Lederwaren Acker. Die Kunden brauchen ein paar Tage, um sich auf die neue Regelung einzustellen, so seine Erfahrung seit Beginn der Pandemie. „Aber wir spüren jede Erleichterung.“ Derzeit habe man 35 Prozent weniger Umsatz. „Das holen wir nie mehr auf“, meint der Geschäftsführer, der hofft, dass es im Herbst und Winter nicht wieder Einschränkungen geben wird. „Irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht.“

Für Florian Henneka kam die Abschaffung der 3G-Regel überraschend. „Wir haben nicht wirklich damit gerechnet“, sagt der Geschäftsführer von Korbmayer. Umso erfreulicher sei es, dass man nun nicht mehr „Türsteher spielen“ müsse. Beide Händler berichten, dass schon in den vergangenen Tagen die City wieder voller gewesen sei. Nun hoffen sie, dass der Wegfall der Kontrollen, gepaart mit dem wärmeren Wetter für Kauflaune sorgen wird. Henneka rechnet mit einer deutlichen Frequenzsteigerung in den nächsten ein bis zwei Wochen. Wirklich gut funktioniert seiner Meinung nach der „Mikrokosmos Innenstadt“ allerdings erst dann wieder, wenn es für alle Betriebe Lockerungen gebe.

Guter Zwischenschritt

Von einem „guten Zwischenschritt“ spricht denn auch der City-Manager Sven Hahn. Die Beschränkungen in der Gastronomie und im Kulturbetrieb blieben erhalten, das Nachtleben sei weiterhin tot, und die Veranstaltungen hätten „extreme Obergrenzen“: Da müsse „dringend gelockert werden“. Die Innenstadt brauche unbedingt Großveranstaltungen wie das Trickfilmfestival oder die Jazz Open, denn sie lockten Menschen an von weiter her.

Auch der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) begrüßt „ausdrücklich“ die Entscheidung der Landesregierung, die 3G-Regelung abzuschaffen. Die 24 Monate der Einschränkungen hätten massive Umsatzeinbrüche und existenzbedrohende Ertragsverluste zur Folge gehabt, schreibt der HBW in einer Pressemitteilung. Der Verband untermauert dies mit Zahlen aus einer aktuellen Umfrage, an der sich rund 400 Betriebe beteiligt haben. Sie gaben einen monatlichen Umsatzverlust von durchschnittlich 29 Prozent an, im Textileinzelhandel sogar von durchschnittlich 37 Prozent. Der monatliche Ertragsverlust habe im selben Zeitraum aufgrund der aufwendigen Kontrollmaßnahmen durchschnittlich 35 Prozent betragen, im Textileinzelhandel sogar 44 Prozent.

Eigenkapital ist aufgebraucht

„Zahlreiche Händlerinnen und Händler mussten, um zu überleben, große Teile des Eigenkapitals aufbrauchen“, sagt Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin des HBW. Dieses Kapital fehle jetzt für dringend notwendige Investitionen in Online-Angebote, Prozessoptimierungen, Personal und Ladenbau. Hagmann fordert, dass die Wirtschaftshilfen für den Einzelhandel angepasst und ergänzt werden müssten. Sie betont aber auch, dass die Lockerung der 3G-Regel eine „gute Entwicklung“ sei. „Wir hoffen, dass die Entscheidung dazu beiträgt, dass auch in den Innenstädten der Region Stuttgart wieder vermehrt Leben einkehrt.“