Beim TSV Bernhausen will man das Freizeitkegeln wiederbeleben. Jochen Köker, der Vorsitzende, und Petra Ullrich aus der Geschäftsstellenleitung freuen sich drauf. Foto: Caroline Holowiecki

Früher war Kegeln ein beliebter Freizeitsport, heute jedoch gehen die Mitgliederzahlen der Vereine zurück. Bahnen werden kaum mehr genutzt oder schließen ganz. Wieso? Und wie kann man die Entwicklung umkehren?

Am 26. Februar und am 26. März geht es rund beim TSV Bernhausen. Ab 16 Uhr findet das „TSV-Kegeln für alle“ statt. Einmal im Monat, immer am letzten Sonntag, rollt die Kugel. Die Idee dahinter: das Kegeln wiederbeleben. Die drei Bahnen im Vereinsheim „Der Grieche am Fleinsbach“ werden von Freizeitgruppen genutzt, „Kegelvereine hat’s hier in der Gegend nicht“, sagt Jochen Köker, der TSV-Vorsitzende. Die Belegung der Bahnen sei „brauchbar, aber nicht übermäßig“. Für Jochen Köker liegt das in der Natur der Sache. Er selbst ist Teil einer Kegelgruppe. Mit 25 habe er dort angefangen, nun sei er 71. Der Sport sei überaltert. „Es ist deutlich weniger geworden“, sagt er.

Das einst so beliebte Kegeln hat zuletzt an Zuspruch verloren. Laut dem Sprecher Michael Hohlfeld kommen dem Deutschen Kegler- und Bowlingbund (DKB) pro Jahr etwa fünf Prozent seiner Mitglieder abhanden, von 2020 auf 2021 ist die Zahl coronabedingt sogar um neun Prozent gesunken. Nikolaos Skalkos, der Wirt im Plattenhardter Höhenrestaurant im Weilerhau, sieht diese Tendenz. Die drei Bahnen im Lokal würden kaum genutzt. „Nicht mehr“, sagt er. Ehemals seien Gruppen zum Kegeln gekommen, „aber die sind alle älter und haben aufgehört seit Corona“. Auch in der Shisha-Bar Sunset in Echterdingen gibt es zwei Kegelbahnen. Sie würden „ab und zu“ von Gruppen für Geburtstage genutzt. „Die sind dann unter sich“, sagt der Betreiber Hasan Senel.

Bowling profitiert vom Amerikanischen

Das Image des Kegelsports gilt als altbacken, viele Bahnen sind rustikal und in Kellern zu finden, als Anhängsel von Vereinslokalen, sagt Hendrik Motzer, der Betreiber der Billard- und Bowling-Lounge Möhringen. Er betont: „Die Entwicklungen des Kegel- und des Billardsports laufen nicht parallel.“ Nach einem Corona-Durchhänger gehe das Geschäft in Möhringen „besser als jemals zuvor“. Ausschließlich Freizeitgruppen kommen hierher. Bowling profitiere vom Amerikanischen, sei moderner: Cocktails, laute Musik bis 3 Uhr morgens, Discoatmosphäre, Schwarzlicht. „Die jungen Leute müssen reinkommen, und es muss ein Gesamtevent sein“, sagt Hendrik Motzer.

Der DKB-Sprecher Michael Hohlfeld weiß um das Problem. Viele Kegelbahnen stammten aus dem Boom der 60er und seien heute sanierungsbedürftig. Die Konsequenz: Nach und nach verschwinden sie. Der TSV Heumaden etwa hat seine ehemalige Anlage schon vor Jahren zum Gymnastik- und Kursraum umgebaut, auch im Waldgasthof Schmellbachtal bei Musberg war früher eine Kegelbahn, sagt Jessica Göthel, die Betreiberin. Sie und ihr Lebensgefährte haben die Immobilie 2021 umgebaut, und im Zuge dessen seien sie auf eine ehemalige Kegelbahn hinter einer Holzwand gestoßen. „Ich fand die Idee ganz lustig und hätte sie gern behalten“, sagt Jessica Göthel, die Bahn sei aber marode gewesen. „Bisher hat tatsächlich noch niemand danach gefragt.“

Der Kegelsport soll wieder „frischer“ werden

Rollt das Kegeln ins Aus? Michael Hohlfeld differenziert. „Die Talfahrt haben wir stoppen können“, sagt er, die Zahlen für 2022 würden bald veröffentlicht und sähen erfreulicher aus. Es gelte, auf den Nachwuchs zu setzen, „wir wissen, dass wir den Mitgliederverlust nur stoppen, wenn wir Jugendliche erreichen“. Er spricht von einem Familiensport, aktuell sei aber jedes fünfte Mitglied im DKB 65 oder älter. Alles müsse etwas frischer werden, etwa durch bessere Homepages.

Der Württembergische Kegler- und Bowling-Verband feiert in diesem Jahr Jubiläum, „da haben wir uns so einiges auf die Agenda geschrieben“, sagt der Präsident Günther Doleschel. Unter anderem soll ein Leitfaden zum Thema Nachwuchsarbeit herausgegeben werden. „Wir wollen den Vereinen etwas an die Hand geben“, sagt er. Auch Günther Doleschel sieht die Notwendigkeit, sich jünger und moderner aufstellen. Gut ein Drittel der Spieler im Verband sei älter als 60. „Discokegeln ist im Kommen, aber da muss der Betreiber ein paar Euro investieren“, sagt er. Gleichwohl betont er: Das schlechte Image habe der Kegelsport zu unrecht. Günther Doleschel war jahrelang Nationaltrainer, „wir sind an der Weltspitze in Deutschland, aber das kommt nirgends, das liest man nirgends“.

Kegeln in Württemberg

100-Jahr-Jubiläum
Der Württembergische Kegler- und Bowling-Verband mit Sitz in Stuttgart feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Laut dem Präsidenten Günther Doleschel gibt es rund 180 Vereine mit etwa 4600 Mitgliedern. Das Online-Verzeichnis des Verbandes, wo Bahnen und Clubs überhaupt zu finden sind, stammt von 2015 und ist unvollständig.

Erfolge
Viele Vereine sind durchaus erfolgreich. Ein Beispiel: Die Abteilung Sportkegeln des TSV Denkendorf wurde erst im Juni 2000 gegründet und zählt heute 40 Mitglieder, liest man online. Von der Kreisklasse bis zur zweiten Bundesliga seien derzeit eine Frauenmannschaft, drei Männermannschaften, eine gemischte Mannschaft und drei Jugendspieler U18/U14 im Einsatz.