Die „Wilde Bühne“ bei ihrem Foto: Elke Rutschmann

Von Anti-Gewalt-Training bis Zivilcourage: Die Kaufmännischen Schulen in Stuttgart-Nord hatten ein vielfältiges Programm bei ihrem Präventionstag.

S-Nord - Lukas steht mit hochrotem Kopf an der Tafel und weiß nicht wie lange der 30-jährige Krieg gedauert hat. Joe, ein Mitschüler filmt die peinliche Szene im Unterricht und stellt sie ins Netz. Ein Beispiel für Cybercrime und ein guter Stoff für die Theaterleute der Wilden Bühne beim Präventionstag der Kaufmännischen Schulen in Stuttgart Nord (KSN). Lukas wird am Tag darauf von Joe noch einmal lächerlich gemacht. Die Mitschüler lachen oder schweigen. Lukas weiß sich nur durch einen Gewaltausbruch zu helfen und wird von der Lehrerin aus dem Raum geschickt. Hier setzt das interaktive Theater in der großzügigen Aula an. Die Schülerinnen und Schüler können Vorschläge machen, wie man diese verfahrene Situation für alle Beteiligten besser hätte lösen können, welche Möglichkeiten Lukas hat, aus der Rolle des Opfers zu entkommen und welchen Anteil die schweigende Mehrheit am Los des im Internet bloßgestellten Schülers hat.

Sehr glaubhafte Schauspieler

Die Schüler schlüpfen selbst in die Rollen von Lukas und Joe, gehen das Problem aktiv an, statt nur in der Theorie. Und die Schauspieler der Wilden Bühne wiederum kommen sehr glaubhaft rüber, weil sie selbst drogenabhängig, medien- oder magersüchtig gewesen sind.

Dieser Workshop ist nur ein Programmpunkt, den die Präventionslehrkraft Robert Sawada an den KSN auf die Beine gestellt hat. Das Spektrum reicht von Drogenprävention über Anti-Gewalt-Training, Zivilcourage bis hin zum Thema Antisemitismus. Die Referenten kommen von der Polizei, vom Stadtjugendring, Pro familia oder der Caritas. „Wir wollen die Schüler aufklären, sensibilisieren und auch beschützen“, sagt Sawada. Aber vor allem gehe es darum, zu lernen, das im Alltag Erlebte auch zu reflektieren.

Offene Gesprächs- und Diskussionskultur

Es ist ein besonderer Tag für die Schüler. Auch für den 17-jährigen Philipp, der sich für das Thema Anti-Gewalt-Training entschieden hat. „Es war für mich spannend zu sehen, welche Prozesse im Verhalten intuitiv ablaufen, wenn man in der Gruppe mit physischer oder verbaler Gewalt konfrontiert wird“, sagt er. Barbara Oesterwinter vom Referat Prävention des Polizeipräsidiums Stuttgart will junge Frauen im Workshop „Sicher unterwegs“ vor allem helfen eine gewisse Handlungssicherheit für bestimmte Situationen zu entwickeln. Wichtig sei es vor allem Nein sagen zu lernen. „Wir haben erfahren, dass auch ein Schlüssel zur Verteidigung reichen kann und welche Gefahren in Bars drohen“, sagt die 17-jährige Majlinda. In einem ganz anderen Segment ist Johanna Kosch vom Stadtjugendring unterwegs. Im Workshop Antisemitismus war es die Intention, Jugendlichen eine offene Gesprächs- und Diskussionskultur zu vermitteln. Nach den Gräueltaten der Nazis gäbe es immer wieder die Forderung, einen Schlussstrich zu ziehen. „Wir haben darüber diskutiert, dass es bei der heutigen Generation nicht um die Schuldfrage , sondern um Verantwortung und Erinnerungskultur geht“, sagt Johanna Kosch.