Ein Midea-Geschäft in Yichang, einer Großstadt im Westen der chinesischen Provinz Hubei. Der Midea-Konzern will seinen Anteil an Kuka auf mindestens 30 Prozent aufstocken. Foto: dpa

Der Krimi um den Augsburger Roboterbauer Kuka ist zum Politikum geworden. Die deutsche Politik fahndet EU-weit nach einem Firmenkonsortium, das ein Gegenangebot zur chinesischen Kuka-Offerte vorlegen könnte. Das Echo ist bislang bescheiden.

Augsburg - Der Krimi um den Augsburger Roboterbauer Kuka ist zum Politikum geworden. Die deutsche Politik sucht hinter den Kulissen bislang vergeblich nach einem Weißen Ritter für den Mittelständler, dessen Aktionären der chinesische Midea-Konzern ein Kaufangebot für mindestens 30 Prozent der Anteile machen will, bestätigen Industriekreise. Federführend bei der Suche ist demnach das Bundeswirtschaftsministerium unter Sigmar Gabriel (SPD). „Ich fände es angemessen, wenn es aus Deutschland oder Europa ein alternatives Angebot gäbe“, sagt der Minister zum heiklen Thema. Es gebe Bemühungen ein solches zu formulieren. Eine Reihe von Gesprächen habe man dazu schon geführt. Über deren Inhalte schweigt Gabriel, der politisch nicht allein steht und in Absprache mit Bundeskanzlerin Angela Merkel handelt.

Auch Günther Oettinger als Digital-Kommissar der EU hat den Heidenheimer Familienkonzern Voith, der an Kuka schon zu gut einem Viertel beteiligt ist, zu einem Alternativangebot gegen die Midea-Offerte aufgefordert. Andere Europaparlamentarier aus Deutschland unterstützen ihn, während Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft bislang keine Bedenken wegen des Vorpreschens der Chinesen hegen.

Die deutsche Industrie investiere in China ein Vielfaches dessen, was chinesische Firmen in heimische Unternehmen stecken, betont Eric Schweitzer als Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Gabriel räumt ein, dass das Interesse chinesischer Firmen an industriellen Know-how-Trägern aus Deutschland „noch nicht Besorgnis erregend, aber auffällig“ sei.

Kuka baut Großroboter für die Autoindustrie

Die Augsburger sind allerdings kein Fall wie andere. Der Mittelständler mit 12 300 Beschäftigten und drei Milliarden Euro Jahresumsatz steht wie kaum ein zweites Unternehmen hier zu Lande für die Digitalisierung der Wirtschaft unter dem Schlagwort Industrie 4.0. Heute baut Kuka vor allem Großroboter, die im Automobilbau im Einsatz sind. Demnächst kommen nur drei Kilogramm schwere Leichtroboter dazu, die auch Mobiltelefone oder Tablet-Computer fertigen können. Das ist speziell für China wichtig, das in diesen Industrien eine Führungsrolle einnimmt. Zugleich steigen im Land die Löhne. An Fertigung mittels Robotern besteht also in China allgemein starkes Interesse, auch wenn Midea selbst vor allem Hausgeräte und Klimaanlagen baut.

Die kommunistische Partei hat jedoch die Strategie China 2025 ausgerufen, die dortige Variante der hiesigen Industrie 4.0. Würde Midea für China Kuka an Land ziehen, hätte der privat geführte Konzern fraglos einen Stein im Brett der Partei. Das Interesse könnte aber noch weiter gehen. Denn die Kuka-Roboter sind immer mehr vernetzt und ferngewartet. Sie steuern Industrieanlagen und sind damit auch Träger von Produktionswissen über viele Industrien hinweg.

Damit steht die Gefahr im Raum, über Kuka-Robotik leichter Industriespionage betreiben zu können. Ausgesprochen haben das diverse Kuka-Kleinaktionäre und Aktionärsschützer beim Eignertreffen. Führende Vertreter der deutschen Autoindustrie bestreiten das Drohpotenzial allerdings. „Wir haben Fabriken in China und teils auch Entwicklung, durch einen Kuka-Verkauf würde sich die Gefahr von Industriespionage nicht erhöhen“, sagt ein von ihnen. An einem Firmenkonsortium zur Vorlage eines Alternativangebots für Kuka werde man sich jedenfalls nicht beteiligen. Auch Siemens hat abgewunken, bestätigt ein Insider. Damit, dass man selbst umfangreiches China-Geschäft habe und das mit einer Gegenofferte zu Midea nicht gefährden wolle, habe das nichts zu tun, betonen Unternehmen, bei denen Gabriel hat vorfühlen lassen.

China ist der weltgrößte Robotermarkt

Deshalb wird die Suche nach Weißen Rittern nun europaweit ausgedehnt. Als ein Kandidat gilt der schwedisch-schweizerische ABB-Konzern, der selbst in der Robotik aktiv ist. Eine Antwort steht aus. Das gilt auch für Voith und den zweiten deutschen Kuka-Großaktionär, den Unternehmer Friedhelm Loh. Er hält rund ein Zehntel an Kuka. Voith ließ allerdings zuletzt dezente Kritik am Midea-Vorstoß anklingen.

Bei Kuka selbst hält sich die Begeisterung über die politischen Aktivitäten indessen in Grenzen. Man würde ein alternatives Angebot ebenso ergebnisoffen prüfen, wie das von Midea, das in seiner konkreten Form in den nächsten Wochen erwartet wird, erklärte ein Firmensprecherin. Zudem wirkt Kuka-Chef Till Reuter alles andere als hilfsbedürftig. „Jeder Aktionär ist uns willkommen“, hatte er jüngst zu Midea betont und will die jetzige Offerte keinesfalls als feindlichen Akt werten. Beim geplanten Wachstum seines Hauses speziell in China könne ein solcher Türöffner sogar sehr hilfreich sein.

Schon heute ist China der weltgrößte Robotermarkt und ein Drittel der rund acht Millionen Chinesen, die heute noch mit dem Zusammenbauen von Smartphones und Kleincomputern beschäftigt sind, könne man durch Roboter ersetzen, sagt Reuter. Eine Fabrik dafür ist in China bereits in Planung. Möglichkeiten, selbst aktiv einen künftig dominierenden Großaktionär aus China bei Kuka zu verhindern, hat die Bundespolitik indessen nicht. Das Außenwirtschaftsgesetz, das nur bei ausgesprochenen Sicherheitsbelangen greift, gebe das eher nicht her, räumt Gabriel ein. Die Politik könne nur reden. Ob das einen chinesischen Großaktionär in Augsburg verhindern können, ist nach dem Stand der Dinge aber zumindest fraglich.