Die Kinder sollen keine kleinen Naturwissenschaftler werden. Bei Experimenten sollen sie einfach nur staunen – und fragen. Foto: Cedric Rehman

Die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ zertifiziert zum zweiten Mal den katholischen Kindergarten. Hier wird die Neugier der Kinder mit Experimenten gestillt.

Stuttgart-Degerloch - Die CD soll sich auf der Tischplatte drehen wie ein Kreisel. Dieses Wunder soll sie mit Hilfe eines Luftballons und mit dem Deckel einer Nuckelflasche vollbringen, erklärt Nadine Müller, die stellvertretende Kindergartenleiterin. Das klingt auch für einen Erwachsenen nach einer schwer zu lösenden Aufgabe. Die Mädchen und Jungen des katholischen Kindergartens in Degerloch kommen aber aus dem Staunen nicht heraus, als Nadine Müller ankündigt, welches Experiment sie mit ihnen machen will.

Die Kindertagesstätte der katholischen Gemeinde Mariä Himmelfahrt wurde jüngst zum zweiten Mal von der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ zertifiziert. Denn Nadine Müller versucht, bei den Kindern der Kita regelmäßig mit Versuchen Neugier auf die Natur zu wecken.

Kein Chemie- oder Physikunterricht auf Vorschulniveau

Die Jungen und Mädchen versammeln sich um Nadine Müller und bekommen alle eine CD in die Hand. Auf dem Tisch liegen Klebestreifen, Deckel von Babyflaschen, gespitzte Stifte und Luftballons. Dann sollen sie selbst loslegen und die CD mit den Hilfsmitteln zum Rotieren bringen. Sie versuchen es, aber es geht nicht richtig voran. Nadine Müller gibt ein paar Tipps. Der geöffnete Deckel der Babyflasche passt auf das Loch in der CD, unter dem Loch bringen die Kinder Klebestreifen an. Dann stülpen sie die aufgeblasenen Luftballons auf die Deckel. Nadine Müller blickt in aufmerksame Kindergesichter, die Spannung steigt. Dann zeigt sie, wie der Trick funktioniert. Sie pikst mit dem spitzen Stift den Klebestreifen unter dem Loch in der CD an. Die Luft entweicht aus dem Ballon durch den geöffneten Deckel der Babyflasche und das kleine Loch im Klebestreifen unter ihm – und die CD beginnt, um sich selbst zu wirbeln.

Nadine Müllers Experimente sollen kein Chemie- oder Physikunterricht auf Vorschulniveau sein. „Es hängt immer von der Stimmung der Kinder ab, ob ich ihnen etwas zeige, oder ob wir was spielen“, sagt sie. Nadine Müller will die Kinder auch nicht zu kleinen Naturwissenschaftlern erziehen. Sie sagt lieber, dass sie ihnen bei ihrer schier grenzenlosen Neugier etwas an die Hand geben will. Dafür gibt es in der Degerlocher Einrichtung einen Schrank mit Arbeitsmaterial. Die Kinder können sich zum Beispiel Klötze in verschiedenen Größen holen und sie auf einer Waage wiegen. So bekommen sie ein Gefühl für das unterschiedliche Gewicht der Materialien.

Nadine Müller versucht möglichst alle Fragen zu beantworten

Nadine Müller findet es wichtig, dass die Kinder selbstständig arbeiten. Dabei würden immer wieder Fragen gestellt. Nadine Müller versucht, sie möglichst alle zu beantworten. Wenn die Erzieherin merkt, dass die Kinder aufmerksam sind, geht sie mit ihnen zum Beispiel in den Garten. „Wir haben vor Kurzem Farbe ins Gießwasser getan“, erzählt Nadine Müller. „Die Kinder waren dann ganz neugierig, ob die Blumen auch bunt werden.“ Wurden sie nicht. Als die abgeschnittenen Blumen eine Weile in einer Vase mit gefärbtem Wasser standen, war das anders. „Die wurden dann tatsächlich farbig. Das hat die Kinder ziemlich begeistert“, sagt Nadine Müller.

Natürlich wäre es übertrieben, Mädchen und Jungen im Kindergartenalter die Gründe für solche Phänomene zu erklären. Darum geht es im „Haus der kleinen Forscher“ nicht. Vielmehr soll gestaunt werden, wenn Blumen die Farbe des Gießwassers annehmen oder CDs sich von selbst drehen. Denn: Am Anfang aller Forschung steht die Neugier.