CDU-Kreisverbandschef Stefan Kaufmann und seinem Lebensgefährten hat die Katholische Diözese die Segnung ihrer Partnerschaft verweigert. Hier weht die Regenbogenflagge, das Symbol der homosexuellen Liebe, vor der Kathedrale in Minneapolis, USA. Foto: Catholics for Marriage Equality

CDU-Kreisverbandschef Stefan Kaufmann und seinem Lebensgefährten hat die Katholische Diözese die Segnung ihrer Partnerschaft verweigert. Warum sich die Kirche dennoch bewegen muss und kann, kommentiert Markus Brauer.

Friede, Freude, Eierkuchen. Alle sind wieder zufrieden: Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann, der die Entscheidung der Katholischen Kirche versteht, ihm und seinem Lebensgefährten in einem Dankgottesdienst anlässlich ihrer eingetragenen Partnerschaft den Segen zu verweigern; der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart Gebhard Fürst, der sich als Oberhirte mit dem Herzen am rechten Fleck profiliert hat; und selbst jene, die meinen, die Kirche sei mehr dem Mittelalter als der Moderne verpflichtet, atmen ein wenig auf.

Ein liberalere Geist in der Kirche? Es wäre zu wünschen

Vielleicht wird ja doch noch ein liberalerer Geist in der Kirche Einzug halten. Die Hoffnung ist klein, aber nicht unbegründet: Im Herbst ist das Finale der vatikanischen Familiensynode, bei der auch über die Frage der Segnung von Homo-Paaren debattiert werden soll. Wird Papst Franziskus wie Johannes XXIII., einer seiner großen Vorgänger, die Fenster der Kirche öffnen, um frischen Wind hereinzulassen?

Sex nur in der Ehe

Fürsts versöhnliche Worte in der Causa Kaufmann zeugen vom persönlichen Respekt vor jeder Lebensgemeinschaft, die auf christlichen Werten beruhe. Das ist begrüßenswert – und deckt sich mit der offiziellen Kirchendoktrin. Was die moralische Bewertung und den praktischen Umgangs mit Homosexualität angeht, ist diese Lehre absolut eindeutig und unmissverständlich. Demnach steht Homosexualität in Widerspruch zur gottgewollten Funktion der Sexualität, die aus der Zeugung von Kindern ihre Würde erhält. Deshalb findet sie ihren Sinn und Zweck ausschließlich in der Ehe von Mann und Frau.

Wer schwul ist und diese „objektiv ungeordnete Neigung“ praktiziert, sündigt schwer. Die traditionelle Moraltheologie und Naturrechtslehre – die noch in den Köpfen vieler Katholiken lebendig sein dürfte – spricht von der „Sünde der Sodomiter“. Darunter fällt neben der erzwungenen sexuellen Befriedigung an Wehrlosen auch die Homosexualität unter Männern. Glücklicherweise ist der Tonfall heute ein anderer. Häufig zumindest.

„Zur Keuschheit berufen“

Die Kirche unterscheidet zwischen Personen mit homosexueller Veranlagung einerseits und homosexuellen Akten andererseits. Während der Katechismus festhält, dass homosexuell veranlagten Menschen „mit Achtung, Mitleid und Takt“ zu begegnen sei, bezeichnet er sexuelle Akte zwischen gleichgeschlechtlichen Personen als „schlimme Abirrung“. Sie „verstoßen gegen das natürliche Gesetz“ und seien „in keinem Fall zu billigen“. Homosexuelle seien entsprechend „zur Keuschheit berufen“, heißt es weiter. Das bedeutet: sexuelle Enthaltsamkeit. Allerdings solle man ihnen mit „Achtung, Mitgefühl und Takt“ begegnen.

Die Kirche kann und muss sich bewegen

Man kann dieses Moralkonstrukt als hinterwäldlerisch verurteilen, es ignorieren oder deswegen aus der Kirche austreten. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass kirchliche Mitarbeiter, deren Eingetragene Lebenspartnerschaft bekannt wird, aufgrund eines schwerwiegenden Loyalitätsverstoßes generell entlassen werden. Genauso wie wiederverheiratete Geschiedene. An ihrer grundlegenden Doktrin kann die Kirche – aus durchaus nachvollziehbaren Gründen nichts ändern. Und trotzdem kann und muss sie sich bewegen.

Segen für Homo-Paare? Hoffentlich bald!

Es wäre ein Riesenfortschritt, wenn Mitarbeiter, die sich zu ihrem Schwulsein und Partner bekennen, nicht mehr automatisch vor die Tür gesetzt würden. Vielleicht werden die Bischöfe im Herbst ja einen Schritt in diese Richtung machen. Er wäre ein Segen für alle Beteiligten, dem irgendwann ein Segen für Homo-Paare folgen könnte. Vor allem wäre er ein Zeichen, dass Dogma und Moral für die Menschen da sind – und nicht umgekehrt.