Hereinspaziert: Kristina Schnüll, Fachleitung Soziale Hilfen der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz, und Diakon Martin Wunram geben jungen Menschen „ein Zuhause auf Zeit“. Foto: Ingrid Sachsenmaier

Die katholische Kirchengemeinde Schmiden vermietet das Haus in der Uhlandstraße an die Caritas. Dort werden Jugendliche einziehen, in eine rund um die Uhr betreute Wohngruppe.

Pfarrhäuser in ihrer ursprünglichen Eigenschaft als Wohnraum für Pfarrer sind ein Auslaufmodell. Es gibt immer weniger Pfarrer, sowohl bei Katholiken als auch Protestanten, und als Konsequenz braucht die Kirche weniger „Dienst-Wohnraum“. Bei beiden Konfessionen wird vorgegeben, sich von Immobilien zu trennen, um Geld zu generieren.

 

Im Fellbacher Stadtteil Schmiden gibt es gleich zwei Pfarrhäuser, eines katholisch und eines evangelisch, die beide nicht mehr für diensthabende Pfarrer benötigt werden. Die Katholiken der Kirchengemeinde „Zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit“ haben sich schon vor Jahren für eine selbstverantwortete Nutzung des Pfarrhauses in der Uhlandstraße neben der Kirche entschieden. Nachdem Diakon Seidl im Sommer 2016 in Ruhestand gegangen und ausgezogen war, wurde das Haus mit „vertretbaren, geringen Mitteln“ für einen sechsstelligen Betrag umgestaltet und das dort noch befindliche Pfarrbüro ins benachbarte Maximilian Kolbe-Haus umgezogen. Das Pfarrhaus blieb im Besitz der Kirchengemeinde, und dabei soll es bleiben. Nun wird die Caritas Mieter der Immobilie.

Jugendliche ziehen ein

Deren Jugendhilfe nutzt künftig die Räume, um Jugendlichen im Alter von zehn bis 18 Jahren, die in ihren Familien gerade nicht gut zurechtkommen, in Gemeinschaft wohnen zu lassen, ohne dass sie weit entfernt von ihrem Elternhaus leben. Sie sollen die Möglichkeit für soziale Kontakte haben, sich eventuell in einem Sportverein einzubringen, fußläufig und mit dem Fahrrad zur Schule gehen und sich mit ihren Mitbewohnern in der Wohngruppe auszutauschen. Das ehemalige Pfarrhaus in der Uhlandstraße soll für sie ein „Zuhause auf Zeit“ werden. Auf drei Stockwerken werden ihre Zimmer verteilt sein. Es gibt eine 40 Quadratmeter großen Gemeinschaftsraum und ein Büro für die Betreuer, die im Schichtdienst 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche im Einsatz sind.

Win-Win-Situation für Caritas und Kirchengemeinde

Für Kristina Schnüll, Fachleitung Soziale Hilfen der Caritas Ludwigsburg-Waiblingen-Enz mit Sitz im Waiblinger Ameisenbühl, und Diakon Martin Wunram ist es eine „Win-Win-Situation“. Die Schmidener Katholiken haben damit eine „Zukunftsentscheidung“ für ihr Pfarrhaus getroffen und die Caritas kann, sobald das entsprechende Personal – ein Team aus Heilerziehungspflegern, Sozialpädagogen und Erziehungswissenschaftlern – gefunden ist, ein Angebot machen für Jugendliche, denen „die sich verändernde Gesellschaft“, so Schnüll, „große Probleme bereitet“. Ziel ist es, dass die jungen Leute in der Wohngruppe stabilisiert werden und dann in ihre Familien, ihr Umfeld zurückkehren und in eine Ausbildung gebracht werden.

Wann kann die Wohngruppe einziehen?

Das ehemalige Pfarrhaus bietet dafür logistisch beste Möglichkeiten und Voraussetzungen. Die Räume werden gerade neu gestrichen, es gibt auf jedem Stockwerk Nasszellen, jeweils eine moderne Küche und auch einige Möbel aus der vorherigen Nutzung. Angemietet hat die Caritas die Räume seit 1. Mai, die ersten Jugendlichen könnten am 1. Juli einziehen, „so wir bis dahin das nötige Personal gefunden haben“, sagt Schnüll.

Mit diesem neuen Denken und Rechnen muss sich auch die evangelische Kirchengemeinde Schmiden-Oeffingen auseinandersetzen. Das „neue“ Pfarrhaus in Schmiden aus den 1960er Jahren steht leer. Pfarrer Markus Eckert, leitender Pfarrer für die Kirchengemeinde Schmiden-Oeffingen, lebt mit seiner Familie in Oeffingen, im dortigen Pfarrhaus neben der Johanneskirche. Das Pfarrbüro ist ins Dietrich Bonhoeffer-Haus umgezogen. Eckert könnte sich vorstellen, das Haus zunächst zu behalten. Eventuell gebe es bei der Paulinenpflege oder der Diakonie Stetten Bedarf, denkt er laut nach. Andere Wege ist die evangelische Kirchengemeinde Fellbach gegangen. Die beiden sanierungsbedürftigen Immobilien, das Waldschlössle am Kappelberg und die Melanchthonkirche, hat sie an die Stadt Fellbach abgestoßen.