Stefan Ruf, Pfarrer in der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart-Vaihingen, ist für knapp 10 000 Katholiken zuständig. Das ist kein Einzelfall. Die gewählten Kirchengemeinderäte von Maximilian Kolbe kritisieren diese Strukturen. Foto: Archiv Otto-H. Häusser

Die gewählten Kirchengemeinderäte von Maximilian Kolbe in Stuttgart-Vaihingen haben einen Brief an Bischof Gebhard Fürst geschickt. Sie kritisieren den Priestermangel. Wir haben alle Einzelheiten.

Vaihingen - Die Initiative Pro Concilio hat sich mit neuen Zugängen zum kirchlichen Amt auseinandergesetzt. Sie fordert in einem ersten Schritt, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen. Die Gemeinden waren dazu aufgerufen, das Memorandum auszulegen und Unterschriften für das Anliegen der Initiative zu sammeln. Der Kirchengemeinderat der katholischen Gemeinde Maximilian Kolbe in Stuttgart-Vaihingen hat nicht mitgemacht. Nicht weil die Mitglieder die Sache anders sehen als Pro Concilio. Sie wollen mehr.

„Wir haben uns im Kirchengemeinderat mit diesem Vorschlag befasst. Wir sind überzeugt, nicht mehr genügend Zeit für kleine Schritte bei der Erweiterung der Zugangsvoraussetzungen für kirchliche Ämter zu haben. Kurzum: das Memorandum geht uns trotz richtiger Zielsetzung nicht weit genug.“ So steht es in einem Brief, den das Gremium am Freitag, 28. Juli, nach Rottenburg geschickt hat, adressiert an Seine Exzellenz, den Bischof Gebhard Fürst persönlich.

Ein Pfarrer für 10 000 Katholiken – das ist längst keine Ausnahme mehr

Alle gewählten Kirchengemeinderäte von Maximilian Kolbe haben diesen Brief unterschrieben. Das Gremium stehe geschlossen hinter der Aktion, betont Elisabeth Schick-Ebert. Sie ist die zweite Vorsitzende des Kirchengemeinderats. Allerdings ist das Wörtchen „gewählt“ wichtig. Denn Pfarrer Stefan Ruf, der qua Amt der Vorsitzende des Kirchengemeinderats ist, ist außen vor. Er hat nicht unterschrieben. „Wir haben ihn auch gar nicht gefragt, ob er unterschreiben möchte“, sagt Schick-Ebert. Der Pfarrer sei selbstverständlich über die Aktion informiert. Aber man habe ihn nicht in eine Zwickmühle bringen wollen. Schließlich sei der Bischof sein Chef.

Doch letztlich geht es um Stefan Ruf – stellvertretend für die Pfarrer in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. „Wir beobachten mit großer Sorge, dass einem einzelnen Priester immer mehr Katholiken und mehr Aufgaben zugeordnet und zugemutet werden“, heißt es in dem Brief. Dies führe bei Priestern, die sich noch als Seelsorger verstehen, zu einer extrem hohen Arbeitsbelastung und gleichzeitig wachse die Distanz zwischen Priester und Gemeindemitgliedern. Denn es sei schlichtweg unmöglich, 10 000 Katholiken zu betreuen, heißt es.

Die Zahl stellt längst keine Ausnahme mehr dar. Auch Ruf hat eine Gesamtkirchengemeinde mit 10 000 Mitgliedern. Schick-Ebert betont: „Stefan Ruf ist ein sehr guter Pfarrer und ein sehr guter Seelsorger, der sich noch Zeit für die Menschen nimmt.“ Doch auch seine Arbeitsbelastung sei in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen. „Wir halten daher dringend Veränderungen in den kirchlichen Strukturen beziehungsweise Ämtern für erforderlich, um auch zukünftig nah bei den Menschen zu sein. Kirche gewinnt aus unserer Erfahrung immer dann und dort, wo wir die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten wahrnehmen und für sie da sind“, schreiben die gewählten Kirchengemeinderäte.

Die derzeitigen Strukturen sind eine große Last für die Pfarrer

Ihr Fazit: „Es bedarf weiterer Zugänge zum kirchlichen Amt.“ Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken habe auf seiner Frühjahrstagung 2017 die deutschen Bischöfe gebeten, sich für das sakramentale Diakonat der Frau einzusetzen. „Wir können es uns nicht leisten, die Tür zu kirchlichen Ämtern von engen formalen Qualifikationen abhängig zu machen und damit zugleich vielen für ein kirchliches Amt ernsthaft Geeigneten die Tür zuzuhalten“, heißt es in dem Brief. Die Kirchengemeinderäte bitten Bischof Fürst, sich für eine zukunftsfähige Weiterentwicklung der kirchlichen Strukturen und der damit verbundenen Zulassungskriterien für kirchliche Ämter einzusetzen. „Wir denken, der Priestermangel erfordert ein deutlich aktiveres Handeln und nicht nur ein Hoffen auf wieder bessere Zeiten.“

Der Brief an den Bischof wird in diesen Tagen in der Vaihinger Gemeinde ausgelegt. „So wie ich die Gemeinde kenne, steht sie mit überwiegender Mehrheit hinter unserem Anliegen“, sagt Schick-Ebert. Sie hofft, dass der Brief in Rottenburg gelesen wird. Und: „Dass unser Bericht darüber, dass wir vor Ort Sorgen haben, zu einer höheren Dringlichkeit des Themas führt.“ Die derzeitigen Strukturen seien eine große Last für die Pfarrer. „Die guten Pfarrer verheizen wir so“, sagt Schick-Ebert. Das Schreiben werde sicher nicht sofort zu Veränderungen führen. „Aber wir haben einen Stein ins Wasser geworfen.“