Bruder Wolfgang Sigler und Schwester Marie-Pasquale Reuver haben ihre Erfahrungen weitergeben. Foto: Lichtgut/ Ferdinando /Iannone

Wie kann man den Stress im Alltag hinter sich lassen? Wie mehr Spiritualität ins Leben holen? Eine Ordensschwester aus Stuttgart und ein Benediktinermönch haben in einem Workshop auf dem Katholikentag ihre „Lifehacks“ (Lebenskniffe) geteilt.

Es ist kein Stuhl frei im Klassenzimmer 013 des Dillmann-Gymnasiums und schnell sind auch die Tische mit Personen belegt. „Lifehacks aus dem Kloster“ haben Schwester Marie-Pasquale Reuver aus Stuttgart und Bruder Wolfgang Sigler aus Münsterschwarzach ihren Workshop betitelt – er ist eine von 1500 Veranstaltungen, die im Rahmen des 102. Katholikentags stattfinden. Bei den rund 40 jungen und zum Teil auch nicht mehr ganz so jungen Erwachsenen im Raum haben sie damit voll ins Schwarze getroffen. Tatsächlich werden es kurzweilige eineinhalb Stunden, da sowohl die Franziskanerin als auch der Benedektinermönch unverblümt und gar nicht abgehoben ihre Tipps zu mehr Spiritualität im Leben geben.

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Gemeinschaft hilft – das ist die erste Botschaft. Würde er so viel Zeit zum Beten finden ohne seine Mitbrüder? „Das würde ich nicht schaffen“, ist sich Bruder Wolfgang Sigler sicher. „Ordensleute haben auch Stützräder“, sagt er einleitend. In seinem Kloster seien sie „ a bissel krass drauf“ – um 4.40 Uhr beginne der Tag und der ist streng durchgetaktet mit festen Gebetszeiten. Bei der Franziskanerin ist das anders. Schwester Marie-Pasquale Reuver lebt mit zwei Mitschwestern in Stuttgart zusammen, die ebenfalls ihren Berufen nachgehen – eine als Erzieherin. Sie selbst leitet die Hochschulgemeinde in Hohenheim und ist im Quartierspastoral eingesetzt. Die Ordensfrauen stimmen deshalb ihre Gebetszeiten per Kalender miteinander ab – wann es allen passt.

Einfach mal einen Tag lang schweigen

In ihrer Gemeinschaft haben die Schwestern einen festen Wochenaustausch. Dann fragen sie sich nicht etwa, was sie erlebt haben, sondern „wo hast Du Gott in dieser Woche erlebt?“ Einmal im Monat jedoch, an ihrem Besinnungstag, sprechen sie den ganzen Tag über gar nicht. Das kann sie nur weiterempfehlen. Denn: Die Gespräche an diesen Abenden seien „die tollsten“, weil man sich genau überlege, was eigentlich besonders erzählenswert ist.

Der Benediktinermönch rät, abends das Handy wegzulegen, damit der „innere Seelengrund“ ruhig bleiben könne. Schwester Marie-Pasquale hat auf der Seite des Bettes, auf der sie einschläft, eine Ikone an die Wand gehängt – dorthin gehe ihr letzter Blick am Tag, ganz bewusst. „Es sind solche kleinen Dinge“, die bräuchten auch nicht viel Zeit, in denen man mit Gott in Beziehung treten könne. Sie habe sich auch mal eine Dankbarkeitsschnur gebastelt mit zehn Perlen. Jeden Abend hat sie versucht, zehn Gründe zu finden, wofür sie Gott dankbar ist. Das war nicht immer einfach, da die Zeit ohnehin gerade schwierig für sie war, aber es habe gut getan.

Gebete in den Alltag integrieren

Doch was ist, wenn man das Gefühl hat, keine Zeit zu haben? Eine Abiturientin bringt die Frage auf. „Es ist für mich manchmal schwierig, die Verbindung zu Gott zu leben“, sagt sie, der Alltag sei von Schule, Klausuren, Lernen bestimmt. Es brauche „weniger als man denkt“, sagt die Ordensschwester. Man könne auch Dinge, die man eh macht, mit einem Gebet verbinden – und wenn es das Jesus-Gebet sei und man nur im Stille den Namen Jesus Christus sage. „Das kann man beim Weg zum Bäcker machen oder beim Gemüseschnippeln.“ Der Alltag sei voll von Momenten, die man mit einem Gebet verbinden könne. Sie habe an ihrem Spiegel das Wort „gefunden“ stehen. Der Hintergrund war eine Begegnung mit einem Jungen aus der Kita ihrer Ordensschwester. Er sagte zu ihr: „Gott hat dich gefunden.“ Daran erinnert sie nun dieser Zettel.

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Bruder Wolfgang Sigler gibt zum Abschluss allen eine Aufgabe. Sie sollen einer Person, die schon länger nicht mehr präsent war im Leben, eine Nachricht schreiben – und ein konkretes Treffen vorschlagen verbunden mit der Botschaft, dass die Person einem fehle. „Das coole daran ist, auch das ist Spiritualität“, man begegne auch im Nächsten Christus. „Wir müssen für die Begegnung sorgen, die uns gut tut, auch das ist Spiritualität“, sagt der Benedektinermönch.

Tagesrückblick per Emojis

Zum Abschluss gibt es für die beiden Applaus – und für die Teilnehmenden eine „spirituelle Toolbox“, die die beiden zusammen entwickelt haben, bestehend aus rund 40 Karten. Darin findet sich zum Beispiel die Anregung, eine „Emoji-Liste“ anzulegen: ein Tagesrückblick mit Emojis. Den könne man mit Freunden in einer Whatsapp-Gruppe teilen. Die Erläuterung dazu: „Jeden Abend ein Emoji zu dem, was dich heute belastet hat, und drei zu Dingen, die gut waren. Gefaltete Hände, um Gott danke zu sagen.“ Und auch zur Snooze-Taste findet sich eine Karte. Eine Snooze-Taste lang könne man liegen bleiben und die Zeit für ein kurzes Morgengebet nutzen.