Zu den Baustellen auf dem Gelände des Katharinenhospitals soll die für eine Klinik auf Zeit hinzukommen. Foto:  

Dem Bezirksbeirat missfällt der Plan, eine Klinik aus Fertigteilen zu bauen. Er stimmte dennoch zu – gezwungenermaßen. Der Bau soll 2022 wieder verschwinden.

S-Mitte - Gefordert war ein Ja. Gemeint war eigentlich ein Nein. Denn der Bezirksbeirat ist gegen den Plan, auf dem Gelände des Katharinenhospitals zeitweise ein Zusatzkrankenhaus aufzubauen. Dennoch ist aus dem Nein eine „zustimmende Kenntnisnahme“ geworden, im Klardeutsch ein Jein. Aus schlichtem Grund: „Sonst bräuchten wir eine Sondersitzung“, sagte die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle, „wir können daran ohnehin nichts mehr ändern“. Der Gemeinderat will die neue Klinik, weil sie Geld in die Stadtkasse spült. Der Bauantrag ist bereits eingereicht. Eine Ablehnung auf der untersten kommunalpolitischen Ebene hätte das Projekt allenfalls einige Wochen verzögert.

Das Projekt heißt Modulkrankenhaus und wird auf die meisten Stuttgarter noch befremdlicher wirken als sein Name. Eine neue Klinik entsteht. Sie wird etwa genau so groß, wie zwei hintereinander gestellte Schulsporthallen, allerdings doppelt so hoch. Das Krankenhaus wird eher aufgestellt als aufgebaut, indem fertige Stockwerke angeliefert und übereinandergestapelt werden, ähnlich, wie sich in einem Hafen Frachtcontainer stapeln. Für Aufzüge und Treppenhäuser zu den Fertigbauetagen wird eigens ein Turm aus Beton gegossen. Befremdlich ist das Ensemble vor allem deswegen, weil das gesamte Bauwerk nach nur sieben Jahren Standzeit wieder verschwinden soll. Der Turm wird im Jahr 2022 eingerissen, die containerähnlichen Fertigbauetagen werden wieder abtransportiert und – Gebrauchtwagen gleich – weiterverkauft.

Die Strahlentherapie dient gleichsam als Keller

Gleichsam der Keller für jene fünf Krankenhausetagen wird der Neubau eines Zentrums für Strahlentherapie sein. Die Arbeiten daran haben in der zweiten Oktoberwoche begonnen. Dieses Zentrum soll im Frühjahr 2015 fertig werden und dauerhaft stehen bleiben. Eine zusätzliche Tragschicht muss die Statik gewährleisten, zudem das Gefälle des Geländes ausgleichen. Über sie werden die Fertigbauetagen gestapelt. Nach nur drei Monaten soll das Interimskrankenhaus bezugsfertig sein. Rund 20 Millionen Euro sind für das Bauwerk kalkuliert. Allerdings spart diese Ausgabe der Stadt am Ende Geld.

In das Krankenhaus auf Zeit soll das Bürgerhospital einziehen, das so früher aufgegeben werden kann als geplant. Andernfalls „hätten wir in den Standort drei bis fünf Millionen Euro investieren müssen“, sagte Harald Schäfer, der beim Klinikum Stuttgart die für Bauten verantwortliche Abteilung leitet. Zudem seien die Mitarbeiter des Bürgerhospitals mit dem aktuellen Zwischenzustand unzufrieden. Vor allem wird das heutige Gelände des Bürgerhospitals wegen des Interimshospitals früher für Neubauten frei. Unter dem Strich hat der Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle ein Plus von 23 Millionen Euro für die Stadtkasse errechnet.

Den Gemeinderat überzeugt die Sparsumme

Den Gemeinderat überzeugte von Anfang an die Sparsumme. Dem Bezirksbeirat schien von Anfang an wichtiger, dass der Fertigbau auf einer Fläche entsteht, die eigentlich unbebautes Grün sein sollte – abgesehen von der Optik der Klinik, die in beiden Gremien niemandem gefiel. „Schön ist das nicht“, sagte die Bezirksvorsteherin.

Annegret Breitenbücher von den Grünen im Bezirksbeirat argwöhnt überdies, dass der geplante Abrisstermin sich verschieben und das Provisorium länger stehen wird als angekündigt. „Ich kann nur der Hoffnung Ausdruck verleihen, dass die Interimszeit richtig geplant ist“, sagte sie. Die Zweifel daran sind nicht ohne Grund. „Anfangs war von 2017 die Rede“, sagte Kienzle, „jetzt sind wir schon bei 2022“.