„Verdi ist nur 30 Kilometer von meinem Heimatort entfernt geboren, das prägt“, meint Pater Carlo Marzoli. Foto: Isabelle Müller

Pater Carlo Marzoli leitet die katholisch-italienische Gemeinde Cristo Re.

Bad Cannstatt/Vaihingen - Wird Carlo Marzoli gefragt, wie er sich in Deutschland fühlt, antwortet er: als Italiener sehr gut. Die Zeitung, das Internet, das Fernsehen und, besonders wichtig, das Essen – alles gebe es auf Italienisch. „Hinzu kommt der große Vorteil, dass in Deutschland viele Dinge besser geregelt sind“, sagt der Priester. Auch das deutsche Wetter bekomme dem 72-Jährigen sehr gut. Die Hüftbeschwerden, die ihn während seines sechsjährigen Aufenthalts in Luxemburg plagten, seien verschwunden, als er 2006 nach Stuttgart kam. Bis zu seiner derzeitigen Stelle als Leiter der beiden katholisch-italienischen Gemeinden Cristo Re in Vaihingen und San Martino in Bad Cannstatt war es eine lange Reise.

In dem 6000 Seelen Dorf Chero di Carpaneto bei Piacenza ist Marzoli als zweiter von drei Söhnen geboren. Mit zehn Jahren schrieb er in einem Schulaufsatz, dass er eines Tages vielleicht Priester würde. Ein Jahr später trat er in den Orden der Scalabrini Patres ein, dessen Gründer Bischof in Piacenza war. Ursprünglich betreuten die Scalabrini Missionare italienische Migranten im Ausland, heute steht er allen Nationalitäten offen. In der Internatsschule, etwa 250 Kilometer von der Familie entfernt, sei es manchmal schwierig gewesen. Seinen Vater hat Marzoli bereits mit fünf Jahren verloren. „Aber jede Erfahrung hat zwei Seiten. Auf diese Weise habe ich früh gelernt, mich in fremde Umgebungen einzufinden“, sagt er. Eine Fähigkeit, die dem Geistlichen ein Leben lang nützen sollte.

Mit 26 Jahren wurde Marzoli zum Priester geweiht. Die Entscheidung, sein Leben der Kirche zu widmen, habe sich über viele Jahre entwickelt. „Man muss viel nachdenken“, sagt Marzoli und fügt hinzu: „Man spürt, dass es ein besonderes und nicht einfaches Leben ist.“ Nach dem Theologiestudium in Rom hat Marzoli sieben Jahre lang als Ordensoberer für die italienische Mission in der Schweiz gearbeitet. Parallel hat er Pädagogik und Psychologie studiert, denn als Seelsorger im Ausland sei es von Vorteil, die Menschen gut zu kennen. Neben der Schweiz hat Marzoli einige Jahre in Luxemburg, München und Freiburg sowie sechs Monate in Portugal verbracht, zum 25-jährigen Priesterjubiläum hat er eine Reise durch Südamerika unternommen. Außer italienisch spricht er deutsch, lateinisch, portugiesisch und französisch. „Die Auslandserfahrung hilft mir bei meiner Arbeit“, sagt der Priester. Er sei ein aufgeschlossener Mensch und könne sich gut in fremde Kulturen einfühlen.

Bildung hat höchste Priorität

Regelmäßig gibt Marzoli italienische Bibel- und Theologiekurse. Die Bildung habe für ihn höchste Priorität, aber auch für die Jugendlichen nehme er sich viel Zeit. Ein Satz begleitet Marzoli in seinem Amt: „Man muss nicht immer alles tun. Aber das, was man tut, sollte man so gut wie möglich tun.“ Wenn er die Zeit findet, hört Marzoli klassische Musik oder geht in die Oper. „Überall, wo ich war, habe ich die Kultur gepflegt“, sagt er. „Verdi ist nur 30 Kilometer von meinem Heimatort geboren, das prägt“, fügt er hinzu und lacht.

Marzoli wohnt mit den Priestern der drei anderen italienischen Gemeinden Stuttgarts im Pfarrhaus Sankt Nikolaus in Stuttgart-Ost. Große Projekte plant Marzoli nicht mehr, „das Alter“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Er hoffe nur, dass seine Arbeit weiterhin geschätzt wird und die Gesundheit mitspielt. Am Wetter soll es nicht liegen.