Einsatzkräfte haben bei einer Großübung im Engelbergtunnel den Notfall simuliert. Foto: SDMG

Im Engelbergtunnel wird ein schwerer Unfall simuliert. 400 Helfer aus der gesamten Region sind im Einsatz. Das Szenario ist furchterregend: Ein Lastwagen fängt Feuer. 500 Menschen stecken in der Röhre fest.

Leonberg - Im Engelbergtunnel hat sich ein schwerer Unfall mit mehreren Fahrzeugen ereignet – die simulierte Szenerie ist furchterregend: In mehreren Autos sind verletzte Personen, einige davon eingeklemmt. Ein Lastwagen fängt Feuer, dicker Rauch breitet sich aus. Hinter der Unfallstelle bildet sich ein Stau, in dem etwa 500 Personen in der Röhre feststecken.

Die hochschlagenden Flammen in der Weströhre lösen über die Meldeanlage an der Tunneldecke den Alarm aus. Die Anlage meldet den Vorfall in den Leitstellen in Böblingen und Ludwigsburg. Diese setzen die Feuerwehren in Leonberg und Gerlingen in Marsch. Die Entlüftungsanlage mit ihren acht Meter messenden Rotoren läuft an, die Ventilatoren an der Decke tun das Weitere, um den Rauch aus dem Tunnel zu befördern, der als dicke Säule aus dem Entlüftungskamin zwischen den beiden Nordportalen gen Himmel steigt.

Blinkende Lichter leiten zu Querverbindungen

Blinkende Lichter gehen an. Sie leiten zu den sieben Querverbindungen, über die die Menschen in die Oströhre gelangen, um sich in Sicherheit zu bringen. Jetzt sollte auch die automatische Durchsage anlaufen, die den Menschen in deutscher und englischer Sprache Verhaltenshinweise gibt. Heute streikt sie.

„Das ist so nicht gewollt. Es zeigt aber, was alles passieren kann“, sagt der Leonberger Feuerwehrkommandant Wolfgang Zimmermann, der die Abläufe im Tunnel einem breiten Publikum erklärt. Denn der Großeinsatz am Sonntagvormittag, für den die beiden Tunnelröhren von 6 bis 12 Uhr gesperrt wurden, ist eine vom Regierungspräsidium Stuttgart vorbereitete Einsatz- und Katastrophenschutzübung. Neben Regierungspräsident Wolfgang Reimer nahmen auch Steffen Bilger (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr, der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Wilfried Klenk (CDU), Staatssekretär im Ministerium für Inneres Baden-Württemberg, teil.

Die Übung gilt als Vorbereitung zur Tunnelsanierung

Die Übung gilt als Vorbereitung auf mögliche Szenarien, die von April 2020 in den kommenden vier Jahren auftreten könnten, wenn der Engelbergtunnel aufwendig saniert und neu ausgestattet wird und der Verkehr trotzdem in beiden Röhren weiter läuft. Hinzugezogen wurden mehr als 400, zum großen Teil ehrenamtliche Einsatzkräfte der zuständigen Feuerwehren, Rettungs- und Sanitätsdienste, des Technischen Hilfswerkes sowie der Autobahnmeisterei und Polizei.

Der von Nebelmaschinen erzeugte, in diesem Fall harmlose Rauch wird immer dichter. Kaum vorstellbar, mitten in diesem Inferno zu stecken. Da geht eine Tür an einem Querschlag auf – es ist der Zugführer der ersten Einsatzgruppe, die ausgerüstet ist mit Atmenschutz.

Die Einsatzkräfte kühlen auch die Tunnelwände

Sie erkundet die Brandstelle und lotst die Einsatzkräfte zum Unglücksort. Die Feuerwehr Leonberg fährt von Süden, die aus Gerlingen von Norden in den Tunnel ein. Der Großteil der Fahrzeuge geht in der Oströhre in Stellung. Wasserschläuche werden verlegt. Mit ihren so genannten C-Rohren bekämpfen die Einsatzkräfte den Brand. Sie kühlen auch die Tunnelwände ab, damit diese nicht Schäden davontragen. „Den Lastwagenbrand kriegen wir nicht unter Kontrolle“, spinnt Zimmerman das Szenario weiter. Deshalb muss ein ferngesteuertes Löschunterstützungsfahrzeug eingesetzt werden, das aus 50 Meter Entfernung 2000 Liter Wasser in den Brandherd befördern kann. Feuerwehren aus der gesamten Region werden zu Hilfe gerufen.

Die Helfer begleiten an die 50 Personen, die sie unverletzt aus den Fahrzeugen geborgen haben, aus dem Tunnel und übergeben sie an die Rettungsdienste. Die Personen wurden mit Fluchthauben ausgestattet, die den Rauch filtern. Die Rettungskräfte haben am Nordportal für Verletzte eine Patientenablagestelle eingerichtet, von wo die Patienten je nach Priorität in Krankenhäuser gebracht werden können. Andere Menschen, die sich selbst aus dem Stau in Sicherheit gebracht haben und eine Betreuungsstelle benötigen, bringt das DRK in den Sporthallen in Leonberg und Gerlingen unter. Das Technische Hilfswerk sorgt derweil für die Beleuchtung der Patientenablagestelle. Es sichert Zufahrtswege und karrt immer wieder frisch befüllte Atemluft für die Feuerwehrleute heran.

Der Kommandant ist mit dem Ablauf zufrieden

Nicht nur Feuerwehrkommandant Zimmermann, der die Koordination der Übung seinem Stellvertreter Stefan Rometsch anvertraut hat, ist mit dem Ablauf zufrieden. Auch der Regierungspräsident Wolfgang Reimer zieht eine positive Bilanz. „Es ist ein sehr realistisches Szenario gewesen“, sagt der Behördenchef. Regelmäßige Großübungen seien für den Betrieb, insbesondere in Tunnels des transeuropäischen Straßennetzes, zwingend vorgeschrieben. Abläufe, die im Ernstfall zum Tragen kämen, müssen von den Einsatzkräften intensiv und realitätsnah geprobt werden.