Katarina Barley wechselt vom Justizministerium ins Europaparlament Foto: dpa

Nach der Europawahl wechselt Justizministerin Katarina Barley nach Brüssel. Bislang ist offen, wer ihren Platz am Kabinettstisch übernimmt. In der SPD kursieren drei Namen.

Berlin - Katarina Barley hat bereits eine Wohnung in Brüssel und mit der europäischen Hauptstadt hat sie sich auch vertraut gemacht. Ein von ihr im Internet gepostetes Video zeigt, wie sie sich am Maison Antoine, der bekanntesten Fritten-Bude der Stadt, eine Tüte Pommes kauft, belgische Pralinen kostet und bei Sonnenschein das EU-Viertel erkundet. Künftig wird Barley dafür kaum noch Zeit haben: Die 50-Jährige ist SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, nach ihrem Einzug ins Europäische Parlament wird sie in Brüssel vor allem Sitzungssäle von innen sehen.

Am Sonntag in vier Wochen wird gewählt. Bis dahin muss Barley nicht nur Wahlkampf machen, sie ist auch noch Bundesjustizministerin. Vor ein paar Tagen hat sie noch einen Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben, mit dem sie die Strafen für Kindesmissbrauch im Internet verschärfen will. Davor verhandelte sie mit Innenminister Horst Seehofer (CSU) ein Gesetzespaket zu Migration und Abschiebung. Nach der Wahl will Barley ihren Platz am Kabinettstisch räumen, wer das Justizressort von ihr übernimmt, ist offen.

Der Flurfunk ist „erstaunlich ruhig“

Die Entscheidung darüber liegt bei der SPD-Spitze, die sich bislang bedeckt hält. „Über die Nachfolge von Katarina Barley wird zu gegebener Zeit entschieden werden“, teilte das Willy-Brandt-Haus mit. In der SPD wird verwundert bemerkt, dass die Partei über die Besetzung des wichtigen Postens noch keine öffentliche Debatte führt. Und aus dem Justizministerium verlautet, zu dem Thema sei der Flurfunk „erstaunlich ruhig“.

Sicher ist nur, dass wieder eine Frau das Justizministerium leiten soll. Die SPD schickt derzeit drei Männer und drei Frauen ins Kabinett, dabei soll es bleiben. Ein Mann könnte Barley nur beerben, wenn die Ergebnisse der Europawahl, der zeitgleichen Bürgerschaftswahl in Bremen sowie der ebenfalls am 26. Mai angesetzten Kommunalwahlen in mehreren Bundesländern die SPD so erschüttern, dass es zu einem größeren Stühlerücken kommt.

Zwei Kandidatinnen kommen wohl nicht nach Berlin

Ein SPD-Vertreter geht davon aus, dass sich die Barley-Nachfolge erst in den Tagen nach dem Wahlsonntag klärt. Eine Weile wurde Stefanie Hubig für den Job hoch gehandelt, sie ist Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz und war Justizstaatssekretärin unter Barleys Vorgänger Heiko Maas. Vor zwei Monaten stellte die 50-Jährige jedoch klar, dass sie „ausgesprochen gerne und mit Freude“ Bildungsministerin sei und ihren Arbeits- und Lebensmittelpunkt in Rheinland-Pfalz sehe.

Damit richteten sich die Blicke auf Nancy Faeser, Generalsekretärin der Hessen-SPD. Als der bei drei Landtagswahlen als Spitzenkandidat gescheiterte SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel aber vergangenen Monat seinen Rückzug aus der Politik ankündigte, erklärte die 48-Jährige ihre Kandidatur für den Parteivorsitz. In Berlin wird davon ausgegangen, dass sich für Faeser damit ein Wechsel in die Hauptstadt erledigt hat. Auf Anfrage teilte Faeser mit, sie nehme zwar zur Kenntnis, dass ihr Name genannt werde, wenn es um die Barley-Nachfolge gehe. Sie wolle sich an der Diskussion „aber nicht selbst beteiligen“.

Högl war schon einmal kurz davor

Die Suche geht also weiter. In der SPD kursieren die Namen der drei Juristinnen Christine Lambrecht, Sonja Steffen und Eva Högl. Die 53-jährige Hessin Lambrecht ist seit einem guten Jahr parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium. Steffen stammt aus Nordrhein-Westfalen, arbeitet aber seit 15 Jahren als Rechtsanwältin in Stralsund und zog über die Landesliste Mecklenburg-Vorpommern in den Bundestag ein. Die 55-Jährige ist die Justiziarin der SPD-Bundestagsfraktion.

Högl könnte mit einer Berufung an die Ministeriumsspitze den Karriereschritt machen, der ihr Anfang des Jahres 2018 verwehrt geblieben ist. Am Ende der Koalitionsverhandlungen von Union und SPD galt die 50-Jährige schon als gesetzt für ein Ministeramt. Doch auf den letzten Metern wurde sie von Franziska Giffey überholt, der Bürgermeisterin des Berliner Problembezirks Neukölln, da die Sozialdemokraten eine Ostdeutsche ins Kabinett schicken wollten.

Regionalproporz ist wichtig bei Postenvergabe

Giffey wurde Familienministerin, Högl blieb Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion. Und auch diesmal könnte Giffey für Högl ein Problem sein, da beide aus dem Berliner Landesverband stammen. Denn in der Politik spielt bei der Besetzung eines Postens neben der fachlichen Eignung eines Kandidaten der Regionalproporz eine bedeutende Rolle.