Höhere Leistungsausgaben bei schrumpfenden Reserven verengen die Spielräume der Betriebskrankenkassen. Foto: www.BilderBox.com/dpa

BKK-Landesverband warnt vor Belastung des Wirtschaftsstandortes Baden-Württemberg.

Die Betriebskrankenkassen (BKK) im Südwesten schlagen Alarm. „Die Finanzierungsnot in der Gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlich verordnete Abbau der finanziellen Rücklagen in den vergangenen Jahren setzen die Betriebskrankenkassen im Südwesten zunehmend unter Druck“, sagte Jaqueline Kühne, die Vorständin des Landesverbandes Süd der Betriebskrankenkassen, unserer Zeitung. Damit werde „der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg in besonderem Maße belastet“. Kühne forderte in dem Gespräch, dass „die längst überfällige Finanzreform für die Gesetzliche Krankenversicherung nun endlich kommen muss“.

Gesetzliche Vermögensabführungen verengen Spielräume

Der BKK Landesverband Süd vertritt 24 Mitgliedskassen mit Sitz in Baden-Württemberg und Hessen. Darunter zählen von Bosch, über Merck und Würth bis zu Mahle, Mercedes-Benz oder ZF&Partner Firmen, die zum mittelständischen Rückgrat des Südwestens gehören. Rund die Hälfte der organisierten BKKs sind für alle geöffnet, die restlichen Kassen betreuen nur die Versicherten ihres Betriebes. Insgesamt sind in den Kassen des Landesverbandes 2,9 Millionen Menschen versichert.

Der Verband weist darauf hin, dass das Vermögen der BKKs kontinuierlich schrumpft und damit die Handlungsspielräume der Kassen massiv eingeschränkt werde. So schlossen die Mitgliedskassen das Jahr 2023 mit einem satten Minus von 172 Millionen Euro ab. Maßgeblichen Anteil daran hatte eine Vermögensabführung der Verbandskassen an den Gesundheitsfonds in Höhe von 109 Millionen Euro – eine Konsequenz aus dem „GKV-Finanzstabilisierungsgesetz“ des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) aus dem Jahre 2022. Schon im Jahre 2021 waren die BKK-Kassen des Landesverbandes von Vermögensabführungen von damals 197 Millionen Euro betroffen, die zu einem Minus im Jahresergebnis von 137 Millionen geführt hatten.

Druck auf die Beiträge steigt

Die Betriebskrankenkassen sind von den gesetzlich vorgeschrieben Abführungen besonders hart betroffen. Tatsächlich kommen nach Angaben des Landesverbandes im vergangenen Jahr neun der zehn bundesweit höchsten Abführungen an den Gesundheitsfonds von BKKs. Hintergrund ist die übliche Politik vor allem kleinerer Betriebskrankenkassen, höhere Rücklagen zu bilden, um unerwartet teure Leistungsfälle besser abfedern zu können.

Als Konsequenz weisen die Mitgliedskassen im ersten Quartal 2024 noch ein Gesamtvermögen von 263 Millionen Euro aus. Zum Vergleich: Im Jahre 2018 hatte es noch bei 650 Millionen gelegen. Während die Reserve in den Jahren 2017 und 2018 noch etwas über einer statistischen Monatsausgabe der Kassen lag, ist dieser Prozentsatz aktuell auf 28,2 Prozent gesunken. Vier Kassen im Landesverband liegen aber aktuell schon unter 20 Prozent. Im Ergebnis drohen deutliche Beitragssatzanpassungen.

GKV-Spitzeverband sieht Mehrbedarf von bis zu 0,6 Beitragssatzpunkten

Die Forderung des BKK Landesverband Süd nach einer Finanzreform zur Stabilisierung des Gesetzlichen Krankenversicherung reiht sich ein in die Klagen, die auch vom GKV-Spitzenverband erhoben werden. Deren Chefin Doris Pfeiffer hatte in der vergangenen Woche bereits davor gewarnt, dass der zusätzliche Finanzbedarf für 2025 nach GKV-Berechnungen bei „0,5 bis 0,6 Beitragssatzpunkten“ liege, und das ohne die Berücksichtigung der Mehrausgaben durch die aktuellen Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums. Zudem sieht die GKV durch die Kosten für Krankenhausreform, den geplanten Geheimpreisen bei Arzneimitteln und der beschlossenen Entbudgetierung im hausärztlichen Bereich „zusätzliche Ausgabenrisiken in Höhe von gesamt rund 2 Milliarden Euro“ für 2025.