Mützen, Schals oder der klassische Pullover: Wollige Kleidung aus Kaschmir, Angora oder Alpaka gibt es inzwischen in allen Formen und Farben. Foto: Lichtgut/Volker Hoschek

Flauschige Edelwolle kommt nicht aus der Mode: Kaschmir, Angora oder Alpaka sind gerade im Winter beliebte Materialien. Aber sie wollen nicht nur gut gepflegt, sondern auch bewusst gekauft werden.

Stuttgart - Der lange, schwarze Wollpullover hat es ihm besonders angetan. Johnny Federico streicht über das dicke, flauschige Material - eine Mischung aus Kaschmir und Merino. „Teuer ist das schon“, sagt er, „aber das ist es mir wert. Ich habe Teile, die werde ich mein Leben lang tragen können.“

Es ist viel los im Stuttgarter Kleidungsgeschäft Ave in der Sophienstraße. Auf den Auslagen stapeln sich braune, beige und weiße Schals, Mützen oder Pullover aus weichen Wollmaterialien Alles dreht sich um Kaschmir, Angora und Alpaka. Um die Edelgewebe unter den Wollsorten.

Nicole von Puttkamer steht zwischen den Regalen, in den Händen hält sie ein paar Wollknäuel und feine Fasern. „Das Material ist einfach unglaublich angenehm zu tragen“, sagt die Expertin für Wolle. Von anschmiegsam spricht sie, und davon, dass die Wolle Wärme besonders gut speichern kann. „Kleidung aus Kaschmir oder Angora ist zeitlos – das kommt nie aus der Mode.“ Zu beachten gebe es trotzdem viel, beim Kauf von Pullis, Schals oder Mützen aus den edlen Wollsorten. „Man tut sich einen Gefallen, wenn man Sachen in klassischen, schlichten Formen und in den natürlichen Farben trägt“, sagt von Puttkamer. „Dann überdauert das jegliche Modetrends.“

Die Gewinnung der feinen Kaschmirwolle ist aufwendig – das erklärt den hohen Preis

Schon beim Kauf sollte man genau auf das Material achten: Was teuer verkauft wird, muss nicht immer auch hochwertig sein, warnt von Puttkamer. Oft wird fremde Wolle zur teuren Wolle zugemischt – wenn ein Teil aus Kaschmir seltsam günstig ist, handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um ein reines Produkt. Und: Sind die Wollfasern zu kurz, bilden sich schnell kleine Wollknötchen – das sogenannte Pilling. Je länger und feiner die Fasern sind, desto besser können sie versponnen werden, erklärt von Puttkamer – und desto hochwertiger ist folglich auch der Pulli oder Schal.

Zwischen 50 und 130 Euro kostet ein Kilo Kaschmir derzeit auf dem Weltmarkt. Die Wolle stammt von Kaschmirziegen, die inzwischen vor allem in den Hochlandgebirgen Chinas und der Inneren Mongolei leben und gezüchtet werden – kaum noch im Gebiet Kaschmir in Indien. Um die hochwertige Wolle zu gewinnen,wird das feine Unterhaar der Ziegen von Hand ausgekämmt und ausgelesen. Nur etwa 150 Gramm Wolle werden so pro Jahr und Ziege gewonnen – etwa 8000 Tonnen weltweit insgesamt. Das erklärt die hohen Preise für Produkte aus Kaschmir: Für einen Schal werden etwa 100 bis 150 Gramm Wolle benötigt, für einen Pullover sogar 300 bis 500 Gramm. Ähnlich ist das auch bei Angorawolle: Nur rund 250 Gramm Fell geben die überwiegend in China gezüchteten Kaninchen pro Jahr ab.

Skandale um die Gewinnung von Angorawolle

Nicht nur die aufwendige Gewinnung der Wolle macht Kleidung aus Kaschmir, Angora oder Alpaka zu besonderen Stücken, sagt Nicole von Puttkamer. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Pflege viel Aufwand bedeutet.“ Waschen sollte man die Wollstücke nur im Wollwaschgang oder von Hand bei maximal 30 Grad – statt mit Waschmittel besser mit Shampoo. Getrocknet und gelagert werden sollten die Stücke am besten im Liegen, zusammen mit Mottenkugeln. „Wichtig ist auch, die Kleidungsstücke regelmäßig gut zu lüften und ab und an heiß zu trocknen oder mit dem Bügeleisen vorsichtig zu dämpfen – dann werden die Fasern wieder ganz flauschig“, sagt von Puttkamer. Wer unsicher ist, sollte im Fachgeschäft nachfragen, rät die Expertin – sonst werde das teure Stück schnell zum fusseligen Albtraum.

Weil die Qualität der Wollprodukte oft schwer einzuschätzen ist, setzen Verkäufer hierzulande verstärkt auf Herstellung oder Verarbeitung in Europa und auf Zertifikate, sagt ave-Ladenbesitzer Stephan Kalbfell.

Denn immer wieder hat vor allem die Gewinnung von Angorawolle in den vergangenen Jahren für Skandale und Schlagzeilen gesorgt. Auch bei den anderen, von Tieren gewonnenen Wollsorten – insbesondere den besonders hochwertigen – warnen Tierschützer. „Für Kaschmir, Angora oder Alpaka leiden die Tiere häufig versteckt in Asien oder Südamerika“, sagt Frank Schmidt, Fachreferent für Tiere in der Bekleidungsindustrie bei der Tierrechtsorganisation Peta. „Für die Schur im Akkord werden Alpakas, Angora-Kaninchen oder Kaschmirziegen stressvoll fixiert oder gefesselt und häufig bei der Schur verletzt.“ Problematisch sei in vielen Fällen auch die Rückverfolgbarkeit und Transparenz der Herstellungsprozesse, warnt Peta-Experte Schmidt. Ob es sich bei Nachhaltigkeits-Versprechen und bestimmten Zertifikaten also tatsächlich um nachhaltige und tierfreundliche Gewinnung handelt oder eher um ein Marketingversprechen, sei kaum nachvollziehbar, sagt Schmidt.

Schon allein deshalb müsse man bereit sein, einen gewissen Preis zu zahlen für Kaschmirsachen, sagt Johnny Federico. Für seinen schwarzen Wollpulli zahlt er knapp 300 Euro – und hofft, dass das eine Investition für mehrere Winter ist.