Wie schnell darf ich hier fahren? Google Maps zeigt seit einigen Tagen auch hierzulande Tempolimits an. Wir haben ausprobiert, wie gut der Dienst in Stuttgart funktioniert.
Google will Autofahrern das Blitzer-Bußgeld ersparen: Die Karten-App Maps zeigt nun auch die Tempolimits auf deutschen Straßen an. Seit vergangener Woche blendet der Kartendienst ein kleines Verkehrszeichen mit der aktuell geltenden Höchstgeschwindigkeit in der linken unteren Ecke ein.
Die deutschen Autofahrer mussten lange warten auf diesen Moment. Google bietet den Tempo-Service zwar schon seit rund vier Jahren an – allerdings war das Icon bisher Ländern wie den USA, den Niederlanden und Großbritannien vorbehalten. Nun hat Google weitere 20 Länder freigeschaltet, darunter auch Deutschland.
Die Tempolimits in Stuttgart kennt die App nun auch – und zwar verblüffend gut. Auf unserer Testfahrt quer durch die Innenstadtbezirke stimmt die digitale Tempotafel fast immer und wechselt nahezu metergenau neben dem Verkehrsschild.
Im richtigen Tempo durch die Innenstadt
Die App weiß beispielsweise, dass Tempo 40 auf der Rotebühlstraße stadtauswärts gilt. Beim Abbiegen in die Senefelderstraße schaltet Google Maps rasch auf 30 Kilometer pro Stunde (km/h) um. Und selbst die kurze Tempo-30-Zone vor der Schickhardt-Schule hinter dem Schwabtunnel in Stuttgart-Süd kennt Google Maps und ändert das Höchstgeschwindigkeits-Icon während des rund 200 Meter langen Abschnitts.
An einigen Stellen kapituliert die App jedoch. Auf der Schwabstraße etwa verhaspelt sich das Tool bei den ständigen Tempowechseln zwischen 30 und 40 auf dem Weg zum Hölderlinplatz.
Und auch auf der B14 entlang des Unteren Schlossgartens in Richtung Innenstadt patzt Google Maps. Die App blendet das Tempo-50-Icon viel zu spät aus. Und das kann Folgen haben: Denn zahlreiche Blitzer säumen die Route, die aufgrund der schlechten Luftqualität am Neckartor eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h zulässt. Das richtige Tempo zeigt die App gar nicht erst an – sondern blendet das Hinweistäfelchen komplett aus.
Nach eigenen Angaben lässt Google drei Datenquellen in die Tempoanzeige einfließen. Der US-Konzern erfasst unter anderem offizielle Behördendaten – wie das grundsätzliche Tempo-50-Gebot für geschlossene Ortschaften in Deutschland. Außerdem scannt Google die Straßenschilderfotos, die Kamerafahrzeuge unter anderem für den 3D-Rundumblick Street View abgelichtet haben. Diese Schnappschüsse werden mit dem GPS-Signal der Aufnahme abgeglichen, um den genauen Ort des Tempowechsels an die Karten-App zu übermitteln.
Außerdem speist Google die Karten-App mit Echtzeit-Bewegungsdaten der Nutzerinnen und Nutzer, die an das Unternehmen gesendet werden, sobald die App verwendet wird. Aus der Durchschnittsgeschwindigkeit leitet die Software ab, ob der Verkehr auf einer Strecke dauerhaft langsamer oder auch schneller rollt. Wenn das Durchschnittstempo sinkt, dann ist das laut Google ein Indiz dafür, dass die Maximalgeschwindigkeit auf dieser Strecke herabgesetzt worden ist.
Ganz so einfach ist die Entwicklung des Tempo-Assistenten aber offenbar nicht – auch wenn künstliche Intelligenz (KI) als Hilfsmittel eingesetzt wird. „Bildmaterial und Daten bilden eine solide Grundlage für unser Modell“, heißt es in einem Google-Blogbeitrag. „Die Geschwindigkeitsbegrenzungen ändern sich jedoch ständig, was die Aktualisierung erschwert.“
Google speist autonom fahrende Autos
Auch die unterschiedlichen Straßenschilder seien eine Herausforderung gewesen. So seien die Schilder in den USA häufig mit „Speed Limit“ („Höchstgeschwindigkeit“) beschriftet, während in Deutschland lediglich eine schwarze Zahl auf einem rot umrandeten, weißen Hintergrund steht. Außerdem müssen Baustellen, Spielstraßen, 30er-Zonen und neu ausgewiesene Luftreinhaltungsgebiete berücksichtigt werden.
Die Anzeige soll Verkehrsteilnehmern dabei helfen, an nebligen Tagen und auf unübersichtlichen Straßen das richtige Tempo einzuhalten. Doch Google bietet die Technologie auch Autobauern an, um selbstfahrenden Autos die richtige Maximalgeschwindigkeit einzuflüstern und die EU-Verordnung für den sogenannten intelligenten Geschwindigkeitsassistenten (ISA) zu erfüllen. Der Tempoassistent soll Fahrerinnen und Fahrer vor zu hoher Geschwindigkeit warnen – und ist vom 7. Juli an Pflicht in allen Neuwagen.