Bisher erledigen die staatlichen Förster den Holzverkauf von Privatwaldbesitzern mit – doch das dürfen sie künftig nicht mehr Foto: dpa-Zentralbild

Die Diplomatie ist am Ende: Nachdem das Bundeskartellamt den staatlichen Förstern ultimativ verboten hat, für private Waldbesitzer zu arbeiten, geht das Land voll auf Konfrontation und bereitet das Gerichtsverfahren vor.

Stuttgart - Im Streit mit dem Bundeskartellamt um die Holzvermarktung gibt das Land jegliche Zurückhaltung auf und wirft den Wettbewerbshütern Ignoranz und Fehler vor. Hatte es noch bis vor wenigen Monaten so ausgesehen, als könnten sich beide Seiten auf einen Kompromiss einigen, so ist diese Hoffnung spätestens Mitte April zerstoben, als die Kartellwächter ein drittes Abmahnschreiben nach Stuttgart schickten.

Darin untersagen sie dem Land in verschärfter Form, dass es gemeinsam mit dem eigenen Holz auch jenes von kommunalen und privaten Waldbesitzern vermarktet. Die staatlichen Förster dürfen die fremden Bäume auch nicht mehr auszeichnen und den privaten oder kommunalen Waldbesitzern auch sonst nicht mehr helfen. Denn dies, so die Begründung, verstoße gegen europäisches und deutsches Kartellrecht.

„Durch die Übernahme des Revierdienstes erhält dass Land Baden-Württemberg einen erheblichen direkten Einfluss auf die Wettbewerbsposition seiner unmittelbaren, von ihm betreuten Konkurrenten aus dem Privat- und Körperschaftswald bei der Vermarktung ihres Holzes“, argumentiert die Bonner Behörde und nennt dem Land Fristen, um dies abzustellen: je nach Größe des Waldbesitzes von 1. Oktober 2015 bis spätestens 1. Januar 2017. Neu ist, dass auch den Landräten und ihren Untergebenen verboten wird, Holz aus dem Kommunal- und Privatwald zu verkaufen.

Völlige Zerschlagung der bisherigen Forststruktur?

Das Land und seine Kommunen, aber auch die privaten Waldbesitzer sind sich in ihrer Ablehnung der kartellrechtlichen Forderungen einig. Ihrer Auffassung nach kommt dies einer völligen Zerschlagung der bisherigen Forststruktur gleich.

Nachdem die Bonner Behörde ihr ursprünglich signalisiertes Entgegenkommen, gewisse staatliche Forst-Dienstleistungen für die Kommunen zu akzeptieren, wieder zurück genommen habe, bleibe nichts als der Gang vors Gericht. „Die Rechtsauffassungen des Bundeskartellamts überzeugen nicht“, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Forstminister Alexander Bonde (Grüne) und den Präsidenten der drei kommunalen Spitzenverbänden: „Daher ist ein gerichtliches Vorgehen gegen eine zu erwartende Untersagungsverfügung voraussichtlich unvermeidbar.“

Zuvor aber feuert das Land volle Breitseite gegen die Bonner Behörde. In der am vergangenen Freitag abgegebenen Stellungnahme werfen die Anwälte des Landes den Wettbewerbswächtern „diverse schwerwiegende Fehler inhaltlicher Art“, veraltete Zahlenangaben, methodische Schwächen, argumentative Widersprüche, aber auch schlicht Ignoranz vor.

Die Wettbewerbshüter hätten den baden-württembergischen Verwaltungsaufbau sowie die Doppelstellung des Landrats als erster Landkreisbeamter einerseits und als Teil der hoheitlichen Landesverwaltung andererseits „nach wie vor nicht richtig verstanden“, heißt es in der Stellungnahme für das Kartellamt.

Dies verkenne auch, dass das Land mit der Betreuung im Privatwald eben „keine wirtschaftlichen Interessen verfolgt, sondern für das Land die Gemeinwohlleistungen auch des Privatwaldes im Vordergrund des hoheitlichen Handelns stehen“. Es sei eben falsch, den Wald lediglich nach seiner Nutzfunktion zu beurteilen.

Das Säbelrasseln der Landes – Bonde hat mit der Stellungnahme das Stuttgarter Büro der Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle beauftragt – ist ein Vorgeplänkel des zu erwartenden Rechtsstreits vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Bonde rechnet bereits in den nächsten Wochen damit, dass Bonn dem Land die bisherige Praxis formell untersagt. Und zwar mit sofortiger Wirkung. Dann, so kündigte Bonde kürzlich den Forstbediensteten an, werde Baden-Württemberg umgehend Rechtsmittel einlegen: „Wir sind von unserer rechtlichen Position überzeugt.“ Es bahnt sich also ein Showdown um Baden-Württembergs Forstverwaltung an – und alle Bundesländer verfolgen ihn gebannt, denn auch ihre Organisation steht damit auf dem Prüfstand.