Auf dem Karstadt-Areal soll ein Wohn- und Geschäftsgebäude samt zweigeschossiger Tiefgarage entstehen – letztere sorgt nun für Kritik. Foto: Roberto Bulgrin

Nach langen Debatten hat der Gemeinderat den Plänen für das Karstadt-Areal Ende 2020 zugestimmt. Nun gibt es erneut Kritik: Verkehrsverbände halten die geplante Tiefgarage für überdimensioniert.

Esslingen - Nach heftigen Diskussionen und zähem Ringen hat der Gemeinderat Ende 2020 sein Plazet zu den Plänen für das Karstadt-Areal gegeben. Doch die Kritik am Konzept für die zentrale Fläche reißt nicht ab. Nun melden sich örtliche Verkehrsverbände zu Wort. Sie monieren, dass die unter dem künftigen Wohn- und Geschäftshaus geplante Tiefgarage überdimensioniert sei und ein zukunftsträchtiges Verkehrskonzept verhindere.

 

Für den Esslinger Kreisverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) ist klar, dass eine fußgängerfreundlichere und autoarme Innenstadt auf absehbare Zeit nicht realisierbar ist, sollten die aktuellen Pläne umgesetzt werden. Vorgesehen ist eine zweigeschossige Tiefgarage mit 220 Stellplätzen, von denen 120 auf die rund 165 neuen Wohnungen entfallen, die auf dem Areal entstehen sollen, sowie 40 auf Gewerbeflächen. Die verbleibenden 60 Parkplätze sollen Karstadt-Kunden zur Verfügung stehen.

Vorteile für Autos, Nachteile für Fußgänger und Radler

Der VCD glaubt, dass diese Pläne es der Stadt unmöglich machen würden, ihre Stadtentwicklungs- und Klimaziele zu erreichen. „Eine so große Anzahl von zusätzlichen Parkplätzen im Herzen der Altstadt manifestieren dort über Jahrzehnte hinweg sehr viel Autoverkehr“, schreibt der Verband in seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan für das Karstadt-Areal. 220 Tiefgaragen-Stellplätze auf dem Karstadt-Areal würden der Autonutzung für die nächsten Jahrzehnte uneinholbare Vorteile gegenüber dem öffentlichen Nahverkehr verschaffen. Und das, obwohl der Standort eigentlich hervorragend an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sei. Zudem würde die Fußgängerachse Bahnhofstraße durch die zahlreichen Autofahrten zerschnitten.

Der VCD fordert deshalb, dass die Stadt die Stellplätze für die künftigen Bewohner des Karstadt-Areals in den bereits bestehenden, nahe gelegenen Parkhäusern unterbringt. Auch die 60 Karstadt-Kundenparkplätze seien in der Tiefgarage des ES oder im Bahnhofsparkhaus deutlich stadtverträglicher untergebracht. Auf dem Karstadt-Areal hingegen sollten nur Stellplätze für mobilitätseingeschränkte Personen und Pflegedienste sowie Ladezonen für Lieferverkehr und Gewerbe eingerichtet werden.

Gefährdung eines sensiblen Bereichs

Ähnlich kritisch bewertet der Esslinger ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad Club) die Pläne. Die Martinstraße, von der aus die geplante Tiefgarage erschlossen werden soll, sei ein sehr sensibler Bereich. Denn sie kreuze die Bahnhofstraße, die sich zu einer stark frequentierten Fußgängerzone entwickelt habe. Damit Fußgänger, Radfahrer und Autos hier gleichberechtigt sind, müsse sie als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen werden. Damit ergäbe sich auch eine Querverbindung zur Fußgängerzone in der Pliensaustraße und dem Unteren Metzgerbach. Das wiederum sei eine Chance für Gastronomie und Handel, den Aufenthalt in der Innenstadt attraktiv zu gestalten. Das derzeit geplante Tempo 20 sei hingegen ungeeignet. Zudem sei die Tiefgarage zu groß geplant. Sie erzeuge zu viel motorisierten Verkehr, der die Bahnhofsstraße zerschneide und die Aufenthaltsqualität in der Martinstraße zerstöre. Zumindest entschärfen könne die Stadt die Situation, wenn sie die Karstadt-Kundenparkplätze mit den Stellplätzen für Dauerparker in nahe gelegenen Tiefgaragen tausche. So könnten die Fahrten durch die Martinstraße reduziert werden, weil Dauerparkplätze weniger oft angefahren würden.

Der Verein Esslingen-Feinstaub-Lärm kritisiert, dass eine Tiefgarage in den geplanten Dimensionen die Martinstraße zu einem Parkplatz-Zubringer degradieren würde – und damit ihr Potenzial als Flaniermeile verschenke. Zudem würde die Aufenthaltsqualität in der Bahnhofsstraße durch permanent querenden Autoverkehr leiden. Das würde auch den stationären Einzelhandel beeinträchtigen, der sich langfristig nur in einer attraktiven Innenstadt gegen die Konkurrenz im Internet durchsetzen könne.