Frauen tun sich noch schwer beim Netzwerke-Knüpfen Foto: dpa

Beim Knüpfen von Kontakten brauchen Frauen Nachhilfe, sagt Netzwerkexpertin Steck.

Felicitas Steck sagt, dass wir in einer Netzwerkgesellschaft leben. Wer im Beruf weiterkommen will, braucht Unterstützer in wichtigen Positionen. Im Interview erklärt sie, was ein Netzwerk bringt, welche Formen es gibt und warum Frauen das strategische Netzwerken noch lernen müssen.

Von Anne Guhlich

Steigen Frauen langsamer auf, weil sie nach der Arbeit nicht mit ihrem Chef Bier trinken gehen und über die Bundesliga sprechen?

Da ist was dran. Es gibt eine Studie, die besagt, dass speziell in Führungspositionen viele Stellen nicht über Anzeigen vergeben werden, sondern über Netzwerke.

Was soll eine Frau tun, wenn sie keine Lust hat auf Gespräche über Fußball?

Das ist ein Problem: Frauen und Männer haben nicht die gleichen Gesprächsthemen. Beim Mittagessen in ihrem Unternehmen sitzen sie oft getrennt. Die Männer aus der Chefetage unterhalten sich dann über ihre Projekte, tauschen wichtige Insider-Informationen aus - auch darüber, welche Stellen neu zu besetzen sind. Leider bestehen die Chefetagen vor allem aus Männern.

Und die Frauen?

Sie bleiben außen vor. Weil sie lieber über ihre eigenen Themen sprechen und weniger über ihr berufliches Weiterkommen.

Ein Klischee, oder?

Nein, dazu gibt es Untersuchungen. Frauen sollten sich selbstbewusst mit mächtigen Männern verabreden und sich zu ihnen an den Tisch setzen. Dort beginnen viele Karrieren. Noch unterschätzen Frauen das.

Warum?

Frauen assoziieren den Begriff noch mit Seilschaft. Sie haben Vorurteile. Sie denken: Da ist eine Gruppe schlecht qualifizierter Leute, die einander Aufträge zuschieben, weil sie sich kennen. Frauen sagen sich: Das haben wir nicht nötig. Das ist allerdings ein Fehler. Es ist gut, wenn Frauen selbstbewusst sind, aber die dürfen daraus nicht folgern: Wir schaffen es alleine. Es ist wichtig, vernetzt zu agieren in allen Bereichen. Frauen haben außerdem manchmal moralische Bedenken.

Inwiefern?

Einer Frau fällt es schwer, ihren Chef darauf anzusprechen, ob er mit ihr essen geht. Sie denkt, er könnte es falsch verstehen und glauben, dass sie eine Gehaltserhöhung will. Und wenn schon. Es ist wichtig, mit seinen Vorgesetzten darüber zu sprechen, welche Perspektiven im Unternehmen für einen bestehen, und seine Kompetenzen und seine Interessen aufzuzeigen.

Hat Netzwerken was mit Ausnutzen zu tun?

Eben nicht. Unter Männern ist das gang und gäbe. Wenn Männer sich verabreden, tauschen sie interessante Informationen aus. Das ist nichts Einseitiges. Der Mitarbeiter hat interessante Informationen für den Chef und umgekehrt. Es ist ein Nehmen und Geben - keine einseitige Ausnutzung.

Netzwerken bedeutet also: Man trifft sich zur zielgerichteten Kommunikation?

Genau. Netzwerken bedarf einer Strategie. Die Frauen müssen ihre Ziele strategisch verfolgen und wissen, wie sie diese mit Netzwerken erreichen können. Dann wählen sie gezielt Maßnahmen und eine Kommunikationsform, die dazu passt. Sie setzen Ressourcen ein - wie bei jeder Strategie.

Welche Netzwerke gibt es?

Man unterscheidet zwischen formellen und informellen Netzwerken. Formelle Netzwerke sind Verbände oder beispielsweise Frauennetzwerke. Bei informellen Netzwerken lerne ich Menschen kennen, die ich regelmäßig treffe und deren Verbindungen ich in Anspruch nehme.

Welche sind wichtiger?

In informelle Netzwerke ist schwieriger reinzukommen. Sie bestehen aus Personen, die sich schon lange treffen und kennen. Über ein formelles Netzwerk kann man einzelne Personen kennenlernen, um so in das informelle Netzwerk eingebunden zu werden. Ich muss mich interessant und kompetent darstellen, um dann eingeladen zu werden.

Wie verkauft man sich am besten?

Frauen bleiben dabei oft unter ihren Möglichkeiten. Sie übernehmen neue berufliche Herausforderungen oft erst, wenn sie sich sicher sind, über die notwendigen Kompetenzen zu verfügen. Männer sagen hingegen: Der Vorstandsposten ist eine große Aufgabe, aber ich kann sie lernen. Dieses Selbstbewusstsein brauchen Frauen auch. Sie müssen die Selbstvermarktungsbühne, die so ein Netzwerk darstellt, auch nutzen.

Dazu braucht man Aufmerksamkeit.

Ja. Es bringt nichts, passiv in einem Netzwerk zu sein. Man muss Aufgaben übernehmen, um als Person wahrgenommen zu werden. Man muss bei Vorträgen oder Diskussionen durch qualifizierte Redebeiträge auffallen. Und zwar auch kontinuierlich.

Das hört sich zeitintensiv an.

Stimmt. Man darf eben nicht von einem Netzwerk zum anderen springen. Man muss sich strategisch überlegen, was man will und welche Leute man dafür kennenlernen möchte. Dann wählt man seinen Zielen gemäß Netzwerke. Es gibt beispielsweise spezielle Frauennetzwerke.

Ist es sinnvoll, wenn man die Trennung von Mann und Frau am Mittagstisch in den Netzwerken fortsetzt?

Das hängt von der Strategie ab. Wenn ich in erster Linie Rückhalt und Feedback möchte, dann ist ein Frauennetzwerk genau das richtige. Dort kann ich erfolgreiche Frauen kennenlernen und von ihnen lernen, wie sie es geschafft haben. Wenn ich aber eine Führungsposition anstrebe, sollte ich zusätzlich einem gemischt-geschlechtlichen Netzwerk beitreten, weil ich dort die Entscheider kennenlernen und meinen Bekanntheitsgrad erhöhen kann.

Man sagt immer, Frauen seien das kommunikative Geschlecht. Warum können Männer dann besser netzwerken?

Wir vergessen oft, dass Frauen erst seit 100 Jahren an Hochschulen dürfen. Männer haben eine ganz andere Geschichte. Wir Frauen müssen Erfolgsstrategien im Networking erst lernen.

Netzwerk-Workshop für Frauen: Freitag, 15. Oktober, um 19 Uhr im Stuttgarter Turmforum im Hauptbahnhof mit Felicitas Steck