In ihrer Doppelrolle als „Mama Hexe“ und Medea überzeugt vor allem Natascha Beniashvili-Zed, die mit durchdringendem Blick vom Schmerz des Verlassen-Werdens berichtet. Foto: Michael Schill

Edith Koerber inszeniert „Karriere, Kinder, Küche?“ in der tri-bühne. Das Stück basiert auf vier Szenen aus „Nur Kinder, Küche, Kirche“ von Franca Rame und Dario Fo, das 1977 mit Franca Rame uraufgeführt wurde. 38 Jahre sind vergangen – an der Aktualität des Themas hat sich nichts geändert.

Stuttgart - „Was? Schon halb sieben?“, mit Schrecken erwacht die Mutter und Fabrikarbeiterin aus einem Albtraum, springt hektisch auf und versucht zeitgleich, ihr Baby zu wickeln, ihre Schlüssel zu finden und sich selbst anzuziehen, um pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen. Der Herr Papa liegt derweil noch im Bett und schläft – im alltäglichen Kampf um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist er keine große Hilfe.

Das kann er aber auch gar nicht sein, denn als Teil des Bühnenbilds ist er nur aufgemalt. Männer spielen in dem Stück „Karriere, Kinder, Küche?“, das Edith Koerber an der Stuttgarter tri-bühne inszeniert, nur in den Erzählungen der weiblichen Protagonisten eine Rolle – selbst zu Wort kommen sie nicht.

Die vier scheinbar zusammenhanglosen Szenen – drei Monologe und ein abschließender gemeinsamer Auftritt der drei Schauspielerinnen – verbindet ein zutiefst feministischer Grundton. Sowohl die Mutter und Fabrikarbeiterin (Natascha Kuch), die kommunistische „Mama Hexe“ (Natascha Beniashvili-Zed), die Nutte in der Heilanstalt (Sofie Alice Miller) wie auch die Sagengestalt Medea (ebenfalls Beniashvili-Zed) wenden sich gegen ihre Unterdrückung durch die patriarchalische Gesellschaft.

Vorlage des eineinhalbstündigen Stücks sind vier Szenen aus „Nur Kinder, Küche, Kirche“ von Franca Rame und Dario Fo, das 1977 mit Franca Rame uraufgeführt wurde. 38 Jahre sind seither vergangen, doch an der Aktualität des Themas hat sich nichts Grundlegendes geändert, wie schon der Titel zeigt: Einzig das Wort „Kirche“ hat Koerber ersetzt durch die Karriere – ein Fingerzeig auf die Mehrfachbelastungen, denen Frauen heutzutage ausgesetzt sind.

In ihrer Doppelrolle als „Mama Hexe“ und Medea überzeugt vor allem Natascha Beniashvili-Zed, die mit durchdringendem Blick vom Schmerz des Verlassen-Werdens berichtet. Im Laufe des Stücks, das von der Gegenwart in die Antike führt, leert sich die Bühne. Stellen in der ersten Szene noch bemalte Leintücher und ein Pappkühlschrank die Wohnung der Fabrikarbeiterin dar, muss „Mama Hexe“ bereits mit einem leinenen Beichtstuhl auskommen. Der Prostituierten steht nur ein Stuhl zur Verfügung. In der letzten Szene müssen die Darstellerinnen dann ganz ohne Hilfsmittel auskommen – so steht die Problematik am Ende des Stücks vollkommen im Zentrum des Geschehens.

Die nächsten Vorstellungen sind am 23. Mai, 24., 26. und 27. Juni, 24. und 25. Juli. Karten unter: 07 11 / 2 36 46 10