Vor dem Karlsruher Schloss wird Boule gespielt Foto: Daniel Schoenen/Karlsruhe Tourismus

Die Fächerstadt Karlsruhe wird in diesem Jahr 300 Jahre alt. Begangen wird dieser Geburtstag mit einem riesigen Angebot an Kunst, Kultur und einem Festival.

Karlsruhe - Zugegeben: In Karlsruhe ist es derzeit an manchen Stellen ziemlich laut. Die Straßenbahn wird über eine Strecke von zwei Kilometern untertunnelt, diverse Neubausiedlungen sind entstanden, der Marktplatz ist eine einzige Baustelle. Zudem hat sich erst vor kurzem ein Loch unter der Straßenbahn aufgetan, auch hier ist also einiges zu richten. Doch über all das kann man getrost hinwegsehen – findet jedenfalls die resolute Gästeführerin Ursula Friede. „Wenn ich immer nur das Negative sehe, komme ich doch nicht weiter im Leben“, sagt sie und weist lieber auf die schönen Seiten ihrer Heimatstadt hin.

Dass es die in der nun 300 Jahre alten und mit mehr als 300 000 Einwohnern zweitgrößten Stadt Baden-Württembergs haufenweise gibt, ist unbestritten. Seien es nun die Jugendstilhäuser in der Oststadt, die damals für Fabrikarbeiter gebaut wurden und in denen heute vornehmlich Studenten in Wohngemeinschaften leben; sei es die beeindruckende Stefanskirche, die 1815 für Napoleons Stieftochter Stefanie erbaut wurde. Oder sei es das prächtige Karlsruher Schloss, das inmitten des herrlichen und 60 Hektar großen Parks liegt.

Keine Frage: Karlsruhe kann in vielerlei Hinsicht stolz auf sich sein. So diente die fächerförmige Anordnung der Straßen als Vorlage für Washington D.C. Mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) hat die Fächerstadt die weltweit größte Kulturfabrik vorzuweisen. Zudem gehört die 1846 eröffnete Staatliche Kunsthalle deutschlandweit zu den ältesten und bedeutendsten Museen.

Viele dieser Einrichtungen feiern nun mit Karlsruhe dessen Geburtstag und beteiligen sich mit großen Ausstellungen. So widmet sich etwa die Ausstellung „Karl Wilhelm 1679–1738“ im Badischen Landesmuseum noch bis zum 18. Oktober der faszinierenden Person des Stadtgründers, der von seinen Zeitgenossen als willensstark, eitel, aber auch als mutiger Kriegsoffizier beschrieben wurde. Die passionierte Kunstsammlerin Karoline Luise von Baden wird in der Staatlichen Kunsthalle mit der Großen Landesausstellung „Die Meistersammlerin“ (bis 6. September) mit niederländischen Meisterwerken des 17. Jahrhunderts und bedeutenden französischen Gemälden aus dem 18. Jahrhundert geehrt.

Auch der Stadtarchitekt Friedrich Weinbrenner wird aus Anlass des Jubiläums honoriert. In der Städtischen Galerie Karlsruhe erfahren die Besucher bis zum 4. Oktober alles über den berühmten Baumeister und Stadtplaner des Klassizismus, der wie kein anderer das Erscheinungsbild der Stadt geprägt hat und bis heute prägt.

Mehr als 500 Veranstaltungen im Schlossgarten

„Globale“ ist der Titel des Kunstereignisses im Zentrum für Kunst- und Medientechnologie (ZKM). Bis Mitte April 2016 zeigt die Ausstellung die Vielfalt und den Reichtum der globalen Gegenwartskunst. Dabei verknüpfen internationale Künstler Kunst, Wissenschaft, Technologie und Demokratie miteinander.

Wem der Sinn mehr nach Kultur und Kunst an der frischen Luft steht, der sollte sich am besten in den weitläufigen Schlossgarten begeben, denn dort hat noch bis zum 26. September der Festivalsommer seine Heimat. Insgesamt mehr als 500 Veranstaltungen finden hier ab dem frühen Morgen bis spät in die Nacht statt. So können sich Turnfans ab 7 Uhr beim morgendlichen Frühsport wie Yoga, Tai-Chi oder Qigong austoben oder mit einem Lauftreff durch den Wald joggen. Beim „Entdecker-Camp“ können Kinder und Jugendliche in Forschungsgruppen Neues entdecken, während sich beim „Stadtteil-Duell“ die Stadtteile von ihren schönsten Seiten präsentieren und um die Gunst des Publikums kämpfen. Gemeinsam mit spannenden Gästen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft diskutieren die Karlsruher Bürger bei den „Stadtgesprächen“ interessante Themen rund um die Stadt. Und an den Abenden heißt es schließlich „Vorhang auf“ für Konzerte, Theateraufführungen, Kinofilme, Musik, Kabarett, Comedy.

Die Feierlichkeiten zum 300. Stadtjubiläum seien nicht immer ganz unumstritten gewesen, berichtet Stadtführerin Ursula Friede. Zu teuer, zu aufwendig, zu kompliziert sei das alles. Vor allem der Pavillon im Schlossgarten als Dreh- und Angelpunkt und Veranstaltungsort des Festivalsommers habe viel Kritik geerntet. Doch seit die Festivitäten Ende Juni angelaufen seien, müssten auch die Skeptiker einsehen, dass ein großer Stadtgeburtstag mit vielen Veranstaltungen auch gut fürs Image der Stadt ist. Und um auch die letzten Argwöhner am Ende von ihrem Tun zu überzeugen, ließ die Stadt flugs T-Shirts drucken, auf denen die Aufschrift zu lesen ist: „So isch’s worre!“( so ist es jetzt geworden).