Internetfachmann Wilhelm Bühler aus Stutensee bei Karlsruhe spezialisierte sich 2015 auf die Tätigkeit als „digitaler Bestatter“ Foto: Stefan Jehle

Wenn jemand stirbt, wartet nicht selten ein riesen Berg Arbeit im Internet. Online-Bankkonten, Bestellungen und Facebook-Profile. Wer kümmert sich darum?

Karlsruhe - Jeder Mensch, der stirbt, hinterlässt im Online-Zeitalter oft zahlreiche virtuelle Spuren. Einträge im Netz können auf ewig bestehen bleiben, wenn sich nach einem plötzlichen Todesfall niemand um deren „Abwicklung“ kümmert. Der Internetfachmann Wilhelm Bühler aus Stutensee bei Karlsruhe spezialisierte sich 2015 auf die Tätigkeit als „digitaler Bestatter“. Ein Berufszweig, der in den USA derzeit gerade boomt: und auch hierzulande zunehmend an Bedeutung gewinnen dürfte.

 

Liste mit Paawörtern hinterlassen

Deutsche Verbraucherzentralen mahnen schon seit geraumer Zeit, einen „Letzten Willen“ auch für gespeicherte Daten zu hinterlassen. Durch die Nutzung der sozialen Netzwerke, den Austausch von Fotos in Clouds, oder durch online erledigte Bankgeschäfte und die oft zahlreich angelegten Accounts für Bestellungen bei Online-Shops stehen viele Menschen auf vielfältige Art im Austausch über das Internet. Die Spuren, die im plötzlichen Todesfall zurückbleiben, bergen dabei auch Gefahren. Das fange an bei ganz banalen Dingen, sagt Bühler: meist werde empfohlen, Passwörter für Zugänge zu Netzwerken oder Laptops nicht aufzuschreiben. Wenn diese aber nirgendwo hinterlegt seien, könnten weder Angehörige noch der digitale Nachlassverwalter darauf zugreifen. Sein Vorschlag: eine Liste der Online-Konten zu erstellen, ohne die Passwörter. Und gleichzeitig, separat abgelegt, eine Passwortliste nur mit den gedruckten, lesbaren Passwörtern.

„Digitale Bestatter“ wie Wilhelm Bühler kann man derzeit wohl nahezu an einer Hand abzählen. Er selbst wisse im Südwesten „nur von einer weiteren Kollegin aus Freiburg“. Diese ist gleichzeitig als Grabrednerin tätig. Seine Kunden bekommt Bühler meist über regionale Bestattungsunternehmen vermittelt – sozusagen als die „analoge“ Schnittstelle, zu der virtuell-digitalen Welt, um deren Nachlass er sich kümmert. Zu rund 50 Bestattern („die sind mein Vertriebsmodell“) im Großraum Karlsruhe hat er bei Start seines Dienstleistungsangebots persönlich Kontakt aufgenommen, seine Flyer hinterlegen lassen.

Beim Online-Konto ging es um mehrere Tausend Euro

„Mein Ziel ist der möglichst direkte Kontakt zu den Auftraggebern“, sagt er. Ganz im Gegensatz zu reinen Online-Anbietern, etwa in Bayern oder in Berlin. Wilhelm Bühler hatte gleich in den ersten Wochen seiner Tätigkeit einen Fall, in dem ein Mann vor seinem Unfalltod eine Reise für zwei Personen im Internet buchte. Hier liefen die Fristen: Bühler konnte die Hotelbuchung gerade noch rechtzeitig stornieren. Im gleichen Fall fand er auf dem Laptop den Zugang zu einer Kreditkarte mit Guthaben, zu der Kontoauszüge nur elektronisch vorlagen. Eine Plastikkarte war nicht zu finden. Dabei ging es um mehrere Tausend Euro.

Bühler hatte am Beginn seiner Berufstätigkeit lange für jenen Karlsruher Uni-Professor gearbeitet, der 1984 „die erste E-Mail auf deutschem Boden“ empfing, und ist deshalb überzeugt, er habe „das Internet mit aufgebaut“. Ein seriös tätiger Nachlassverwalter „findet und sichert finanzielle Werte und auch persönliche Erinnerungsstücke wie Fotos“, sagt Bühler. Sein wichtigstes Ziel: „Es sollten keine Informationen in falsche Hände kommen“. Dabei müssten Angehörige und Erben einem „digitalen Bestatter“ wie ihm mit Vertrauensvorschuss beim Zugang zu Rechnern und Smartphones des Verstorbenen ausstatten. Sein Kapital: „Verschwiegenheit.“ Schwierig sei es, in Sozialen Netzwerken wie Facebook Profile zu löschen: oft müsse er mit dem Totenschein die Berechtigung nachweisen. Noch immer gelte sein Tätigkeitsfeld für viele als Neuland, sagt er. Der Name seiner Firma enthält Anleihen an Seelenvorstellungen in der altägyptischen Mythologie.

Aus drei Silben besteht der Name „Kabaach“: „Ka“ stehe für „tote Seele“, „Ba“ meine die „freie Seele“, die sich nach dem Tod in ein Tier verwandle – und schließlich der „Ach“, den Geist, der nach dem Tod entstehe. „Digitales Leben endet nicht mit dem Tod des Menschen“, sagt er. Kürzlich habe die Bundesregierung eine Studie des Fraunhofer-Instituts publiziert. Darin würde für „digitale Nachlassverwaltung“ ein Boom vorhergesagt im Jahr 2030.