Karlshöhe um 1900: Damals gab es weniger Bäume als heute. Wer den Kessel umrunden wollte, musste über die Brücke Foto: Verschönerungsverein

Die Karlshöhe in Stuttgart gibt es nicht erst seit 125 Jahren. Doch weil die Anhöhe 1889 nach dem württembergischen König Karl benannt worden ist, feiert der Verschönerungsverein Stuttgart an diesem Samstag den 125. Geburtstag des Aussichtsbergs.

Stuttgart - Mitte Juni berichtete unsere Zeitung im Stuttgart-Album über den Biergarten auf der Karlshöhe – und jetzt schon wieder ein Artikel über den Aussichtsberg? Ja, denn vor 125 Jahren wurde der Reinburghügel in Karlshöhe umbenannt. Und nach mehr als einem Jahrhundert auf dem Buckel hat der Hügel diese Würdigung verdient.

Der Verschönerungsverein hat die Karlshöhe bereits vor 153 Jahren für sich entdeckt. In der sogenannten Silberburg am Fuße des Hügels wurde der Verschönerungsverein gegründet. Die Silberburg, die keine Burg war, sondern nach dem Cafetier Lorenz Silber benannt wurde, der dort ein Ausflugslokal betrieb, gibt es längst nicht mehr. Das 1798 von einem Freiherrn als Lusthaus erbaute Gebäude wurde 1938 abgerissen. Den Verschönerungsverein gibt es hingegen immer noch – und seit seinem Bestehen kümmert er sich um seinen Pflegling, die Karlshöhe.

Seit dem frühen Mittelalter wurde die Kuppe als Steinbruch genutzt, der unter anderem für die Stiftskirche den Schilfsandstein als Baumaterial lieferte. Für auf heute umgerechnet 400 000 Euro kaufte der Verschönerungsverein zwischen 1864 und 1888 insgesamt 1,5 Hektar Teilflächen der Karlshöhe. Die Mitglieder ließen zwei Wege anlegen, damit die Bürger bequem zum höchsten Punkt des Stadtbergs gelangen und die herrliche Aussicht auf den Stadtkern genießen konnten. Aus dem Steinbruch wurde nach und nach ein englischen Landschaftsgarten. „Finanziell unterstützt wurde der Verein von den Familien Siegle und Knosp. Obwohl sie direkte Grundstücksnachbarn waren, hatten sie nichts gegen die öffentliche Nutzung der Anlage“, sagt Erhard Bruckmann, Vorsitzender des Verschönerungsvereins Stuttgart.

Viele Spaziergänger fragen sich heute, was die Bogenbrücke auf der Karlshöhe soll. Der Denkmalschützer und Stellvertretender Vereinsvorsitzender Konrad Oberle kann das Rätsel lösen. „Die Brücke überspannte die Zufahrt des Steinbruchs. Damit war ein ebenerdiger Rundweg um den Trichter geschaffen. Erst später, als Julie Siegle ihr Sommerhaus baute, wurde der Hügel aufgeschüttet und eine Straße für die Baufahrzeuge angelegt.“

Um 1900 wurde die Karlshöhe mit der Humboldtstraße erschlossen und eine Treppe, die heutige Willy-Reichert-Staffel, gebaut. Im gleichen Zeitraum bedrohten die Baupläne der Stadt das neue Ausflugsparadies der Stuttgarter. 1901 gab es Pläne, auf der Karlshöhe eine gewaltige Kirche, ähnlich der Sacre Cœur in Paris, zu errichten. Dann sollte dort ein Deutsches Symphoniehaus aus dem Boden gestampft werden. Der Verschönerungsverein konnte das verhindern. Und schließlich war davon die Rede, den Reichsrundfunksender Stuttgart auf der Kuppe zu stationieren. Die Silberburg war deshalb ja bereits abgerissen worden. Der Zweite Weltkrieg machte dem Plan jedoch einen Strich durch die Rechnung: Die Karlshöhe wurde zur Flakstellung. Beleg dafür sind die wuchtigen Betonpfeiler auf dem Gelände. Nach Kriegsende war vieles kaputt. Die Schutzhütte beim Spielplatz war abgebrannt und auch der Palas-Athene-Brunnen zerstört.

Wieder aufwärts mit der Karlshöhe ging es zu den Bundesgartenschauen 1961 und 1977: Die Stadt erwarb von der Familie Siegle die umliegenden Grundstücke, auch das Sommerwohnhaus von Julie Siegle, das abgebrochen und durch eine Milchbar ersetzt wurde. Heute ist dort der Biergarten. Außerdem wurde ein zusammenhängender Grünzug angelegt, der alte Spielplatz modernisiert, Bänke zum Ausruhen aufgestellt und die Schutzhütte erneuert.

1989, zum 100-jährigen Bestehen, wurde der Pallas-Athene-Brunnen teilweise restauriert. Zum 150. Geburtstag des Verschönerungsvereins spendierte der Verein dem Brunnen für rund 55 000 Euro eine moderne Brunnentechnik. Auf Knopfdruck sprudelt dort jetzt das Wasser aus den Speiern. Außerdem wurden noch einige Skulpturen restauriert und die Felsen, auf denen die Athene steht, originalgetreu aufgeschichtet. Nur das 100 Kilo schwere Bronzeschild bekommt die Göttin nicht mehr in die Hand. „Das wird durch eine Aluminium-Nachbildung ersetzt, weil sich Metalldiebe daran zu schaffen gemacht haben“, sagt Bruckmann.