Talkmaster Frank Plasberg hatte mit Karin Maag eine Stuttgarterin zu Gast. (Archivbild) Foto: dpa/Horst Galuschka

Während sich Bund und Länder im Stillen streiten, wie es jetzt weitergeht, tauschen bei „Hart aber fair“ Vertreter beider Verwaltungsebenen offen Argumente aus. Darunter auch die Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Maag, die sich hinter die Kanzlerin stellt. Aber sie gerät unter Druck.

Stuttgart - Während die Kanzlerin und die Ministerpräsidenten am Montag noch gestritten haben, welche nächsten Schritte sie im Umgang mit der Corona-Pandemie gehen wollen, diskutierte Talkmaster Frank Plasberg in seiner ARD-Sendung mit verschiedenen Gästen bei „Hart aber fair“ über ebendieses Thema. Bis zum Ende der Ausstrahlung war in der Bund-Länder-Konferenz noch keine Entscheidung gefallen. Auch eine Stimme aus Stuttgart war Talkrundes vertreten: Karin Maag, CDU-Bundestagsabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion stärkte Angela Merkel den Rücken.

Gleich bei ihrer ersten Wortmeldung machte sie klar, dass sie hinter der Bundeskanzlerin steht: „Es ist wichtig, dass sich die Kanzlerin heute Abend durchsetzt und wir die Stopp-Taste drücken.“ Maag wünsche sich eine einstimmige Entscheidung, die eine „längere Halbwertszeit als 30 Minuten hat.“ Plasberg schaltete zum ARD-Hauptstadtbüro, wo der Zuschauer lernte, dass die Bund-Länder-Gespräche just unterbrochen worden waren, viel länger schon als geplant. Von Eintracht zu diesem Zeitpunkt keine Spur.

Impfstrategie sei „Mangelverwaltung“

Maags Gegenspieler im Fernsehstudio: Der FDP-Generalsekretär und rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (das Land wird aktuell rot-grün-gelb regiert). Er ist mit dem Kurs der Bundesregierung überhaupt nicht einverstanden. „Ich halte Ausgangssperren für eine echte Zumutung“, sagte er. Auf dem Land – wo er wohne – begegne er keinem Menschen, wenn er das Haus verlasse. Später sagte Wissing, die Frustration über den Bund sei weit verbreitet – nicht nur bei den Bürgern, sondern auch bei den Landesregierungen. Warum man nach Mallorca reisen, nicht aber in die Eiffel fahren dürfe, sei nicht nachvollziehbar. Die Impfstrategie der Bundesregierung nannte er „Mangelverwaltung“ – das laufe in anderen Ländern besser.

Um die beiden Vertreter von Bund und Ländern scharte Frank Plasberg Talkgäste, die die Lage analysieren sollten und die widerstrebenden Interessen tatsächlich gut einordneten. Der Journalist Georg Mascolo, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und der „Süddeutschen Zeitung“, erklärte, was aus seiner Sicht schief gelaufen ist und noch schief läuft.

Urlaubsreisen verbieten, statt nur davon abraten?

Es sei bei der Impfstrategie zwar die Mutation dazwischengekommen, aber man hätte sich früher kümmern müssen, dass genug Impfstoff in Deutschland da ist. Zur Öffnung des Reiseziels Mallorca sagte Mascolo: „Großbritannien hat zum Beispiel Urlaubsreisen verboten.“ – und nicht nur davon abgeraten. Dort werde diskutiert, ob es überhaupt Sommerurlaub geben kann, während es hier noch um Lockerungen um Ostern geht.

Argumentativ stahl die Politikwissenschaftlerin Elvira Rosert der Stuttgarterin Karin Maag etwas die Show. Auf Plasbergs Frage, was für ein Beschluss bei den Beratungen wünschenswert sei, sagte sie: „Was ich mir wünschen würde für heute Abend – das ist Wunschdenken – dass so etwas wie Strategie dabei herauskommt.“

Schluss mit „Jo-Jo-Lockdowns“

Man müsse umdenken, sich von „Jo-Jo-Lockdowns“ verabschieden. „Wie viele davon müssen wir eigentlich noch ertragen?“ Der Staat müsse als übergeordnetes Ziel niedrige Inzidenzen verfolgen, „so haben wir das Schlechteste aus allen Welten.“ Karten, die man jetzt ziehen müsse, seien mehr Corona-Kindergeld und Sonderurlaub für Eltern. Außerdem, aber da waren sich eigentlich alle einig, müsse der Impfprozess beschleunigt werden.

Karin Maag sagte dazu: „Ich kann bei vielem zustimmen.“ Auch wenn die Bundestagsabgeordnete vielleicht nicht ganz so deutliche Positionen vertritt wie die „No Covid“-Mitbegründerin Elvira Rosert und keine so markigen Formulierungen fand: Lockerungen, wie sie sich der FDP-Politiker Volker Wissing wünscht, hält sie für keine gute Idee. Zur Aufhebung der Reisewarnung nach Mallorca sagte sie: „Juristisch ist zwar das korrekt, aber unklug.“ Maag ist sich sicher, dass es dem Staat gelingt, Schnelltests für Mallorca-Rückkehrer zu organisieren.

Impfen in der Kneipe

Auch Sibylle Katzenstein, Ärztin in einer Corona-Schwerpunktpraxis und der einzige Gast ohne politischen oder politikwissenschaftlichen Hintergrund, kritisierte die aktuelle Impfpolitik und verglich sie mit dem Berliner Pannenflughafen BER. Der Satz, der von ihr im Gedächtnis blieb: „Ich hätte gerne eine wissenschaftliche Erklärung, wenn meine Bürgerrechte eingeschränkt werden.“

Gegen Ende der Sendung zeigte Frank Plasberg noch einen Einspieler mit hoffnungsvollen Bildern, wo Menschen in anderen Ländern in Supermärkten oder sogar in einer Kneipe geimpft wurden. Dann wurde der Zuschauer mit Wucht zurück nach Deutschland geholt. Ob Maag sich so was vorstellen könne, fragte Plasberg. Diese verneinte Supermarktimpfungen und verwies auf – Haftungsfragen. „Wie ist es mit Tierärzten?“, bohrte Plasberg weiter. Darauf gab es keine eindeutige Antwort mehr. Die Bund-Länder-Beratungen pausierten zeitgleich noch immer. Der Journalist Mascolo brachte es in seinem Schlusswort auf den Punkt: „Eine Frustentscheidung der Ministerpräsidenten, das will ich mir nicht vorstellen.“